Herr Ober, zahlen bitte!
Stellt Euch vor, Ihr habt ein Lieblingsrestaurant. Ihr geht regelmäßig dorthin, weil Ihr Euch dort wohl fühlt. Die Einrichtung ist gemütlich, das Personal fürsorglich und das Essen einfach lecker. Vielleicht ist das Lokal teurer als die Pommesbude um die Ecke, aber Ihr seid bereit, für Qualität auch mehr zu bezahlen. Und dann wird das Restaurant schlechter. Am Anfang ist nur das Fleisch nicht auf den Punkt gebraten und nicht so gut gewürzt wie gewohnt. Der Kellner weist euch auch nur noch den Tisch in Toilettennähe zu. Egal, einen schlechten Tag kann jeder Koch und jeder Servicemitarbeiter mal haben. Aber von Besuch zu Besuch sinkt die Qualität. Die Kartoffeln total versalzen, das Fleisch kalt, die Salatblätter welk und die Bedienung lässt ewig auf sich warten, bis sie mal die Bestellung aufnimmt. Tapfer geht Ihr weiter hin, ist ja schließlich Euer Stammrestaurant. Tatsächlich wird es dann auch wieder besser. Die Gerichte sind nicht mehr ganz so toll wie zuvor, die Bedienung liest euch nicht jeden Wunsch von den Lippen ab – aber es ist in Ordnung. Ihr werft einen Blick in die Speisekarte. Und was entdeckt Ihr? Die Preise wurden erhöht.
Dreist, oder? Völlig unabhängig davon, ob es eine saftige, eine moderate oder nur eine minimale Preiserhöhung ist, die Enttäuschung wäre da. Weil man sich für seine Treue eine gewisse Wertschätzung erhofft hat. Genau so wird so mancher Fan gedacht haben, als er die Tage den Brief von Borussia Dortmund zur Verlängerung der Dauerkarten erhalten hat. Für die Stehplatzdauerkarte wird ein Aufschlag von 3 € erhoben, die Sitzplätze werden 7 bis 11 € teurer als bisher. Nicht die Welt, natürlich. Wir haben schon häufig über die Preisentwicklung berichtet und die diesjährige Erhöhung fällt wirklich verhältnismäßig niedrig aus. Sie beinhaltet auch keine weiteren Änderungen der Modalitäten zu Ungunsten der Dauerkarteninhaber. Der BVB hat nicht einmal versucht, die Erhöhung wie in der Vorsaison im allgemeinen Trubel eines Pokalfinals untergehen zu lassen. Ja, die Dauerkarte wird sogar portofrei zugeschickt. Aber es gibt die Erhöhung und das an sich ist enttäuschend.
Wir Fans haben im Laufe der Saison mehr als ein Mal gezeigt, dass wir die Leistungen der letzten Jahre nicht vergessen haben und eine Geduld bewiesen, die ligaweit wohl einmalig gewesen ist. Gestartet mit dem Anspruch, mindestens wieder den zweiten Platz zu erobern. Und wenn die Bayern ihre übliche Post-WM-Schwäche zeigen würden, wollten wir da sein. Es kam alles anders. Hundserbärmliche Auftritte wie zuhause gegen den HSV oder auswärts in Bremen. Statt an der Spitze der Tabelle waren wir nach dem 18. Spieltag Letzter. Und bis auf die Spiele gegen Frankfurt und Augsburg, nach denen die Enttäuschung einfach mal raus musste, spendete die Tribüne aufmunternden Beifall und Unterstützung. Nie wurde der Kopf des Trainers gefordert, nie das berüchtigte „Wir ham' die Schnauze voll“ skandiert. Wie eklig sportlicher Misserfolg werden kann, hat man zuletzt bei unseren ungeliebten Nachbarn gesehen – die in der Abschlusstabelle vor uns stehen.
Der Verein hatte mit der Gestaltung der Dauerkarte den Ball auf dem Elfmeterpunkt liegen. Ein kleines Dankeschön, ein kleines Zeichen der Anerkennung. Das Ergebnis war aber eher so Xabi Alonso. Offenbar konnte man der Verlockung von ein paar hunderttausend Euro nicht widerstehen und hat darauf verzichtet, nur ein einziges Mal die schon traditionelle Preiserhöhung auszusetzen. Das ist schade und enttäuschend. Und es macht nicht gerade Mut für Diskussionen, die eigentlich mal geführt werden sollten. Warum zum Beispiel muss der BVB, der sich vor einigen Jahren noch rühmte, bei den Eintrittspreisen im Mittelfeld der Liga liegen, mittlerweile aber in der Spitzengruppe angekommen ist, alljährlich die Preise anziehen? In Köln und Gladbach steigen die Preise nicht. Da muss irgendwas in diesem Rheinland sein, um das die berühmte Inflation einen großen Bogen macht.
Aber vielleicht setzt man sich an der Strobelallee auch einfach mal mit dem Leiter der Poststelle an einen Tisch. Dort schafft man es nämlich trotz nachvollziehbar gestiegener Portokosten schon seit Jahren, die Versandpauschale konstant bei 6,00 € zu halten, während Ticketing und Catering in der Zwischenzeit mehrmals die Preise angehoben haben. Gut, vielleicht sind die Kosten der Bearbeitung auch nur bereits in der Kalkulation der Eintrittspreise verarbeitet, die Pauschale ist einfach nur willkürlich und unverschämt hoch angesetzt und so lange die Post die Kosten für ein Einschreiben nicht einmal in die Nähe von 6,00 € anhebt, ist alles gut? Aber schon eine nicht ganz uninteressante Frage.
Fast noch interessanter sogar die Frage nach der zehnprozentigen Vorverkaufsgebühr. Die Vertriebswege haben sich im Laufe der Jahre gewandelt, die Gebühr ist geblieben. Der Anteil der Karten, die noch auf althergebrachtem Wege an einer der Vorverkaufsstellen (für die man natürlich eine Regelung finden muss) erstanden werden, dürfte mittlerweile doch immer weiter zurück gehen. Regelmäßige Zusammenbrüche der Telefonhotline und eifrige Nutzung des Onlineshops sprechen da eine eindeutige Sprache. Wofür wird bei diesem Ablauf für Tageskarten eigentlich genau eine weitere Gebühr erhoben? Wohlgemerkt zusätzlich zu den Telefonkosten der Hotline und der erwähnten Versandpauschale. Dafür, dass man dem BVB etwas abgekauft hat? Ein System, das so wohl nur im Fußball funktioniert.
Alles spannende Punkte für eine Diskussion, die man aber eigentlich gar nicht führen braucht, angesichts der erneuten Preiserhöhung trotz einer sportlich mageren Bundesligasaison. Das spricht schon eine deutliche Sprache. Am Ende ist sich Borussia eben doch gewiss, dass wir alle zusammen laut im Chor rufen: „Herr Ober, die Rechnung bitte.“