Hochverdiente Niederlage in Gladbach – Was ist bloß mit euch passiert?
Das war nix am Niederrhein. Überhaupt nix. Ein überforderter BVB hat sich bei Borussia Mönchengladbach eine derbe 1:3-Klatsche gefangen. Damit dürften sich auch die letzten Ambitionen, die Qualifikation für die Europa League noch über die Bundesliga zu packen, zerschlagen haben. Mehr noch: Die Mannschaft muss ernsthaft aufpassen, nicht wieder in den Abstiegskampf zu rutschen.
Dabei waren die Vorzeichen gar nicht schlecht. Zwar fehlten die verletzten Bender, Reus und Durm, doch während unsere Jungs es unter der Woche mit einer respektablen Willensleistung ins Halbfinale des DFB-Pokals geschafft hatten, waren die Fohlen beim Drittligisten aus Bielefeld rausgeflogen. Und so hoffte ich vor Spielbeginn, dass folgende erlebte Szene die skurrilste des Tages bleiben würde: Zwei Gladbach-Fans, offenbar ein Vater mit Sohn im Grundschulalter, versuchten sich mit Karten für den Gästebereich Zutritt ins Stadion zu verschaffen, welcher ihnen von den Ordnern mit Verweis auf ihre nicht zu übersehenen Gladbacher Fanutensilien verwehrt wurde. So weit nicht überraschend. Statt sich nun aber auf die Suche zu machen nach tauschwilligen BVB-Fans, die Karten für einen der neutralen Blöcke besaßen, zog der Papa seinem Sohnemann kurzerhand die schwarz-grüne Trainingsjacke auf links, sodass man das VfL-Logo nicht mehr sah, und hängte ihm einen BVB-Schal um den Hals. Den hatte er offenbar in weiser Voraussicht am mobilen Fanshop ein paar Meter weiter erstanden. Ungeachtet des verstörten Blickes seines Sprösslings zog er schließlich noch die eigene Jacke zu, um das grün-graue Gladbach-Trikot zu verdecken. Ordnung muss sein.
Lange dürfte ihre Tarnung aber nicht gehalten haben. Genauer gesagt nicht länger als 29 Sekunden. Dann war unsere Verteidigung das erste Mal ausgehebelt und der Ball zappelte hinter dem machtlosen Roman Weidenfeller im Netz: Hummels rutschte weg, Herrmann hatte freie Bahn und legte in die Mitte, Johnsons Schuss konnte Roman noch parieren, aber gegen den Nachschuss vom frei stehenden Wendt war er ohne Chance. Mal wieder gepennt, mal wieder ein frühes Gegentor. Und jeder weiß, dass es in dieser Saison nun wirklich nicht zu unseren Stärken gehört, einem Rückstand hinterher zu laufen.
Der erhoffte Schwung nach dem Sieg unter der Woche gegen Hoffenheim war dahin, denn auch sämtliche Offensivbemühungen der Schwatzgelben liefen ins Leere. Mehr als ein harmloser Kopfball von Hummels und ein Schüsschen von Mkhitaryan sprangen in der gesamten ersten Hälfte nicht heraus. Wirklich erschreckend, wie wenig unsere Jungs mit dem Ball am Fuß anzufangen wussten. Sobald sie am gegnerischen Sechzehner einer halbwegs gestaffelten Defensivreihe gegenüberstanden, fehlten jegliche Ideen. Als seien für solche Situationen keinerlei Laufwege einstudiert. Kombinationen in den Strafraum? Fehlanzeige. Gefährliche Angriffe über die Flügel wie noch vier Tage zuvor? Nö. Das war streckenweise bloßer Alibifußball.
Anders machten es die Fohlen, die unsere Hintermannschaft mit dem Tor zum 0:2 in der 32. Minute regelrecht düpierten: Balleroberung im Mittelfeld, der bärenstarke Herrmann ließ mit seinem Sprint vier(!) Borussen hinter sich beziehungsweise ins Leere grätschen, legte ab und Raffael musste nur noch einschieben. Für solche Konter, liebe Jungs in Schwatzgelb, ward ihr einmal in der ganzen Liga gefürchtet.
Immerhin blieb Jürgen Klopp in der Pause nicht untätig und stellte auf eine Dreierkette (Hummels, Subotic, Sokratis) um. Schmelzer rückte weiter nach vorne. Diese Maßnahme versprach zumindest kurzfristig Erfolg, so konnte Kagawa sieben Minuten nach der Pause eine gute Hereingabe Schmelles nicht aufs Tor bringen. Und auch Gladbach blieb weiterhin gefährlich. Glück für uns, dass Herrmann (49.) und Wendt (62.) aus aussichtsreichen Positionen Chancen vergaben. Diese Strähne währte allerdings nur bis zur 67. Minute, als Nordtveit mit dem 3:0 nach einer Ecke endgültig für die Entscheidung sorgte. Ob nun Ramos oder Pokalheld Kehl dem Torschützen zugeordnet waren, vermag ich nicht zu sagen. Beide sahen in dieser Szene aber alles andere als gut aus. Und so war Gündogans Treffer zum 1:3 rund zehn Zeigerumdrehungen später bloße Ergebniskosmetik.
Damit endete für alle mitgereisten Borussen ein weiterer mieser Bundesliga-Tag in, wie passend, einem der miesesten Stadien der Republik. Keiner unserer Spieler bringt derzeit konstant und annähernd eine Normalform auf den Platz. Ich muss für meinen Teil gestehen, dass ich nach den Spielen gegen Turin und Hannover nicht nur mit dieser Saison, sondern auch mit großen Teilen unserer Mannschaft abgeschlossen habe. Nicht der mittelmäßige Fußball macht wütend, sondern die Tatsache, dass die Jungs regelmäßig und ohne erkennbaren, geschweige denn akzeptablen Grund unter ihren Möglichkeiten spielen. Es muss nicht immer Derby-Vollgasfußball sein, aber ein Mindestmaß an spielerischer Vielfalt und Konzentration muss man angesichts unseres Etats erwarten. Wenn man diese Tugenden aber weiterhin nur in wichtigen Pokal- und ausgewählten Bundesligaspielen zeigt, muss man mächtig aufpassen, mit einer Niederlage gegen Paderborn am kommenden Wochenende nicht doch noch wieder in den Abstiegskampf zu geraten.
Bor. Mönchengladbach: Sommer - Jantschke, Brouwers, Dominguez, Wendt - Nordtveit, Xhaka - Herrmann, Johnson - Raffael – Kruse
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Sokratis, Subotic, Hummels, Schmelzer – Gündogan, Kehl – Blaszczykowski, Kagawa, Mkhitaryan – Aubameyang
Einwechselungen: 77. Hazard für Johnson, 89. Hahn für Raffael, 90.+3 Dahoud für Herrmann - 63. Ramos für Kagawa, 70. Dudziak für Schmelzer, 77. Immobile für Aubameyang
Tore: 1:0 Wendt (1., Johnson), 2:0 Raffael (32., Herrmann), 3:0 Nordtveit (67., Ecke Kruse), 3:1 Gündogan (77., Dudziak)
Schiedsrichter: Gräfe (Berlin), Gelbe Karte: Brouwers
Zuschauer: 54.011 (ausverkauft)
Malte S., 12.03+1.2015