Hanseatischer Irrsinn
Der Bremer Senat will zukünftig die Polizei-Einsatzkosten für Risikospiele der Deutschen Fußballliga in Rechnung stellen. Klingt wie ein armseliger Witz aus der Schildbürger-Kategorie, ist aber politische hanseatische Realität. Was für ein Blödsinn!
Überraschend einhellig ist die Kritik: Von den Fußballfunktionären über die übrigen Innenministerien der Republik bis hin zur Gewerkschaft der Polizei reicht die Ablehnung des Vorhabens.
Und auch zahlreiche Juristen sehen die Entscheidung des Bremer Senats überaus kritisch. Zum einen ist die öffentliche Sicherheit originäre Aufgabe der Länder und haben die Vereine außerhalb ihrer Stadien überhaupt gar keine Handhabe, ihrerseits auf diese Sicherheit überhaupt Einfluss zu nehmen. Zum anderen dürfte es dem Bremer Senat schwerfallen, zu vermitteln, warum nur Kosten von Risikospielen umgelegt werden sollen, die der normalen aber ebenso wenig, wie die für Veranstaltungen anderer Sportarten, Volksfeste und allen anderen öffentlichen Privatveranstaltungen. Die Frage dürfte daher kaum sein, ob ein Gericht gegen die irrsinnigen Bemühungen Bremens entscheidet, sondern nur wann und in welcher Instanz.
Doch das juristische Feintuning ist nur ein Aspekt. Die Entscheidung Bremens ist schon vom Grundsatz her – man muss es so hart ausdrücken – idiotisch.
Immerhin stehen den Einsatzkosten, die von der üblicherweise populistischen Deutschen Polizeigewerkschaft mit 150 Millionen Euro für die ersten vier Ligen beziffert werden, immerhin ganze 850 Millionen Euro entgegen, die der Lizenzfußball in Deutschland an Steuern und Abgaben entrichtet. 850 zu 150 Millionen – die Rechnung sollte man selbst dem Bremer Senat eigentlich gerade noch zutrauen dürfen. Und da sind mit dem Fußball zusammenhängende Branchen (Sportartikel, Hotel- und Gastronomiegewerbe) noch nicht einmal eingerechnet.
Man muss das – auch und gerade für die Bremer Politiker - mal so deutlich festhalten: Volkswirtschaftlich sind die Bundesligen ein Gewinn für das Land.
Legt man im übrigens die knapp 19 Millionen Zuschauer zugrunde, die die Bundesligen in der vergangenen Saison in ihre Stadien locken konnten – Relegationsspiele, DFB-Pokal und Europapokale noch nicht einmal mit eingerechnet -, so bedeutet jede verkaufte Eintrittskarte vermeintliche Polizeikosten in Höhe von acht Euro. Zum Vergleich: In nordrhein-westfälischen Theatern wird jede Eintrittskarte durch die öffentliche Hand mit bis zu 300 Euro subventioniert.
Und selbst die angeblichen 150 Millionen darf – oder besser: muss - man dabei noch deutlich in Zweifel ziehen. Die Einsatzkräfte werden schließlich nicht allein für den Fußball ein- oder bereitgestellt, sondern müssen ohnehin und auch in dieser oder ähnlicher Anzahl zur Verfügung stehen, um gleichermaßen Castortransporte, Nazi-Demonstrationen oder G8-Gipfeltreffen zu schützen. Ist ja nicht so, dass die Hundertschaften morgen aufgelöst würden, wenn die Vereine mit dem heutigen Tag ihren Spielbetrieb einstellten. Für die genannten Anlässe aber dürfte es den Einsatzleitern zudem durchaus zugutekommen, dass ihre Einheiten durch den Fußball in regelmäßiger Übung sind. Wie sonst bekommt man Hunderte von „Sparringspartnern“ zur Verfügung gestellt?
Am Ende aller Betrachtungen ist die Bremer Entscheidung so aberwitzig verquer, dass man sie sich gar nicht ausmalen mag als Produkt monatelanger Überlegungen und Diskussionen führender deutscher Landespolitiker.
Vielleicht ist es daher ganz gut, dass sich der Bremer Senat in absehbarer Zeit vor Gericht eine blutige Nase holen wird. Die Sicherheits-Populisten dieser Republik verlören dann endlich eines ihrer Steckenpferde.
Arne, 24.07.2014
Foto: Rathaus Bremen, Florian Hannemann CC-BY-SA