Echte Affen
Im Abstiegskampf machen die Profis plötzlich in Mode - Grund zum Aufschrei oder Sturm im Wasserglas? Unsere Kommentatoren Sascha und Arne sind sich uneinig.
#ISSO
Erst Kevin Großkreutz und jetzt Marco Reus. Wenn es in dem Tempo weitergeht, haben spätestens zum Saisonende zwei Drittel der Mannschaft ihr eigenes Modelabel. Freude mag dabei jedoch nicht so recht aufkommen.
Böse Zungen mögen jetzt behaupten, dass die Jungs aufgrund ihrer sportlichen Leistungen auch bald dringend ein zweites Standbein bräuchten. Aber vielleicht wäre es doch besser, sie würden ihr volles Augenmerk auf den BVB verwenden – und darauf, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.
Denn mal ganz ehrlich: Bis auf ein paar Fanboys hat diese Welt kaum auf die nächste Hashtag-Käppi oder das nächste Monkey-Shirt gewartet. Worauf zahlreiche Borussen aber tatsächlich warten, sind gute Spiele. Oder wenigstens solche, bei denen die Mannschaft endlich vorne mal wieder mehr Tore schießt, als sie dem Gegner hinten auflegt.
Die Fans der Borussia haben die desaströs erbärmlichen Vorstellungen der Hinrunde mit beinahe stoischer Gelassenheit ertragen. Unmut gegenüber der Mannschaft brach sich nur vereinzelt Bahn. Ob das bei demonstrativ zur Schau getragenen Nebenaktivitäten der Kicker so bleibt, ist jedoch mehr als fraglich.
Von mir aus können die Jungs mit ihrer Freizeit ja anstellen, was sie wollen. Auf Platz 17 stehend wären sie jedoch gut beraten, auch nach außen hin die volle Fokussierung auf die anstehenden sportlichen Aufgaben zu dokumentieren. Alles andere ist im besten Fall unsensibel, schlechterdings aber auch ziemlich dumm.
ASLXXXI, 27.01.2015
#ISNIX
Kevin Großkreutz und Marco Reus machen jetzt also in Mode. Man könnte darüber diskutieren, ob die Klamotten gut aussehen (was sie nicht unbedingt tun), oder ob die beiden diese Zusatzeinnahme nötig haben (was definitiv nicht der Fall ist), aber – bitte – doch nicht darüber, ob das in der jetzigen sportlichen Situation passend ist.
Das Eine hat mit dem Anderen nämlich schlichtweg gar nichts zu tun. Weder haben sie eine Trainingseinheit ausgelassen, noch die Hausaufgabe „Kapitel 9 in Kloppos kleiner Taktikfibel“ geschwänzt, um sich stattdessen in ihrer Freizeit mit jemandem zusammenzusetzen und Klamotten zu entwerfen. Wo ist da der Skandal? Eigentlich könnte man sogar positiv anmerken, dass dort etwas Kreativität ausgelebt wurde, während andere vielleicht den ganzen Abend an der Playstation daddeln oder shoppen gehen.
Im Ergebnis haben all diese Aktivitäten genau den gleichen Einfluss auf die sportliche Gegenwart – gar keinen. Weder Großkreutz noch Reus spielen schlechter, weil sie einen Stift statt eines Controllers in der Hand halten, und dass sie während der 90 Minuten auf dem Platz in Zukunft lieber in Gedanken neue Schnitte und Druckmotive entwerfen, statt sich auf den Ball zu konzentrieren, wird wohl wirklich niemand ernsthaft unterstellen.
Ist das unsensibel den Fans gegenüber, die um den Klassenerhalt bangen? Warum sollte es das sein? Auch bei Platz 17 haben die Kicker ein Recht auf ein Leben und Aktivitäten, die sich außerhalb der eigenen vier Wände abspielen, wo es niemand mitbekommt. Wenn damit jemand ein Problem hat, dann ist es in erster Linie sein Problem, weil er Dinge miteinander verknüpft, die keinen Zusammenhang haben. Ob Borussia am Ende der Saison absteigt, wird mit Sicherheit nicht davon abhängen, dass Kevin jetzt Basecaps im Tarnlook vertreibt, dass Mats Verlobte am liebsten eine Soja-Latte trinkt, oder dass Gündogans Freundin bald wieder bei GZSZ einsteigt. Das ist vom Empörungsgrad her alles das gleiche Kaliber. Wer auf diesen Lifestylequark von Promis steht, kann sich ja gerne damit beschäftigen, aber am besten ist, man blendet es einfach aus. Hat mit Fußball nämlich alles gleich wenig am Hut.
Sascha, 27.01.2015