Plädoyer für die Doppel-6
Dass die Borussen-Elf noch nicht wieder gefestigt genug ist, mit wechselnden Spielsystemen klarzukommen, war in Turin einigermaßen deutlich sichtbar. Für die nächsten Wochen kann das eigentlich nur heißen, das gewohnte 4-2-3-1 auf Teufel komm raus durchzuziehen.
Eine kühne These, aber vielleicht ja nicht ganz verkehrt: Beide Gegentore durch Juventus wurden zwar durch massive Abwehrfehler begünstigt, wären mit zwei defensiven Akteuren im Mittelfeld aber höchstwahrscheinlich nicht gefallen.
Beispiel 0:1
Kein Ruhmesblatt für die Viererkette, noch weniger für Roman Weidenfeller. Bevor es aber in Richtung BVB-Strafraum geht, macht der Ball gleich dreimal Station im Mittelfeld, ohne dass die beteiligten Borussen dort Zugriff bekämen. Das Mittelfeld ist so schnell überspielt, eine zweite defensive Absicherung neben Nuri Sahin wäre möglicherweise imstande gewesen, den Angriff der Turiner hier frühzeitig enden zu lassen.
Beispiel 1:2
Auch hier ist die Fehlerkette im Defensivverbund lang: Ginter rückt aus der Kette raus, Sokratis bleibt weitgehend passiv, Schmelzer rückt nicht weit genug rein und Hummels deckt niemanden so richtig. Doch auch hier hätte die Situation schon viel früher bereinigt werden können. Ein einfacher Vertikalpass reichte aus, um das komplette Mittelfeld zu überbrücken und gefährlich vor den Borussen-Strafraum zu kommen. Auch hier hätte eine Doppel-6 den Ball wahrscheinlich abfangen können. So aber hatte Nuri Sahin die undankbare Aufgabe, die komplette Breite des Platzes abzudecken, was zumindest in dieser Szene zu viel verlangt war.
Klarer Fall: Jedes Spielsystem und jede Art der Systemauslegung bringt letztlich spezifische Vor- und Nachteile mit sich. Letztlich stehen immer elf Spieler auf einem knappen Hektar Spielfläche verteilt. Im Juventus-Stadion ist es der Borussia aber genau nicht gelungen, die Vorteile des 4-1-4-1 tatsächlich auszuspielen. Offensivkraft war im Borussen-Spiel trotz geballter Manpower eher Mangelware. Im Gegenzug traten die Schwächen der geringeren Absicherung hinten jedoch umso deutlicher zu Tage. Und dort, in der Defensive, krankt es bei der Borussia noch immer am deutlichsten. Wer das zwischenzeitlich vergessen hatte, wurde bereits in Stuttgart und noch deutlicher in Turin schmerzlich erinnert.
„Safety first" sollte darum in den kommenden Wochen das Motto sein: Hinten muss die Borussia Sicherheit hineinbringen, und dazu benötigt die Viererkette – umso mehr nach dem nun zu erwartenden Ausfall von Lukasz Piszczek – auch und insbesondere Unterstützung aus dem Mittelfeld. Zwei, vielleicht sogar drei, zumindest teilweise defensiv denkend und agierende Spieler vor der Abwehr sind das Gebot der Stunde. Das Personal dafür ist vorhanden: Nuri Sahin und Ilkay Gündogan sind in ganz guter Verfassung, Sebastian Kehl steht nach der Verletzung wieder im Kader und Oliver Kirch hat in Turin ebenfalls einmal mehr eine ganz gute Figur gemacht.
Das gilt es zu nutzen. Dann klappt es hoffentlich auch im Derby.
Ferdinand, 25.02.2015