BVB II: Sportlicher Abstieg durch Parallelansetzungen?
Woran erkennt der BVB-Fan spätestens dass die Rückrunde begonnen hat? Na klar, an den Parallelansetzungen des BVB II in der dritten Liga. Zugegeben, etwas reichlich flach formuliert, doch leider entspricht dies den Tatsachen. Seit Jahren können BVB-Fans, die sich auch für die Spiele des BVB II in der Regionalliga West, bzw. in der dritten Liga interessieren, dieses Phänomen beobachten.
Während sich die ersten Spiele in der Hinrunde bei der ersten Terminierungsrunde nur selten mit denen der Profis überschneiden, so kommt es ab der zweiten Terminierungsrunde stets knüppeldick: Parallelansetzungen egal auf welchen Spieltag das Auge blickt. Sicherlich ist der Kernspieltag in der dritten Liga der Samstag, 14 Uhr. Auch wenn das Team von Jürgen Klopp an einem Sonntag in der Bundesliga antritt, sollte man eigentlich vom DFB erwarten dürfen, dass die Spiele der „Zwoten“ weiterhin zur genannten Kernspielzeit angepfiffen werden. Doch dies war in der Vergangenheit und ist leider auch in dieser Saison partout nicht der Fall. So werden auch die Spiele des BVB II konsequent auf jenen Sonntag gelegt – und dies ohne Ausnahme. Betroffen waren in dieser Saison hiervon u.a. die Spiele gegen Chemnitz, Aachen oder Saarbrücken und dies bei Anfahrtswegen der Gästefans von teilweise bis zu 500 Kilometer am Beispiel des CFC.
ZIS antwortet nicht auf Anfrage
Doch wenn man seinen Blick in die Vergangenheit schweifen lässt, so fragt man sich eigentlich zu Recht, wieso und weshalb der DFB bei der Spieltagansetzung überhaupt so handelt. Leidiges Thema ist wie so oft das Thema Sicherheit und so wird man auf Nachfrage beim DFB zum Thema an die ZIS weitergeleitet. Fragt man nun also ganz höflich bei der ZIS an und bittet um Darlegung der Gründe für die Parallelansetzungen, so bekommt man genau die Antwort, die man eigentlich erwartet - nämlich gar keine. Letztlich nicht weiter verwunderlich, zumal es bei den Spielen des BVB II weder in der Vergangenheit, noch aktuell überhaupt ein Sicherheitsproblem gibt. Die Spiele in Burghausen, wo der schwatzgelbe Anhang zusammen mit den Black Side Ultras aufgrund willkürlichen Anordnungen des bayrischen USK vorzeitig das Stadion verließ und später sogar vereint mit vor dem Stadion ausharrte, oder auch das Heimspiel gegen Aachen im Westfalenstadion, wo man das Team von Trainer David Wagner trotz einer miserablen Leistung gegen die Alemannia vorbildlich über neunzig Minuten unterstützte, zeigen mehr als deutlich, dass die Spiele des BVB II sehr großen Zuspruch finden.
Unterschiedliche Darstellungen von Dortmunder Polizei und Karlsruher Fans
Auch in der Vergangenheit waren wir u.a. dreimal in Dresden – wir waren in Jena, Erfurt, Osnabrück oder Aachen. Pyro, Sachbeschädigungen oder Gewalt waren bei diesen Spielen jeweils Fehlanzeige. Nun gut, jetzt werden einige sicherlich die Vorfälle in der Hinrunde 2012/13 gegen den Karlsruher SC anführen. Doch was ist hier letztlich überhaupt geschehen? Laut Polizeibericht stellte sich die Situation wie folgt dar: „Zu massiven Ausschreitungen von Karlsruher Fans kam es am Dienstabend vor dem Drittliga-Spiel BVB II gegen den Karlsruher SC. Etwa 150 Gewalttäter aus den Reihen der Karlsruher Fans stiegen im Bereich auf der B 54 aus ihren Bussen und versuchten den Eingang des Stadions "Rote Erde" zu stürmen. Sämtliche Versuche der Polizei im Vorfeld, kommunikativ auf diese Chaoten einzuwirken scheiterten. Nur unter dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken konnte ein Aufeinandertreffen der Randalierer mit gegnerischen Fans verhindert werden.“ Soweit so gut, wäre da nicht die Darstellung der KSC-Ultras welche sich wie folgt liest: „Wie zu erwarten war, fuhren nun mehrere Mannschaftswagen der Polizei auf, um uns zu begleiten. Zu keinem Zeitpunkt sagte man uns, wir seien falsch oder wir sollten anders laufen. Wir bogen mit der Polizei in eine Straße ab, die zum Stadion “Rote Erde” führte. In dieser Straße wurden wir dann ohne ersichtlichen Grund eingekesselt und ca. 45 Minuten festgehalten. Als es nur noch wenige Minuten bis zum Anpfiff waren, wurde die Gruppe unruhig, da sie pünktlich zum Anpfiff im Stadion sein wollte. Nach einiger Zeit erlaubte uns die Polizei weiter in Richtung Stadion zu laufen. Im Moment, als wir uns in Bewegung setzten, kam von links eine Gruppe Dortmunder Fans vorbei und machte auf sich aufmerksam. Daraufhin hielt uns die Polizei erneut fest.“
Dortmunder Augenzeugen bestätigen eher die Karlsruher Version. Grund genug also für schwatzgelb.de bei der Dortmunder Polizei nachzufragen. „Im Januar 2013 gab es ein Gespräch, an dem auch Vertreter der Polizei Dortmund und Fanbetreuer des KSC teilnahmen. Auch in diesem Gespräch konnte der Sachverhalt nicht übereinstimmend geklärt werden. Die Dortmunder Polizei sieht auch in der Nachbetrachtung keinen Anlass die damalige Presseerklärung zu korrigieren.“, so jedenfalls die eher überraschende Antwort der Polizei Dortmund. Zwischen „45-minütiger Einkesselung“ und „von der B54 zum Eingang zu Rennen um dort den Eingang zu stürmen“ gibt es ja quasi auch so gut wie keinen Unterschied, so dass man auch ein halbes Jahr später nicht zwingend auf einen Nenner kommen muss...
