Quo vadis, Borussia?
oder der etwas andere – streitbare – Vorbericht
Der schlechteste Saisonstart seit Beginn der Zeitrechnung. Das Abendland scheint dem Untergang geweiht, Jürgen Klopp hat keinen Plan B und wird bald freiwillig gehen, etc. etc. .
Völlig irre Kommentare des Boulevard bzw. der seriösen Medien? Mitnichten. Eher ein Querschnitt des geneigten BVB-Fans, der nach drei Jahren Dauerparty anscheinend die Bodenhaftung verloren hat.
Und ja... einige freuen sich schon auf den morgigen Sieg, damit man der Mannschaft gepflegt ans Bein pinkeln kann. Yeah, auf Champions League haben die verwöhnten Stars anscheinend Bock, um dann in der Bundesliga wieder fade Hausmannskost (also nicht die Gute von Omma) zu liefern. Immer schön druff, liebe Freunde. Das ist doch genau das, was die Mannschaft gerade braucht, und das, was wir Deutschen so unglaublich gut können. Rumnörgeln!
Mir ist das ganz ehrlich gesagt vollkommen wumpe, denn die Mannschaft braucht dringend ein Erfolgserlebnis um den Selbstbewusstseinstank wieder aufzufüllen und mir ist es egal, wo und wie sie das macht. Einigen scheint nicht ganz klar zu sein, was ein morgiger Sieg bedeuten würde. Die Chance in der CL zu überwintern wäre damit ziemlich hoch und man könnte sich mehr auf die Bundesliga fokussieren. Was hilft es uns, wenn wir das Spiel morgen verlieren? Verschärfung der Krise? Die Spieler noch mehr verunsichert, als ohnehin schon? Ja, Träumchen! Genau das was ein BVB Fans sich insgeheim wünscht.
In das Horn, dass man sich die Galaauftritte für die CL aufspart, mag ich ohnehin nicht blasen, denn tatsächlich gab es in der ganzen Saison wettbewerbsübergreifend nur ein überzeugendes Spiel und das war das Heimspiel gegen Arsenal. In Anderlecht hätte das Spiel genauso gut anders herum ausfallen können, denn auch dort gab es große individuelle Fehler, die jedoch die gegnerische Mannschaft nicht ausnutzen konnte. Das gute Ergebnis täuscht über das eigentliche Spiel hinweg und wurde auch in der Presse viel zu gut besprochen. Die Mannschaft zeigt also mitnichten zwei Gesichter.
Schwarzmalerei und Meckerei wird nicht helfen und trotz allem sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass die Saison noch jung ist und das es Gründe für die momentane Lage gibt und das ein Gros der Bundesliga mehr schlecht als recht durch die aktuelle Spielzeit stolpert. Heißt das im Umkehrschluss, dass man die momentane Situation nicht benennen und besorgt sein darf? Natürlich nicht.
Ein Haufen Verletzte? Geschenkt, denn das haben viele andere Bundesligisten auch. Allerdings nicht so geballt wie wir im Mittelfeld. Unsere ganze kreative Achse war weggebrochen. Wie willst du das spielerisch auffangen? Nun sind mit Reus, Gündogan und Mkhitaryan gleich drei Spieler wieder zurück in den Kader gekommen. Wie gegen Köln gesehen, können sie aber auch nicht sofort aus dem Stand das Ruder herumreißen. Besonders von Ilkay darf man das dies auch einfach nicht erwarten. Die andauernde unfreiwillige Rotation führt ebenfalls dazu, dass sich keine eingespielte Formation finden kann. So schön die Rückkehr der Verletzten am Samstag war, sie war wohl auch ein weiterer Unsicherheitsfaktor, weil mal wieder eine Mannschaft auf dem Platz stand, die so noch nie zusammengespielt hat. Ein vernünftiges Einbinden neuer Kräfte wie Ramos und Immobile sind so erschwert, zumal der ewige Lewandowski Vergleich, wenn man nicht grad von 0 auf 100 in die Liga startet, auch nicht gerade hilfreich ist und zusätzlich aufs Gemüt schlägt. Bei Immobile sieht man es ab und zu, weil er einfach zu viel auf einmal will.
Aber darf man denn von hochbezahlten Protagonisten nicht dann wenigstens die Urtugend, den fußballerischen Kampf, verlangen? In den meisten Spielen war es schmerzhaft mit anzusehen, dass gefühlt jeder zweite Ball beim Gegner landete. Unsauberkeiten, mit dem Kopf anscheinend woanders und meist mit dem Arsch eingerissen, was man sich vorne aufgebaut hat. Sprich, nach einer Balleroberung wurde das Spielgerät direkt mit teilweise hanebüchenen Aktionen verloren. Da musste der Gegner sich nicht mal anstrengen, wie z.B. die Kölner am letzten Samstag. Die freuen sich vermutlich heute noch über den verfrühten Karneval. Wahrscheinlich hätte es gereicht sich als Fußballer zu verkleiden und ein bisschen über den Rasen zu torkeln. Irgendein Borusse hätte einem schon den Ball vor die Füße gelegt. Dennoch hat man schon das Gefühl, dass die Spieler in den letzten Wochen wollten, es aber irgendwie nicht konnten. Führungsspieler wie der momentan völlig aus der Form spielende Mats Hummels, scheinen nach dem WM Sieg noch ein bisschen viel mit sich selbst zu tun zu haben. Das kann man kritisieren, aber wir sprechen hier immer noch von Menschen, die nicht auf Zuruf funktionieren. Einige wollen, wie der bereits genannte Immobile, auch einfach zu viel und verrennen sich. Hier ist es trotz der Situation wichtig Druck herauszunehmen, damit der Spieler nicht vollkommen verkrampft.
