Wir wolln euch spielen sehn! Parallelansetzungen beim BVB
Samstag, 09.08.2014 – Saisoneröffnung beim BVB. Nebenan in der altehrwürdigen Kampfbahn Rote Erde spielt unsere Zweitvertretung gegen Jahn Regensburg. „Borussia Dortmund bedankt sich bei 9.999 Zuschauern… ausverkauft!". Ein Satz, den man noch nicht allzu oft bei Heimspielen der Amas hören durfte. Zugegeben, der Familientag, die günstigeren Eintrittspreise und das grandiose Wetter spielten an diesem Tag dem Zuschaueraufkommen in die Karten, aber es zeigt, dass ein Interesse an unserer U23 besteht und welches Potential vorhanden ist.
Leider wird dieses Potential immer wieder beschnitten. Wenn die Profis parallel spielen, sinkt die Anzahl der Fans, die lieber die Amas sehen wollen, Richtung Null. Eine verständliche Priorisierung, angesichts der sportlichen Wertigkeit. Nichtsdestotrotz sollte man die Menge an Fans nicht unterschätzen, die gerne die Möglichkeit hätten, beide Spiele zu sehen. „Diese Unterstützung für eine Zweitvertretung ist weltweit wohl einmalig", sagte Coach Dave Wagner in der abgelaufenen Saison im Rahmen einer Pressekonferenz – selbstverständlich nach einem nicht parallel angesetzten Spiel gegen die Bobmannschaft aus Unterhaching. Generell wird er nicht müde zu betonen, wie sehr die Mannschaft von der Unterstützung profitiert, wie sehr man sich wünscht, dass mehr Fans den Weg in die Rote Erde finden und wie schön es ist, vor gefüllten Rängen zu spielen.
Die letzte Saison war in dieser Hinsicht ein Schlag ins Gesicht: Fast die Hälfte aller Spiele (18 von 38) von Borussia Dortmund II waren parallel zu den Profis angesetzt. Und das, obwohl die 3. Liga schon vier Spieltage vor der Bundesliga gestartet war und im Winter das eine oder andere Spiel terminlich verschoben werden musste. Dass uns die Möglichkeit in vielen Fällen genommen wird, die Profis und die Amateure zu verfolgen, trifft übrigens ein sehr breites Publikum. Gerade Familien nutzen die Spiele in der Roten Erde immer gerne für einen kleinen Ausflug, in der für einen überschaubaren Preis BVB-Fußball geboten wird. Für uns wirft das mehrere Fragen auf: Ist der BVB überproportional von Parallelansetzungen betroffen? Wer hat Einfluss auf die Ansetzungen und welche Interessen werden verfolgt?
Parallelansetzungen – ein Vergleich
Wie bereits erwähnt, wurden 18 Spiele des BVB in der letzten Saison parallel terminiert. Wir haben die Spielansetzungen einmal mit anderen Zweitvertretungen verglichen, um hier nicht in eine gewisse Subjektivität zu verfallen. Natürlich drängt sich schon bei wenigen Parallelansetzungen der Gedanke auf, dass wir immer nur parallel spielen und „die" nicht. 18 Spiele sind schon eine gewaltige Hausnummer, die per se schon zeigt, wie „hart" der BVB in Sachen Überschneidungen getroffen ist. Blickt man jedoch nach München zum FC Bayern, zeigt sich das noch deutlicher: Die FCB Amateure hatten in der Saison 2014/2015 genau EINE(!) Parallelansetzung. Der geneigte Leser mag jetzt vielleicht einwerfen, dass man hier Äpfel mit Birnen oder besser gesagt, dritte Liga mit Regionalliga vergleicht. Tatsächlich sieht es aber beim VfB Stuttgart und Mainz 05 ähnlich aus wie bei der Borussia: 16 bzw. 17 Parallelansetzungen hatten die beiden Vereine, die ebenfalls mit ihren Zweitvertretungen in Liga 3 spielen. Trotzdem ist der BVB Branchenführer! Die Parallelansetzungen sind scheinbar ein Problem der 3. Liga, deren Kernspieltag ja auch samstags liegt.
