Neven Subotic - Leidtragender der Polyvalenz?
Es war der 9. November 2013, an dem Borussia Dortmund nicht nur ein Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg verlor (1:2), sondern ebenfalls seinen Innenverteidiger Neven Subotic, der in der 45. Minute mit einem Kreuzbandriss vom Feld getragen werden musste. Nach mehrmonatiger Rekonvaleszenz schaffte er es bereits am 2. Spieltag der Saison 2014/2015 gegen Augsburg (3:2) zurück in die Stammformation und erreichte über die ganze Saison gesehen bemerkenswerte 40 Pflichtspieleinsätze. Denengenüber stehen diese Saison wettbewerbsübergreifend gerade mal zwei eher durchwachsene Einsätze in Ingolstadt und Thessaloniki.
Sokratis Papastathopoulos, der im letzten Jahr noch der Leidtragende war und sich häufiger auf der Auswechselbank wiederfand, hat dem Serben in dieser Saison mit seiner kompromisslosen Spielweise den Rang abgelaufen. Die Gründe für die häufige Nichtberücksichtigung im Spieltagskader sind vielfältig. Da wären zunächst einmal die kleinen Verletzungen, die Neven bisher zurückwarfen. Während Subotic in der Saisonvorbereitung mit Rückenproblemen 20 Tage ausfiel und aufgrund dieser noch weitere 32 Tage im September und Oktober zu Pausen gezwungen wurde, konnte Sokratis die bisherige Saison nahezu verletzungsfrei absolvieren. Der Serbe verpasste damit die wichtige "Findungsphase" zu Saisonbeginn und kam nie in einen Rhythmus, der es ihm erlauben würde, sein altes Leistungsniveau zu erreichen.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist selbstverständlich der Wechsel auf der Trainerposition. Mit Jürgen Klopp verließ der Trainer Borussia Dortmund, der Neven Subotic vom FSV Mainz 05 mit nach Dortmund gebracht hatte. Zusätzlich scheint der neue Trainer Thomas Tuchel im Vergleich zu Klopp noch stärker auf die Polyvalenz seiner Spieler wert zu legen und nominiert seine Mannschaft jeden Spieltag vorrangig nach diesem Kriterium. „Man muss nicht jede Position doppelt besetzt haben. Ich brauche keine 20 Spezialisten“, ließ Tuchel zu Beginn der Saison verlautbaren. Langsam dämmert, was der 42-Jährige damit meint.
So ist vor diesem Hintergrund beispielsweise die erste ausgewiesene Verpflichtung Thomas Tuchels zu verstehen. Der Südkoreaner Jo-Hoo Park, der sowohl auf der linken Abwehrseite als auch im defensiven Mittelfeld auflaufen kann, wechselte kurz vor Bundesligastart ins Ruhrgebiet. Aus dieser Vorliebe heraus ergibt sich dann auch die Bevorzugung von Sokratis, der schon sowohl als Innenverteidiger als auch als Außenverteidiger agierte. Ähnlich lässt sich auch der Fall Sven Bender erklären, der bei seinen letzten Einsätzen vermehrt, obwohl er normalerweise im defensiven Mittelfeld beheimatet ist, auf der Innenverteidigerposition zum Einsatz kam. Mit nur einem Kaderplatz kann Bender somit zwei Optionen im Spiel zur Verfügung stellen, Neven Subotic kann diese Polyvalenz nicht vorweisen.
Auch Jürgen Klopp traf zu Beginn seiner Amtszeit in Dortmund unliebsame Entscheidungen und ließ Leistungsträger wie Mladen Petric und Alexander Frei ziehen. Damals gab ihm der Erfolg genauso recht, wie er es nun Thomas Tuchel tut. Schade wäre es dennoch, sollte sich die Situation so sehr zuspitzen, dass sich die Wege von Borussia Dortmund und Neven Subotic in naher Zukunft trennen. Zumal sein Vertrag erst in jüngerer Vergangenheit bis 2018 verlängert wurde. Und so mag man mir die Inkonsequenz verzeihen, wenn es denn doch schwer fällt, Neven Subotic ohne seine vergangenen Taten zu bewerten. Letztlich wäre es nicht nur sportlich, sondern vor allem auch menschlich ein herber Verlust, denn Subotics hervorragender Charakter hätte überall einen Stammplatz verdient. Dies hat er im Zuge seines sozialen Engagements und seinem Einsatz für die Mannschaft schon zu Genüge bewiesen.