Der große Melancholiker
Was ist nur los mit Henrikh Mkhitaryan? Seit Wochen hat der für eine Ablöse von etwa 27 Millionen Euro aus Donezk gekommene Armenier eine Körperspannung, die so geschmeidig daherkommt wie ein nasser Sack Reis. Scheinbar ohne Selbstbewusstsein verrennt sich der offensive Mittelfeldspieler in immer wiederkehrende Muster: Dribblings in mehrere Verteidiger, schlechte Ballverarbeitung, Fehlpässe und immer häufiger auch falsche Entscheidungen in Tornähe.
Henrikh Mkhitaryan, der große Melancholiker des BVB. Während sich die Mannschaft scheinbar anschickt den Tabellenkeller möglichst schnell zu verlassen, bleibt der Mittelfeldspieler weiterhin in seinem Phlegma gefangen. Dabei war sein Start bei Borussia Dortmund alles andere als enttäuschend. Für einen in südliche Gefilde abgewanderten Jungen gekommen, zeigte Mkhitaryan trotz Verletzung während der Saisonvorbereitung 2013/2014 ansprechende Leistungen.
In 46 Spielen erzielte er für den BVB immerhin 13 Tore, bereitete weitere 10 Tore vor und hatte Anteil an der Rückrundenaufholjagd. Aktuell steht da bei 25 Pflichtspielen nur ein kümmerliches Tor zu Buche, welches er beim 4-1 Sieg im DFB-Pokal gegen die Stuttgarter Kickers erzielte – auch schon wieder sechs Monate her.
Wo liegen eigentlich die Gründe? Selten war es so ersichtlich, dass kein Blinder über den Platz läuft, denn Mkhitaryan hat durchaus Anlagen die ihn zu „mehr“ befähigen. Während er in der miserablen Hinrunde sichtlich bemüht war Struktur in eine taumelnde Mannschaft zu bringen und seine Mitspieler seine brauchbaren Zuspiele schlicht nicht verwerteten, so spiegelt die aktuelle Körpersprache eher pure Resignation wider. Wie die gesamte Mannschaft sollte wohl auch die Rückrunde Mkhitaryans deutlich besser werden, ein Muskelbündelriss ließ ihn jedoch Großteile der wichtigen Vorbereitung verpassen.
Folgerichtig fand sich der Armenier fast ausschließlich auf der Bank wieder. Und während man sich wünscht, der Knoten würde endlich platzen, folgen Leistungen wie beim wichtigen 3-2 Auswärtssieg beim Kellerkind VfB Stuttgart. Zur zweiten Halbzeit für den angeschlagenen Kevin Kampl eingewechselt, machte Mkhitaryan das, was ihn in den letzten Monaten auszeichnete: Er initiierte Tempogegenstöße mit hoher Geschwindigkeit, um sie im nächsten Moment mit gewohnter Fahrlässigkeit auch wieder zu vertändeln. Persönlich wünscht man ihm nichts sehnlicher als ein Erfolgserlebnis, das irgendwie den mentalen Bock umzustoßen vermag, allein der Glaube daran schwindet von Spiel zu Spiel.
Und während Mkhitaryan so langsam aber sicher als Sau durchs Dorf getrieben wird - „Kann der nicht schon mal bei Juve mittrainieren?“; „Den sollte man in die U23 abschieben“ - lässt der weiter die Schultern hängen. Oder vielleicht doch nicht?
DerJungeMitDemBall, 22.02.2015