So hat sich über die Jahre der Verdacht gefestigt, dass wir mehr Parallelspiele haben als andere. Hier sei erneut der Vergleich mit den Bayern bedient: In der Saison 2011/2012 (unserer letzten Saison in der Regionalliga) hatten wir 17 Parallelansetzungen. Der FC Bayern München hatte im gleichen Zeitraum nur vier, also nur ca. ein Viertel so viele Überschneidungen. Dieser Trend scheint sich auch in der neuen Saison fortzusetzen, in der beide Mannschaften wieder in der Regionalliga starten. Für die erste Terminierungsperiode bis Ende September ergeben sich beim BVB vier Parallelansetzungen, bei den Bayern genau eine, also erneut nur ein Viertel. Ein ähnliches Lied können die Blauen und Gladbach singen. In der letzten Saison wurden 20 Spiele (Blau) und 13 (Gladbach) parallel angesetzt. Ein Wink, wohin die Reise diese Saison für uns geht? Man kann schon konstatieren, dass die Vereine der Regionalliga West stärker unter Spieltagsüberschneidungen leiden als andere Vereine. Aber das ist für den BVB nicht der einzige Beigeschmack der Spielplangestaltung: Ein Spiel am Montag um 14:00 Uhr (!) ist nicht besonders fanfreundlich. Ebenso fragt man sich, warum alle Spiele für Samstag, den 19.09.2015 angesetzt werden, außer das zwischen dem BVB II und dem FC Kray. Das wurde nämlich für sonntags terminiert und somit parallel zum Spiel der Profis gegen Leverkusen. Ein ähnlicher Fall findet sich erneut unter der Woche. Alle spielen am Dienstag, nur wir spielen Mittwoch parallel zu den Profis. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass hier Absicht vorliegt, was direkt zur nächsten Frage führt:
Wer hat Einfluss auf die Ansetzung und welche Interessen werden verfolgt?
Die Spieltagsansetzungen werden in erster Linie von DFL, DFB und den Regionalverbänden festgelegt. Priorität haben dabei natürlich die Profiligen und jedes Jahr wird aufs Neue bei der Präsentation erläutert, welch komplexer Vorgang das ganze ist. Die Regionalverbände reihen sich dann ein wenig später mit ihren Spielplänen in den Rahmenterminplan ein. Hauptaugenmerk wird dabei auf die Kernanstoßzeit gelegt. Bestenfalls verursacht der Spielplan eine gewisse Dramaturgie mit Endspielen an den letzten Spieltagen. Und ja, man versucht auch Faninteressen zu vertreten. Auswärtsfans sollen bei Spielen unter der Woche nicht ganz so lange Anfahrtswege haben. Darüber hinaus müssen noch weitere terminliche Begebenheiten der Vereine/Spielstätten beachtet werden. Der BVB II muss also am ersten Spieltag ein Auswärtsspiel haben, weil in der Roten Erde der Ruhr-Cup International stattfindet.
Ein gewichtiges Wort spricht auch die Polizei in Form der ZIS mit. Die Experten für Sportstraftäter legen ihr Augenmerk vor allem darauf, dass keine BVB-Fans den Weg der Schalenlosen kreuzen und keine zwei Großeinsätze in zu geringem Umkreis stattfinden. Gerade bei den Fanmassen in der Regionalliga ein schwerwiegendes Kriterium. Aber in den Augen der Polizei ist sowieso jeder Fan, der nicht auswärts fährt, ein guter Fan. Und mit so unnötigen Aktionen wie in der Roten Erde letzte Saison gegen Hansa Rostock liefern einige wenige auch das nötige Wasser auf die Mühlen der Polizei. Risikospiele wie BVB II gegen Blau werden daher freitags auf 14:00 Uhr gelegt, was ausdrücklich im Sinne der Vereine ist.
Die Vereine haben durchaus ein Mitspracherecht. Dies bestätigte ein Vereinsvertreter vom VfB Stuttgart uns gegenüber in einem Gespräch über Parallelansetzungen. Er teilte mit, dass z.B. VfB Stuttgart II gegen die Stuttgarter Kickers immer als parallel gewünscht ist. Des Weiteren konnte man aber auch heraushören, dass die Masse an Spieltagsüberschneidungen (gerade in der Regionalliga) und „komischen Ansetzungen" ungewöhnlich ist. Man könnte meinen, dass es Borussia Dortmund schlicht nicht interessiert, wann die zweite Mannschaft spielen muss. Obwohl Dave Wagner immer wieder betont, wie wichtig die Fans für die Mannschaft sind, setzt sich der Verein scheinbar nicht dafür ein, dass alle Möglichkeiten zur Vermeidung von Parallelansetzungen ausgeschöpft werden. Eine ähnliche konträre Kommunikation zeigte sich schon beim Halbfinale der U17-Meisterschaft, als der BVB auf Twitter behauptete, es wäre der ausdrückliche Wunsch von Trainer Hannes Wolf gewesen, auf dem Trainingsgelände in Brackel zu spielen. Hannes Wolf konnte sich allerdings nicht daran erinnern, einen Wunsch geäußert zu haben.
Es ist klar, dass sich nicht alle Überschneidungen vermeiden lassen. Dass es sich aber deutlich reduzieren lässt, sollte auch klar sein. Bei den Bayern klappt es ja auch und wir haben sogar noch den Vorteil, dass uns dank der Europa League einige Sonntagsspiele bei den Profis erwarten. Also, lieber BVB, nutzt euren Einfluss, damit wir Gelegenheit haben, unsere Amas gebührend zu unterstützen! Und auch auf Seiten der ZIS sollte man sich fragen, ob so viele Überschneidungen wirklich aus Sicherheitsaspekten notwendig sind.
Seb, 31.07.2015