Spieler kommen und gehen - Borussia Dortmund bleibt bestehen
Der mögliche Wechsel von Ilkay Gündogan hat das Potential, das absolute Nervthema der Sommerpause zu werden. Das Schlimme daran ist, es ist bereits das zweite Mal und es nervt mich gewaltig - ein Kommentar.
Ilkay Gündogan kam als vielversprechendes Talent aus Nürnberg und hat trotz seiner Gelsenkirchener Vergangenheit recht schnell alle Skepsis beseitigen können und bewiesen, welch außerordentliches Talent er ist. Auf dem unerwarteten Weg bis in das Champions League Finale in London war er ein wichtiger Bestandteil der Borussenmannschaft. Doch danach ging aus meiner Fansicht das Elend los.
Ilkay Gündogan – angekommen auf dem vorläufigen Zenit seines Schaffens - sah sich schon auf dem Rasen des Nou Camps in Barcelona auflaufen und so begann eine nicht enden wollende Posse um seine Vertragsverlängerung. Der BVB hätte den Edeltechniker gerne länger an sich gebunden, doch Gündogan bzw. sein Umfeld hielten sich lieber alle Türen offen. Das ganze Schauspiel endete dann mit der Rückenverletzung, die zu einer Ärzte-Odyssee führte, die ihr vorläufiges Ende erst auf der Krim gefunden hat. In dieser Phase nutzte der BVB seine Möglichkeit, den Vertrag mit Gündogan um ein Jahr zu verlängern. Dabei machte man sich sicherlich den Umstand zu Nutze, dass die Zahl der möglichen Optionen des Spielers deutlich gesunken war. Schon damals ertrugen viele Fans diese, vom Verein „freudig“ verbreitete, Nachricht nur mit der geballten Faust in der Tasche. Nun droht sich ein ähnliches Schauspiel zu wiederholen.
Dabei ist die aufkommende Frustration gar nicht Gündogans alleinige Schuld. Es ist nur ein Spielchen, das sich in letzter Zeit etwas zu häufig wiederholt hat. Ein herausragendes Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist sicherlich in Dortmund ein Christoph Metzelder, der den Verein vielleicht, die Fans aber ganz sicher im Unklaren ließ, obwohl er schon längst Spanischunterricht nahm. Solche Beispiele lassen sich wohl unendlich viele bei unterschiedlichsten Vereinen aufzählen. Für mich persönlich negativer Höhepunkt war das letzte Jahr von Lewandowski, der seine Berater los ließ, die die Geschäftsführung des BVB auf das übelste diskreditierten – alles um seinen Wechsel zum FC Bayern zu forcieren. Schließlich pochte der BVB aber auf die Vertragserfüllung, allerdings wurde diese Lewandowski mit einer Gehaltserhöhung von mehreren Millionen versüßt. Dieser Vorgang zeigte quasi im Brennglas, wie die Machtverhältnisse zwischen Vereinen und begehrten Spielern liegen.
Zuletzt kamen die Vorgänge rund um Marco Reus, die eine gelungene Abrundung des ganzen Irrsinns sind. Als klar wurde, dass er jahrelang ohne gültigen Führerschein PS-starke Boliden steuerte, verbot sich von BVB Seite aus jede Kritik. Denn Reus könnte ja eventuell eine Vertragsverlängerung ablehnen, wenn man ihm auf die Finger klopft. Diese Signalwirkung ist mehr oder weniger fatal. Junge Männer, die einigermaßen eine Lederkugel schubsen können, besitzen eine Narrenfreiheit, die ansonsten kaum jemand in unserer Gesellschaft für sich beanspruchen kann.
Dabei geht es mir gar nicht darum, dass Spieler den BVB verlassen. Nichts liegt mir ferner, als nicht an zu erkennen, dass ein Angebot vom FC Bayern, Manchester United, Barcelona & Co. Fußballerisch eine unglaubliche Chance und Auszeichnung ist. Am Ende sind es alles Zeitangestellte von der Borussia Dortmund GmbH & Co KGaA und nachvollziehbarerweise ihren Interessen und auch Träumen verpflichtet. Nur behandelt mich nicht, als wüsste ich es nicht. Wenn ein Spieler wechseln will, dann soll er das offen formulieren und wenn die Umstände passen, dann soll es so sein. Solange man aber noch unsere Farben trägt, hat man dafür auch alles zu geben und zwar zu den Vertragsbedingungen, die man unterschrieben hat.
Niemand im aktuellen, vergangenen oder zukünftigen Kader wurde in irgendeiner Weise genötigt seinen Vertrag zu unterschreiben und da erwarte ich verdammt noch einmal, dass man seine Entscheidungen mit Würde trägt – auch wenn es einem mal nicht so passt. Von uns Fans wird auch bis zum letzten Grottenkick erwartet, dass wir die 11 Ich-AGs positiv unterstützen. Kritik schadet schließlich dem Verein! Wenn man allerdings deutlich gezeigt hat, dass einem vom Verein vor allem die sportlichen Perspektiven und der Gehaltscheck interessieren, muss man auch damit leben können, dass man nicht mit Seidenhandschuhen angefasst wird. Doch in diesem Fall fallen dann die Spieler und ihr Umfeld immer wieder überrascht aus ihrem Wolkenkuckucksheim.
Für mich das positive Paradebeispiel ist Dede. In seinen langen Jahren beim BVB gab es das Angebot aus Rom und der Brasilianer wollte die Chance gerne ergreifen und sagte dies auch offen. Doch der BVB stellt sich quer und Dede akzeptierte das. Wenn man die Szenen rund um seinen Abschied betrachtet, hat es beiden Seiten nicht geschadet, dass man offen miteinander umging. Dede hatte wohl auch erkannt, dass er trotz der entgangenen Chance zu einem unglaublich begünstigten Personenkreis gehört.
In all dem Theater rund um die Spieler und ihrer gleichzeitigen Abschirmung bleibt mir dann auch nur, sie an solchen Taten zu messen. Borussia Dortmund ist viel größer als jeder Einzelne von uns und auch jeder Spieler. Somit spielen bei dem Thema um Gündogan auch viele negative Emotionen mit rein, für die er nur bedingt etwas kann. Aber Emotionen sind dann auch wieder Teil des Geschäftsmodells, das außerordentliche Gehälter garantiert.
Zum Thema Gündogan interessiert mich dann auch eher sekundär, ob Ilkay nicht abgehoben ist, eigentlich ein feiner Kerl ist und schlussendlich kann ich auch damit leben, wenn man keine 20 Millionen Euro erlöst. Generell lebt der ganze Marktwert von Ilkay Gündogan von einem Versprechen auf eine Zukunft, die mit der Krankenhistorie alles andere als zwangsläufig ist. Vermutlich wird es nun so kommen, dass er ein weiteres Jahr bleiben wird. Ich kann damit leben aber feiern werde ich ihn dafür sicherlich nicht. Ich habe einfach keine Lust der Notnagel zu sein. Am liebsten möchte ich einfach sagen und ich meine es im positiven wie im negativen Sinne so: „Geh! Geh mit Gott - aber geh!“
PS: Umgekehrt erwarte ich vom BVB, dass man die Sache rund um Roman Weidenfeller mit Respekt und Würde zu Ende bringt. Da ist der Verein und sind wir Fans genauso in der Pflicht.
mrg, 21.06.2015