Warmlaufen

Nobody can stop Roman

31.01.2014, 13:44 Uhr von:  Guerriero
Nobody can stop Roman

Aufgrund des überraschend schlechten Spiels des BVB gegen den FC Augsburg ist sein Jubiläum etwas untergegangen: Roman Weidenfeller stand zum 300. Mal bei einem Bundesligaspiel im schwarz-gelben Tor. Deswegen widmen wir der Nummer Eins einfach den Braunschweig-Vorbericht. Jener Nummer Eins, die eine einzigartige Wandlung erlebt erlebt hat. Vom „Weidenfehler“ zum „Derbyhelden".

23. Oktober 2004: Der BVB steht vor einem richtungsweisenden Spiel gegen den Hamburger Sportverein. Die Nerven bei den Fans liegen aufgrund der miserablen sportlichen und finanziellen Situation bereits früh in der Saison blank. Und dann schickt Bert van Marwijk auch eine neue Nummer Eins aufs Feld. Als die Torhüter zum Warmmachen herauskommen, ist es nicht der eigentlich gesetzte Guillaume Warmuz, der den Rasen als erster betritt. Nein, dieses mal kommt ein anderer Torwart mit dem Ball in der Hand vor die Südtribüne gestürmt. Was? Der? Dieser schmierige Typ, der nicht einmal einen Schuss von meiner Oma hält? Nicht wenige Fans auf der Südtribüne sind schockiert und schenken genau dem Torwart, der heute mithelfen soll, die Krise abzuwenden, ein dezentes Pfeifkonzert.

Es ist der Anfang von Roman Weidenfeller als Stammtorwart bei Borussia Dortmund.

Für die richtige Einordnung der Pfiffe darf zwar nicht unerwähnt bleiben, dass die Wut generell der ganzen Mannschaft galt und nach dem 2:0 für den HSV „Scheiß Millionäre“-Gesänge durch das Westfalenstadion hallten. Trotzdem: Die Pfiffe gegen Weidenfeller hatten ihre kleine Vorgeschichte. „Weidenfehler“ passt nicht hierher, war eine weit verbreitete Meinung. Dabei waren es nicht die Worte, die er sagte, sondern wie er diese Worte sagte. Seine Art. Leicht überheblich, wie ein Schnösel. Dann noch dieses Haargel, addiert mit den Fehlern, die durchaus da waren – mit diesen Zutaten war er fertig gebacken, der Meinungskuchen der meisten BVB-Fans.

Um diese bittere Köstlichkeit zu verdauen, haben beide Seiten, Weidenfeller und die Tribüne, einige Jahre gebraucht. Die großen Patzer wurden weniger, aber richtige Stärken kamen zunächst auch nicht zum Vorschein. Bezeichnend war dann auch, dass sich lieber Marc Ziegler 2008 in den Vordergrund spielte, nachdem er den etatmäßigen Torhüter unter anderem mit einem gehaltenen Elfmeter gegen Bremen im DFB-Pokal vertrat.

Es klingt schon fast klischeehaft, aber erst durch Jürgen Klopp wurde 2008 der Weltklasse-Torwart Weidenfeller geboren. Der Pfälzer spielte sich zu einer Konstanten, zum ruhigen Pol hinter der Abwehr. Sein Bild wandelte sich, vor allem neben dem Platz. Seine Interviews wurden lockerer, auch mal mit einem Lächeln verziert. Der authentische Facebook-Auftritt erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit. Weidenfeller beginnt nicht standartmäßig mit „Hey Leute“, sondern macht sich vorher augenscheinlich Gedanken über das, was da gleich stehen soll.

Und noch wichtiger: Auf dem Platz begann er unverzichtbare Stärken zu entwickeln. Heute hat er diese perfektioniert. Vor allem die Reaktionsschnelligkeit bei Kopfbällen aus kurzer Distanz und das Herauslaufen, wenn ein Gegenspieler unbedrängt auf ihn zuläuft, sind die Merkmale Weidenfellers. Letzteres hat sogar schon manchen Gegner zum Verzweifeln gebracht. Längst wissen die BVB-Fans: Ein heranstürmender Gegner vor unser Tor hat noch lange kein Gegentor zur Folge! Die kicker-Noten, die ihn gleich mehrmals zum besten Torwart Deutschlands gemacht haben, waren das Sahnehäubchen.

300 Spiele für den BVB – die Frisur hält

Also: Wenn die einzig fragwürdigen Aktionen in den letzten Jahren darin bestehen, dass ein Torwart bei zwei Freistößen falsch reagiert hat, wie bei Özils Tor in Madrid oder Srnas Treffer in Donezk, oder oft zu zaghaftes Wegfausten des Balles nach Eckstößen zeigt, dann kann so viel nicht falsch laufen. Besonders mit Blick auf Torhüter im Süden der Republik, wo sich alle Jahre wieder ein neuer Fehler einschleicht.

„Weidenfehler“ war gestern. „Derbyheld“ und „Sieggarant“ sind nun die Prädikate für Roman Weidenfeller. Er hat schon jetzt Geschichte geschrieben. Denken wir nur an den Elfmeter in der Double-Saison gegen den FC Bayern zurück. Hätte Arjen Robben ihn verwandelt, wäre die schwarz-gelbe Meisterschaft gehörig ins Wanken geraten. Weidenfeller hielt den Ball fest und sorgte für einen noch lauteren Jubel als es Lewandowski wenige Minuten zuvor mit seinem Führungstreffer. Oder: Der durch die Ausschreitungen viel zu wenig bejubelte gehaltene Elfmeter gegen Kevin-Prince Boateng im zurückliegenden Derby.

Januar 2014: Der BVB empfängt zu einem gewöhnlichen Bundesligaspiel den FC Augsburg. Zum Warmmachen der Torhüter ertönt wie gewohnt „Can't Stop“ von den Red Hot Chilli Peppers aus den Boxen. Der Torwart kommt mit einem Ball in der Hand zur Südtribüne gelaufen. Die Südtribüne schreit „Weidenfeller,Weidenfeller, hey, hey!“ Die Ultras halten ein Banner hoch: „300 Spiele für den BVB – die Frisur hält“.

So wird es auch in Braunschweig sein. Auch, wenn es kalt und windig wird.

Das Spiel in Braunschweig

Das Wetter in Braunschweig: Sehr kalt bei bis zu minus vier Grad.


Die Aufstellungen:

Eintr. Braunschweig: Davari – Kessel, Bicakcic, Dogan, Reichel – Theuerkauf – Elabdellaoui, Pfitzner, Nielsen, Boland – Ademi
Auf der Bank: Petkovic – Correia, Henn, Washausen, Bellarabi, Hochscheidt, Kratz, Jackson, Kumbela
Es fehlen: Kruppke (Aufbautraining nach Muskelfaserriss), Korte (Kreuzbandriss), Oehrl (Sehnenriss), Caligiuri, Erwig-Drüppel, Perthel, Vrancic (alle Rückstand)

Borussia Dortmund: Die Frisur hält! – Großkreutz, Sokratis, Hummels (Kehl), Schmelzer –Sahin, Bender –Aubameyang, Mkhitaryan, Reus - Lewandowski
Reserve: Langerak – Piszczek, Durm, Kirch, Sarr, Friedrich, Kehl, Hofmann, Ducksch, Schieber
Es fehlen: Blaszczykowski (Kreuzbandriss), Subotic (Kreuz- und Innenbandriss), Gündogan (Aufbautraining)

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