Auch sonst gibt man beim Dortmunder Freund und Helfer nur knappe Infos zu den Amateuren. Obwohl man an der Markgrafenstraße sonst zu den jährlichen Derbys und anderen „Hochsicherheitsspielen“ - jüngst gegen Frankfurt oder beim Pokalspiel gegen Dresden - seine vierstellige Einsatzstärke anpreist, ist man bezüglich der Amateure nicht mehr bereit, auf die Einsatzstärke zu Heimspielen des BVB II gegen Heidenheim, Stuttgart II und Co. einzugehen. Ein fader Beigeschmack bleibt hier also auf jeden Fall bestehen.
Doch gerade das Heimspiel gegen den KSC, wo es mit Sicherheit auch Fehlverhalten auf BVB-Fanseite gegeben hat, ist mehr als ärgerlich. Denn ein Geheimnis ist das angespannte Verhältnis zwischen Dortmund und Karlsruhe nach dem letzten Aufeinandertreffen im Wildpark nun wirklich nicht. Von daher stellt man sich in der Nachbetrachtung schon die Frage, warum die KSC-Fans nach der 45- minütigen Einkesselung auf der Stobelallee nicht einfach über den Parkplatz C2, vorbei am Volksbad zum Gästeeingang der Roten Erde geleitet werden konnten. So hätte letztlich kein schwarzgelber Fan im Ansatz gemerkt, dass sich überhaupt KSC-Fans in der Nähe befinden. So ist es nun einmal passiert und die ZIS hat für den Rest der Saison das Totschlagargument, dass Heimspiele des BVB II ja brandgefährlich seien.
Letztlich könnte man noch auf die Pyroaktion beim Testspiel in der Tönnies-Arena in Wiedenbrück eingehen. Doch letztlich werden alle 420 Zuschauer wissen, dass dies nicht wirklich lohnt. Letztlich eine richtig stumpfe Geschichte der lokalen Presse um die Story zu spinnen, dass BVB-Fans angeblich nur zum Spiel kamen um Schalke-Boss Clemens Tönnies seine kleine aber feine Arena zu verwüsten. Dieser Darstellung kann aber selbst im Ansatz nicht entsprochen werden. Weder gab es Schmähgesänge gegen Tönnies oder gegen unseren westlichen blauen Nachbarn, noch wurde Einfluss auf das Spiel genommen. Wenn ich hier schreiben würde, dass der Schiedsrichter trotz der gefühlten drölf Pyroaktionen nicht einmal (!) das Spiel unterbrochen hat, dann würde mir das eh keiner glauben. Von daher möchte ich darauf auch gar nicht weiter eingehen, wohl aber darauf hinweisen, dass man derartige Aktionen, wenn überhaupt, besser bei einem spärlich besuchten Testspiel durchführen kann, als bei einem Pflichtspiel. Denn das Thema Geldstrafen und Verletzungen durch Bengalofackeln sind schließlich nicht wegzudiskutieren.
Kämpfer Keppmann fehlt
Doch vielen Fans ärgert letztlich auch das Verhalten des eigenen Vereins, da die Spielansetzungen quasi scheinbar regungslos zur Kenntnis genommen werden. BVB-Vereinspräsident Dr. Reinhard Rauball hat auf der Jahreshauptversammlung 2011 auf die Frage aus dem Plenum zu den parallelen Spielansetzungen ganz klar zu verstehen gegeben, dass man sich immer dem Druck der Polizei beugen werde. Und auch KG-Chef Hans-Joachim Watzke, der eigentlich sonst jede Lappalie kommentiert, fällt bei diesem Thema nur durch Schweigen auf. Dabei wäre es gerade jetzt, so kurz vor der letzten Terminierungsrunde so unheimlich wichtig, sich vor das junge Team von BVB II-Coach David Wagner zu stellen. Hier merkt man auch deutlich, dass jemand wie Heinz Keppmann im Verein fehlt, der quasi auf jeder Jahreshauptversammlung nicht müde wurde die „tollen Fans der zweiten Mannschaft“ zu loben und es tatsächlich durch seine guten Kontakte zum DFB schaffte, die ein oder andere Partie zu Gunsten des BVB II verlegen zu lassen.
