Die Welt der Fans ist mehr als ein Shop
Borussia Dortmund eröffnet einen neuen Fanshop am Stadion. So weit, so unspektakulär könnte man meinen. Wären da nicht die riesigen Erwartungen, die im Vorfeld geweckt wurden. Durch Ankündigungen, wie dass „alle Funktionalitäten des Vereins, die den Fan betreffen, unter einem Dach vereint“ werden. „Eine zentrale Anlaufstelle, besser: eine Begegnungsstätte“ für die BVB-Fans sollte geschaffen werden, gar das „neue Epizentrum von Borussia Dortmund“ wurde annonciert. Dieses hatte man bislang eigentlich eher innerhalb des Stadions als daneben vermutet.
Bereits vor der offiziellen Eröffnung der neuen BVB-FanWelt hatten wir die Gelegenheit, die neue „Begegnungsstätte“ zu bewundern. Um eins vorweg zu nehmen: Der BVB hat sich einen schönen, modernen Fanshop gebaut, wie es ihn bislang noch nicht gegeben hat. Aber im Wesentlichen ist die neue FanWelt eben nicht mehr als das: Ein Fanshop. BVB-Marketing- und Vertriebsdirektor Carsten Cramer brachte es in seiner Eröffnungsrede auch wunderbar auf den Punkt, als er immer wieder betonte, dass „in der neuen FanWelt die Marke Borussia Dortmund in allen ihren Facetten erlebbar wird.“
Der Fan wird in der FanWelt des BVB nämlich ausschließlich als Kunde gesehen, der etwas kaufen soll. Karten für Spiele oder andere Veranstaltungen des BVB, Trikots und sonstige Klamotten, die vielen mehr oder weniger nützlichen Geschenkideen in schwatzgelb, die man schon aus den bisherigen Fanshops und Katalogen kennt. Vom Schnuller bis zum Rasenmäher ist alles dabei. Dazu kann man noch auf der Terrasse mit Blick auf den Tempel einen Coca-Cola-Kaffee genießen oder den neuesten Opel bestaunen, der prominent im Eingangsbereich der FanWelt parkt.
Dass der Verein beispielsweise eine eigene Fanabteilung hat, in der Fans sich darum bemühen, das Vereinsleben zu gestalten, gehört nach Ansicht der BVB-Verantwortlichen offenbar nicht zu den „Funktionalitäten des Vereins, die den Fan betreffen“. Die Fanbetreuung der KGaA ist ebenso wenig im futuristisch anmutenden Gebäude in der nordwestlichen Nachbarschaft des Westfalenstadions vertreten. Die Begegnungsstätte für Fans entpuppt sich bei näherer Betrachtung somit eher als eine Stätte der Begegnung zwischen Kunde und Produkt, die der Borusse mit möglichst vielen vollen „Echte-Liebe“-Taschen und weniger Geld im Portemonnaie verlassen soll. Viele jahrelange Stadiongänger, die die Borussia auch im Vorraum der Pathologie unterstützt haben, finden sich in dieser neuen, hochglanzpolierten Parallel-Fanwelt eher nicht wieder. Und es wirkt, als entferne sich die Borussia mit ihr ein weiteres Stück ausgerechnet von dem Teil der Fan-Basis, der sich besonders stark darum bemüht, das Vereinsleben auch wirklich über den bloßen Stadionbesuch hinaus lebendig zu halten.
