Das Spiel vor der nächsten Bundesligapartie
Die Erleichterung nach dem 1:0 Erfolg gegen Hoffenheim ist noch drei Tage danach im BVB-Herzen spürbar. Doch fährt man in der Bundesliga mit einem Fahrzeug, das Probleme hat, über den TÜV zu kommen, gönnt man sich international „noch“ einen Porsche. Borussia steht zwar schon als sicherer Achtelfinalteilnehmer fest, benötigt aber noch einen Punkt*, um sicher als Gruppenerster bei der Auslosung zur Champions-League dabei zu sein. Für den Gegner aus Anderlecht hingegen geht es um Ruhm und Ehre. Der RSC steht als Dritter bereits fest.
Eigentlich beste Voraussetzungen für ein Spiel, bei dem es keine Verletzten gibt und der Zuschauer sich mehr mit dem Glühwein-Organisieren beschäftigt, als mit dem Spiel. Aus sportlicher Sicht gibt es sicherlich Spiele mit mehr Brisanz. Doch vielleicht kommt so ein Spiel wie gegen den RSC Anderlecht aus Dortmunder-Sicht genau zum richtigen Zeitpunkt. Ein Spiel, in dem einige nach langer Verletzungspause widerkehrende Spieler auf hohem Niveau Spielpraxis sammeln können, andere wiederum sich neues Selbstbewusstsein erarbeiten können. Ein Spiel, bei dem es zählt, erneut ein Erfolgserlebnis einzufahren. "Wichtig ist, dass wir es am Dienstag mit ähnlicher Überzeugung durchziehen wie gegen Hoffenheim, damit wir für das nächste Bundesligaspiel in Berlin gewappnet sind“, kündigte Gündogan die Herangehensweise des BVB für Dienstag an. Weiter sagte er: "Das ist Champions League. Auf Vereinsebene gibt es nichts Höheres." Immerhin nimmt er die Worte „Das ist für uns wie Urlaub“ nicht in den Mund. Aber nicht nur aus psychologischen Gründen für die Bundesliga hätte ein Sieg oder ein Unentschieden ein gewissen Mehrwert, vielmehr dürfte man als Gruppensieger im Achtelfinale auf einen vermeintlich leichteren Gegner hoffen. Zudem würde man zunächst auswärts antreten und könnte dann im heimischen Westfalenstadion den Einzug ins Viertelfinale perfekt machen. Perverse Gedankengänge in Anbetracht der aktuellen Situation in der Bundesliga.
Luxusprobleme oder Krise?
Ähnlich aber auf ganz anderem Niveau sieht es für den Gast aus Anderlecht aus. Seit drei Spielen in der heimischen Liga wartet die Mannschaft auf einen Sieg. Zuletzt verlor man 2:4 gegen die Tabellenzehnten Royal Mouscron-Peruwelz und liegt bereits mit vier Punkten hinter dem Tabellenführer aus Brügge. Aus Dortmunder-Sicht würde man die Tabelle an den Weihnachtsbaum hängen und ein fröhliches Weihnachtsfest feiern. Doch aus „Anderlechter-Perspektive“ läuft es auch gerade nicht rund und nur zu gerne würde man für die Moral etwas aus Dortmund mitnehmen. Hinzukommt, dass Anderlecht gespickt ist mit jungen, talentierten Spielern, welche die Bühne Champions-League noch einmal nutzen wollen, um sich zu präsentieren. Ein Spieler, der sich gerne international gezeigt hätte, wird am Dienstag allerdings fehlen. Steven Defour, einer der Führungsspieler der Mannschaft, fällt verletzungsbedingt aus. Eine weitere, nicht unerhebliche Motivation für den RSC, könnte auch die Siegprämie von einer Million Euro sein, die man vor Weihnachten vielleicht noch gerne mitnehmen möchte.
Den Blick auf Hertha gerichtet?
Auf Seiten der Dortmunder dürfte Kehl nach seiner Rippenverletzung eine Pause verordnet bekommen. Würde für den Innenverteidiger Sokratis ein Einsatz am Dienstag noch zu früh kommen, dürften Kuba, Sahin, Kagawa und Kirch schon mit den Stollen scharren. Auch Ramos könnte nach seinem laufintensiven Spiel am Freitag durch Immobile ersetzt werden. Beide trafen im Hinspiel (3:0) in Anderlecht.
Allerdings scheint der sportliche Aspekt in den Medien rund um den BVB eher sekundär zu sein. Vielmehr stürzt man sich auf das „Bauernopfer“ Weidenfeller und spekuliert wild über einen möglichen Einsatz gegen Anderlecht, über seine Zukunft beim BVB und diskutiert natürlich über die Art und Weise, wie man mit ihm beim BVB umgeht.
Über die (Un)Wichtigkeit eines Champions-League-Spiels
Egal, wie das Spiel am Dienstag ausgeht, der BVB wird auch 2015 mindestens eine Runde noch seinen Porsche fahren dürfen. Doch viel wichtiger ist es, den Bundesligawagen des BVB wieder flott zu machen und ihn über den TÜV zu bekommen. Durch Aussagen wie der BVB ist zu gut, um Abzusteigen, hat noch kein Verein den Klassenerhalt geschafft. Schön wäre ein Erfolgserlebnis am Dienstag, wichtig. Entscheidend aber sind drei Punkte in Berlin am Samstag.
So könnten Sie spielen
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Gündogan - Aubameyang, Bender, Kagawa, Mchitarjan - Immobile
RSC Anderlecht: Proto - Vanden Borre, Mbemba, Deschacht, Acheampong - Kljestan, Tielemans - Conté, Praet, Cyriac - Mitrovic
Schiedsrichter: Alberto Mallenco (Spanien)
* Der BVB ist mit einem Unentschieden Gruppenerster, solange Arsenal nicht mit sechs Toren Unterschied gewinnt.
Christoph 8.12.2014