Denn auch aus sportlicher Sicht sind Parallelansetzungen mehr als prekär. So fehlten beim Parallelspiel in Saarbrücken neben Stammkeeper Zlatan Alomerovic (sein Ersatzmann kassierte drei Gegentreffer) auch Leo Bittencourt (beide als Ersatz auf der Bank in Leverkusen), die vielleicht aufgrund der desaströsen Darbietung des FCS den Ausschlag zu drei wertvollen Punkten gegeben hätten. Gleiches beim Spiel in Karlsruhe, wo man Sturmtalent Balint Bajner an die Bank der Profis abgeben musste. Ein Tor schoss der BVB II gegen den KSC bekanntlich nicht. Aber auch für viele Ergänzungsspieler des Profikaders ist es mehr als ärgerlich, wenn diese höchstens bei Testspielen auf neunzig Minuten Einsatzzeit kommen. Dies bemängelte jüngst auch Jürgen Klopp. Wer erinnert sich nicht noch gerne daran, dass Sven Bender eines seiner ersten Pflichtspiele für Borussia Dortmund beim Auswärtspiel des BVB II beim FC Ingolstadt bestritt (der BVB II gewann mit 0:1)? Wenn wichtige Stützen im Team des BVB II permanent bei den Profis auf der Bank sitzen und es im Gegenzug keine Verstärkung von „oben“ gibt, dann ist es eigentlich so sicher wie das Amen in der Kirche, dass die Saison ähnlich verlaufen wird wie Saison 2007/08 oder 2009/10, nämlich als quasi alle Spiele der Rückrunde parallel zu den Spielen der ersten Mannschaft angesetzt wurden, wichtige Spieler jedoch im Gegenzug zu den Profis hochgezogen wurden und man letztlich in die Regionalliga abstieg.
Was wäre die Alternative?
Besonders deprimierend ist es natürlich, wenn man als Fan der magischen Borussia realisiert, dass der BVB II quasi dafür bestraft wird, dass man die Spiele der Zweitvertretung besucht und man stets als vermeintliches Sicherheitsrisiko dargestellt wird. Irgendwie irre, oder? Dabei würde man die Spiele so gerne besuchen um die Mannschaft unterstützen, damit diese letztlich doch noch die Kurve bekommt und die Drittklassigkeit hält. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass Heimspiele des BVB II gegen Stuttgart II oder Babelsberg 03 vor noch nicht mal fünfhundert Zuschauern nicht gerade für die dritte Liga sprechen und auch die Spieler auf dem Platz sich dabei etwas verloren vorkommen dürften.
Ein Ausweg aus dieser doch recht verzwickten Situation wäre ganz einfach eine verbesserte Kommunikation zwischen Fans, Verein und Polizei. Wie dargestellt, gibt es bei den Spielen des BVB II kein Sicherheitsrisiko, sofern der Gegner in der aktuellen Liga drei nicht gerade Karlsruher SC heißt. Wenn man seitens der Polizei den Fans endlich mal den kleinen Finger reichen würde und die kommenden Spiele von denen der Profis unter der Prämisse loslöst, dass auch diese Spiele in friedfertiger Atmosphäre ausgetragen werden, so könnte man endlich auf beiden Seiten ein gewisses Vertrauen für die Zukunft aufbauen. Da der BVB ja auch mittlerweile fünf hauptamtliche Fanbetreuer stellt, dürfte es kein Problem darstellen, hier quasi als Vermittler zu fungieren. Niemand erwartet sicherlich, dass ein Spiel gegen den KSC nicht parallel angesetzt wird, doch Heim- und Auswärtsspiele gegen Vereine wie Heidenheim, Burghausen, Wiesbaden, Stuttgart und Co. können ohne Bedenken mit schwatzgelben Anhang angepfiffen werden, zumal sich auch der gastgebende Verein bei Auswärtsspielen sicherlich über den ein oder anderen Euro an Mehreinnahmen freuen dürfte.
Denn wenn Derbys in der Westfalenliga wie zwischen Brünninghausen und Aplerbeck mehr Zuschauer anziehen als ein Heimspiel des BVB II, dann läuft im deutschen Fußball gehörig etwas schief.
In diesem Sinne bietet sich am Freitag das vorletzte Mal in dieser Saison die Möglichkeit, das Team von BVB II-Coach David Wagner zu unterstützen. Los geht es gegen Rot-Weiß Erfurt um 18 Uhr in der Roten Erde. Avanti Amateure!
Ferdinand, 20.02.2013
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