Nun hat der BVB natürlich jedes Recht dazu, seine diversen Merchandisingartikel an den Mann, die Frau und das Kind zu bringen. Und wer mal in dem bisherigen Fanshop am Stadion im August-Lenz-Haus war, wird erkannt haben, dass diese Immobilie nur sehr bedingt als Ladenlokal geeignet war. Im Vergleich zum bisherigen „Mega-Store“ in Hörde, der als Folge der Eröffnung der FanWelt geschlossen wird, könnte der Kontrast ebenfalls nicht größer sein. Stand der Lagerhallencharme des Mega-Store für den Aufbruch in die Merchandising-Zukunft unter dem chronisch klammen Duo Niemeier, so ist der Glanz der neuen FanWelt ein Ausdruck des Versuchs der derzeitigen Führung, den BVB dauerhaft als „Premium-Marke“ im europäischen Fußball zu etablieren. Auch das Ticketing aus der Geschäftsstelle ans Stadion zu verlegen ist sicher sinnvoll, auch wenn die Warteschlangen an der B1 und die sich darin zwangsläufig ergebenden Begegnungen mit Angestellten und Führungspersonal von Borussia Dortmund für viele Fans sogar eine liebgewonnene Tradition geworden waren.
Sicherlich gibt es auch gute Gründe dafür, die Fanabteilung oder die Fanbetreuung eben nicht in diesem Kommerztempel anzusiedeln. Wäre man beispielsweise auf die Idee gekommen, dass man erst den Fanshop durchqueren müsste, um Fanabteilung oder –betreuung zu erreichen, wäre das wohl nicht zuletzt an dieser Stelle auf beißende Kritik gestoßen. Festzuhalten bleibt aber, dass es die erhoffte Begegnungsstätte für BVB-Fans, in der das Vereinsleben gestaltet werden und gemeinsame Aktionen rund um den Verein vorbereitet und durchgeführt werden können, immer noch nicht gibt.
Im Gegenteil ist mit dem Infopunkt der Fanabteilung an der Nordtribüne, eine altgediente und beliebte Begegnungsstätte für BVB-Fans den Umbauarbeiten beim Stadioneinlass zum Opfer gefallen. Auf dem Stadionvorplatz sieht man noch die Konturen des Infopunkts im Pflaster. Es wirkt wie eine Narbe. Zwar wird es mit dem Container an der „Helmbude“ einen Ersatz für den Infopunkt in Stadionnähe geben. Aber einerseits stellt sich die Frage, ob solch ein Container wirklich als Alternative auf Dauer taugt und andererseits bietet er auch nur eingeschränkte Möglichkeiten. Hoffentlich zeigt der BVB ähnlich enthusiastisch wie bei der Konzeption und Umsetzung der FanWelt, wenn es darum gehen wird, eine vollwertige Begegnungsstätte fern von Konsum und Kommerz für die Fans zu schaffen, die auch abseits von Spieltagen ihre Freizeit ins Vereinsleben investieren wollen. Denn Fans sind mehr als nur Kunden und die wirkliche Fanwelt bietet weit mehr Facetten, als sie ein Fanshop jemals abbilden könnte, ganz egal welchen Namen man ihm gibt.
Dieser Artikel wäre vermutlich gar nicht geschrieben worden, wenn es rund um den Bau der FanWelt nicht derartig vollmundige Ankündigungen gegeben hätte. Denn als Fanshop ist sie für den BVB ein großer Schritt nach vorne. Der Fan, der etwas kaufen möchte, kann dies zukünftig in einer weitaus angenehmeren Umgebung tun als bisher. Und ihm wird ja durchaus was geboten: Neben dem erwähnten Café mit Terrasse gibt es noch ein kleines Fußballfeld, wo die Kids sich austoben könnten und für die Kleinsten ein Bällebad mit Emma. Auch die in der westlichen Rundung des Gebäudes riesig tapezierte Südtribüne weiß zu gefallen. Und nicht zuletzt dürfte die erhöhte Zahl an Ticketschaltern rund um Topspiele für eine deutliche Entspannung sorgen. Das Serviceangebot für den Fan als Kunden des Vereins wird auf jeden Fall deutlich verbessert. Dies alles soll hier gar nicht verschwiegen werden. Nur eine Begegnungsstätte oder gar das neue Epizentrum das ist sie nicht, die neue FanWelt. Sie ist ein schickes, modernes Ladenlokal mit Serviceschaltern. Die Welt für uns Fans ist aber kein Laden, die Welt das ist Borussia Dortmund mit allem was dazu gehört. So einfach ist das.