Für viele Fans sind dies Ausreden, ich bin aber der festen Überzeugung, das dies der Stand der Dinge ist und deswegen macht mir die momentane Situation auch nicht wirklich Angst. Die Spieler werden sich die Sicherheit durch weitere Spiele zurückholen und wenn Klopp endlich mal auf so etwas wie eine Stammelf zurückgreifen kann, dann werden auch Automatismen wieder greifen. Vielleicht ist zu bemängeln, dass wir nur den Hurra-Fußball der letzten Jahre wirklich gut können und das wir total ins Straucheln kommen, wenn wir den nicht auf den Rasen bringen (aus was für Gründen auch immer). Aber noch immer sind wir kaum zu schlagen, wenn wir unsere Spielweise in perfekter Vollendung spielen und es gibt keinen Grund warum wir da nicht wieder hin kommen!
Kritik an den Spielern, am Trainer und an der Situation ist berechtigt, alles weitere verbietet sich aber aufgrund der Erfolge der letzten Jahre und der Art und Weise wie wir Fans beschenkt worden sind. Es gilt jetzt Vertrauen und Geduld zu haben und nicht allem, was kürzlich noch golden geglänzt hat, den Rücken zu kehren, nur weil man sich nicht mehr so schön drin spiegeln kann. Es macht mehr Spaß als Sieger am nächsten Morgen zur Arbeit zu gehen, mit Fansein hat es aber nur bedingt etwas zu tun.
Die Spieler wollen! Vielleicht zieht es einige runter, dass man jetzt gefühlt den Bayern schon wieder die Schale in die Hand drücken kann, aber trotzdem hat doch sicherlich keiner Bock auf eine Saison in der Euroleague oder gar ohne internationale Spiele. Der Druck von den Fans und den Medien wird auch immer größer und irgendwo im Tabellenkeller rumzugurken macht auch eher wenig Laune. Keinem normal denkenden Menschen ist diese Situation egal, deswegen bin ich überzeugt, dass sämtliche Kraft darauf verwendet wird, sich selber mit den Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Es bleibt an uns ob wir den meckrigen Oppa spielen, der beim kleinsten Ballverlust am liebsten das Stadion verlassen will oder ob wir einer dieser Fans sind, die nach Hamburg die Mannschaft gefeiert haben. Es wird auch wirklich wieder etwas zu feiern geben. Vielleicht dauert es etwas länger als sonst, aber es wird passieren.
Ich weiß, eigentlich sollte dies ein Vorbericht werden, aber interessiert der morgige Gegner wirklich? Galatasaray ist mehr als nur holprig in die CL-League Saison gestartet. Gegen die – seien wir ehrlich – wohl doch eher limitierte Mannschaft aus Anderlecht haarscharf an einer Niederlage vorbeigeschrammt und gegen Arsenal mal so richtig unter die Räder gekommen. Das klingt nach einem hübschen Aufbaugegner, wäre Istanbul nicht in der Liga zuletzt wieder auf Kurs. Am Wochenende gewann die türkische Mannschaft sein Derby gegen Fenerbahce durch zwei Tore von Snejder in allerletzter Minute und ist somit auf den zweiten Platz der Tabelle geschossen. Ich gestehe allerdings, ich habe keinen Schimmer von der türkischen Liga. Besonders viel hochkarätige Konkurrenz scheinen sie jedoch nicht zu haben, von daher kann ich nicht sagen, in wie weit die Leistung in der Liga Aufschluss auf die Verfassung der Istanbuler gibt.
Vielleicht sehen wir also morgen das Treffen der Wundertüten. Das fliegende Einhorn mit den Regenbogenfarben im Schweif hätte ich dann bitte gerne in der schwatzgelben Tüte. Danke!
So könnten sie spielen:
Borussia Dortmund:
Weidenfeller - Piszczek, Sokratis, Hummels, Großkreutz - Bender, Kehl - Mkhitaryan, Kagawa, Reus - Ramos
Trainer: Klopp
Galatasaray:
Muslera - Veysel Sari, Chedjou, Semih, Tarik - Felipe Melo, Selcuk Inan - Olcan, Sneijder, Dzemaili - Burak
Trainer: Prandelli
Schiedsrichter: Antonio Miguel Mateu Lahoz (Spanien)
21.10.14 Steffi