Nur ein Sieg aus 23 Spielen...
... und der war gegen Hertha BSC.
Es ist nicht so, dass ich eine sonderliche Abneigung gegen Hertha BSC (oder auch gegen die Stadt Berlin) habe, aber irgendwie finde ich den Verein ziemlich langweilig. So wie den 1. FC Nürnberg oder Hannover 96. Tut nicht weh, dass sie in der Liga sind, aber es würde kaum etwas fehlen, wenn die mal zweitklassig spielen (womit man sich in Berlin zuletzt ja auskennt). Außer der Tatsache, dass man auswärts in der Regel genügend Karten für mitreisende Borussen kriegt, und das zu bezahlbaren Preisen. Aber was ist mit Heimspielen gegen Hertha BSC? Erinnert man sich da überhaupt an irgendeins?
Ja. Und bei mir ist es so: Mit allen Details erinnere ich mich wirklich nur ein eines. Nämlich an das in der Saison 1999/2000. Letzter Spieltag vor der Winterpause, sonntags abends, und Borussia spielt vermutlich die verrückteste Saison der jüngeren Vereinsgeschichte. Gestartet als Champions-League-Teilnehmer war der BVB unter Michael Skibbe nach acht Spielen (darunter ein Auswärtssieg in Bielefeld; auch der einzige, an den ich mich bewusst erinnern kann) Tabellenführer in der Bundesliga und hatte mit fünf Punkten aus drei Spielen (davon zwei auswärts) gute Chancen, die erste Gruppenphase europäisch zu überstehen. Und dann kam Rosenborg Trondheim. Inbesondere zwei Tore des großen Jan Derek Sörensen besiegelten eine 0:3-Heimpleite, und die ganze Scheiße begann: Kein Sieg mehr in der Champions League, in der Liga acht Spiele ohne Sieg, und dann, sonntags abends kurz vor Weihnachten, kamen die Sonnenkinder.
Und Hertha BSC. Letztere wurden mit 4:0 nach Hause geschickt, wobei es dank Toren unter anderem von Alfred Nijhuis und Karsten Baumann bereits zur Halbzeit 3:0 stand. Und das Stadion tobte. Fürchterlich skurrile Zeiten. Fehlte nur noch, dass Michael Skibbe auf Händen aus dem Stadion getragen wird, so wie ein paar Wochen früher nach dem einzigen Erfolg zu jener Zeit, einem Sieg im Elfmeterschießen im UEFA-Pokal gegen die Glasgow Rangers.
Danach Winterpause, erstes Spiel daheim gegen Kaiserslautern, 0:1. Bernd Krauss übernimmt, der Mann, der mit Jürgen Röber hart um den Titel des erfolglosesten BVB-Trainers der letzten Jahrzehnte kämpft. Es folgen elf weitere Spiele ohne Sieg (und ein ganz bitteres Heimspiel gegen Galatasaray im UEFA-Pokal) mit der Krönung eines 1:3 daheim gegen Unterhaching. Am Ende folgt Udo Lattek (von dessen Einstellung ich an meinem letzten Schultag nach sehr, sehr viel Alkohol erfuhr und das zunächst für einen ganz guten Scherz hielt), und nach zwei weiteren sieglosen Spielen gewinnt Borussia dank Heiko Herrlich kurz vor Schluss in Stuttgart. Der Klassenerhalt wird daheim im Derby besiegelt und zuletzt gewinnt Borussia mal eben schlank mit 3:0 in Berlin. Und Udo tritt wieder ab, wahrscheinlich mit der einen oder anderen Million von Niebaum in der Tasche. Für mich eine prägende Saison, das erste komplette Jahr mit Dauerkarte und diversen Auswärtsfahrten, Abitur, die Tage an der Schwelle vom Jugendlichen zum Erwachsenen, und immer wieder sehe ich diesen abgefälschten Schuss von Karsten Baumann zum 2:0.
Und morgen? Das einzige, was wahrscheinlich ähnlich sein wird wie damals, sind die Sonnenkinder. Und vielleicht ein 4:0. Wobei, auch das hätte ich übermorgen wohl wieder vergessen.
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek (Großkreutz), Friedrich, Sokratis, Durm - Großkreutz (Kehl), Sahin - Aubameyang (Blaszczykowski), Mkhitaryan, Reus - Lewandowski
Hertha BSC: Gersbeck - Pekarik, Lustenberger, Hosogai, Schulz - Cigerci, Niemeyer - Ndjeng, Ronny, Skjelbred - Ramos
Schiedsrichter: Peter Gagelmann
Scherben, 20.12.2013