Die beste Zeit mit Borussia?
Es ist ungefähr 21.30 Uhr, der Autor dieser Zeilen ist mit seinem Wagen auf dem Weg vom Bahnhof zu seiner Wohnung, als auf einmal im Radio ein Lied läuft, in dem der Sänger von einer „ besten Zeit“ singt.
Ich kann mir nicht erklären, warum das so ist, aber es sind noch nicht einmal 30 Sekunden von dem Lied gespielt, als plötzlich die Erinnerungen an das Spiel, das letzte Heimspiel der abgelaufenen Saison, zurückkommen. Dabei spielt das Spiel eigentlich nur eine untergeordnete Rolle, eigentlich war mir nach dem frühen 2:0 vollkommen klar, dass wir hier nicht als Verlierer vom Platz gehen werden. Nein, es waren die besonderen Momente, die wieder durch den Kopf gehen. Die Verabschiedung von Sebastian Kehl, die Choreo für unseren Trainer und vor allem die Zeit nach dem Schlußpfiff, als das gesamte Stadion der Dinge harrte, die Nobby vor dem Spiel schon angekündigt hatte: Die Verabschiedung unseres Trainers. Und es war wirklich erstaunlich. Wenn man kurz vor oder nach Abpfiff den Blick auf die Tribünen schweifen lies, oder kurz mal hinter die Tribünen auf die Umläufe blickte: Eigentlich sollten da um 17.20 Uhr Massen an Leuten unterwegs sein, aber dort war niemand. Alle harrten aus. Sie harrten aus, um Sebastian Kehls Ehrenrunden mit seinen beiden Kindern, Klopps Ansprache, seine Ehrenrunde, das Spalier, das die Mannschaft bildete für Ihren Trainer, mitzuerleben. All diese Bilder laufen vor meinem geistigen Auge ab.
Gleichzeitig muss ich an den Text des Liedes im Radio denken und ich erinnere mich daran, wie der Trainer fast als erste Amtshandlung dafür sorgte, dass diese nervige Riesenfahne von Evonik, die damals jedesmal bei „You'll never walk alone“ herunterkaum, verschwand. Oder an ein Spiel gegen Hamburg, als die Süd lange nach dem Spiel noch voll besetzt war und nicht gehen wollte, bevor nicht Jürgen Klopp dem Publikum seine Aufwartung gemacht hatte. Und davon gab es sicherlich noch viel mehr.
Gleichzeitig muss ich daran denken, das wir sieben derart tolle Jahre erlebt haben, als das ich mich frage: war das jetzt Deine beste Zeit mit Borussia? Sicher, ich kann mich an die Spielzeiten 95 – 97 erinnern, als Borussia anstatt des Doubles lieber die Champions League gewann. Aber damals war es anders. Hitzfeld war weder damals bei Borussia, als auch später bei den Bayern so etwas wie ein Volksheld. Anders als Jürgen Klopp, der seit seinem ersten Tag beim BVB wie die Faust auf Auge passte. War das die beste, schönste Zeit mit dem BVB?
Als diese Gedanken kreisen im Kopf herum und plötzlich sehe ich wieder das Klopp Team (allein gibt es ihn ja nicht, es gehören ja immer seine zwei Co.s dazu) wie es das Westfalenstadion verlässt und Klopp das Spalier durchquerst und mir wird das erste mal so richtig bewusst, was am diesem Samstag in Dortmund passiert ist.
Ich beschließe, rechts ran zu fahren.
kha, 25.05.2015