15 Jahre schwatzgelb.de - Der neue Name
Jetzt ist es mehr als nur amtlich, unser Stadion trägt praktisch schon jetzt nicht mehr den Namen, mit dem ich ganz persönlich groß geworden bin. Mir tat es regelrecht weh, in der Pressekonferenz zu sitzen, wie Peitschenhiebe knallten die Worte "Signal-Iduna-Park" in mein Ohr. Ich kann mich nicht damit anfreunden, nun in ein Stadion zu gehen, welches den Namen eines Werbepartners trägt. Ich habe auch einfach Angst vor der Zukunft. Was passiert als nächstes? Was sind wir bereit, weiter zu ertragen, im Sinne einer finanziellen Gesundung des BVB?
Das ist die eine, die emotionale Seite dieser Geschichte. Zähneknirschend muss ich mir eingestehen, dass die Schmerzgrenze mit diesem Namensverkauf ein ganzes Stück näher gekommen ist, eigentlich sogar schon überschritten wurde. Nur durch die Zugeständnisse der Signal, auf ihre Firmenfarben blau-weiß weitestgehend zu verzichten, liegt die Grenze wieder vor mir. Allerdings in greifbarer Nähe. Viele und auch ich hätten es nicht ertragen, in einem Stadion zu sitzen, welches mit blau und weiß geradezu vollgepackt worden wäre. Meine Dauerkarte hätte den Besitzer gewechselt. Aber auch so muss man sich fragen, ob das alles noch weitergehen kann. Wenn der neue Trikotsponsor kommt und Auswärtstrikots in sagen wir mal grün-weiß verlangt, weil es seine Farben sind, machen wir das dann auch noch mit? Müssen wir auch das erdulden, damit es noch Bundesligafußball in Dortmund gibt? Borussia Dortmund wäre das dann jedenfalls immer weniger.
Im Oktober 2005: Wer seine Wut und seine Enttäuschung nun in Richtung Watzke oder Signal-Iduna richtet, ist beim falschen Adressaten gelandet. Schuld sind vornehmlich andere Personen, die immer noch kostenlose Stammgäste beim BVB sind.
Die Signal-Iduna ist ein Wirtschaftsunternehmen und ist nicht gezwungen, beim BVB zu werben, in Hamburg wird nächstes Jahr die AOL-Arena wieder werbefrei und dort hätte man viel leichter den neuen Namen durchgeboxt und noch dazu alles in blau-weiß halten können. Dankbar muss man der Signal-Iduna dann sicherlich auch nicht unbedingt sein, denn Uneigennützigkeit wird bei Versicherungsunternehmen, wie bei allen anderen Unternehmen auch, im Allgemeinen nicht sehr groß geschrieben.
Ein großes Lob geht hier übrigens auch an Carsten Cramer und sein Team von SportsFive, dem Vermarkter des BVB. Zuletzt häufig in den Negativschlagzeilen, weil man bösartigerweise an Marketingerlösen des BVB mitkassiere, hat sich die Kompetenz in Sachen Fußball, aber auch Fans, durchgesetzt. Man kann davon ausgehen, dass ein fremdes Marketingunternehmen, welches in der Regel keine Ahnung von Fußball und seinen Fans hat, locker und lässig blau-weiße Farben durchgesetzt hätte.
Watzke täte übrigens gut daran, die Aufregung um blau-weiß nicht als Hysterie abzutun, das sind einfach Sorgen vieler Fans des BVB. Wer will schon von blau-weißen Mitmenschen ausgelacht werden, weil das eigene Stadion inzwischen blau-weiß erstrahlt? Umgekehrt wäre etwas mehr Fingerspitzengefühl der Marketingleute der Signal-Iduna ebenfalls nicht verkehrt gewesen. In Ihrer Präsentation tauchten zweimal Bilder der Gelben Wand vom letzten Spieltag gegen Hansa Rostock auf. Für mich als einer derjenigen, die daran mitwirken durften, wirkte genau das etwas befremdlich und verschaffte mir einen kleinen Kloß im Hals.
Mein Fazit ist, dass wir als inzwischen verarmte Braut uns keinen Bräutigam mehr aussuchen können. Die Frage wird sein, ob wir wenigstens unseren Stolz behalten und auf manchen Heiratsanwärter verzichten werden.
Geschrieben von Jens, 29.10.2005