Saisoneröffnung – diesmal leider ohne mich
Die Sommerpause ist immer zu lang. Denn auch wenn ich am Ende der Saison übersättigt bin und mich immer ein wenig auf die fußballfreie Zeit freue, spätestens nach ein paar Tagen kreisen die Gedanken doch wieder um den Ballspielverein. Es zieht mich magisch zum Westfalentempel hin, auch wenn ich weiß, dass er nicht von schwatzgelben Massen bevölkert ist, die Fußballflöte nicht schrillt, Borussia nicht hervor tritt und auch keine stets zum Wettspiel bereiten Borussen ihr Tor verteidigen. Egal, ich schleiche um den Sehnsuchtsort herum und die Vorfreude auf die neue Spielzeit wird mit jedem Tag stärker.
Um diesem kalten Entzug in der warmen Jahreszeit schnellstmöglich abzuhelfen, wird traditionell die BVB Saisoneröffnung besucht. Auch wenn der Jahrmarkt uninteressant ist, wenn man nicht zum ganz jungen Borussennachwuchs gehört, wird doch im Stadion wenigstens ein erster Aufgalopp inklusive Vorstellung der Neuzugänge geboten. Auch hier schwankt der Unterhaltungswert zwar von Jahr zu Jahr, denn anstatt des traditionellen Trainingsspielchens wurden beispielsweise auch schon seltsame Wettkämpfe zwischen Spielern und Fans geboten, die man sonst nur aus japanischen Gameshows oder finsteren Cluburlauben kennt.
Doch in diesem Sommer wird die Saisoneröffnung das erste Mal seit vielen Jahren ohne mich stattfinden. Denn der BVB will plötzlich Eintritt für den bislang stets kostenlosen Trainingsauftakt. 4-5€ mag auf den ersten Blick nicht sonderlich viel erscheinen, zumal das Geld den Opfern des Jahrhunderthochwassers zugutekommen soll. Dennoch ist es für mich nicht akzeptabel, diesen Preis zu bezahlen. Die Gründe dafür liegen einerseits in der mal wieder äußerst dürftigen Kommunikation seitens des BVB, andererseits beim Empfänger der „Spenden“ und zudem noch im gebotenen Programm.
Bereits vor einer Woche verkündete der BVB, dass er „zur Unterstützung der Flutopfer mindestens 100.000 Euro spenden und ein Zeichen der Solidarität setzen“ will. Das klang ja auf den ersten Blick sehr gut. Den weiteren Text der Pressemitteilung habe ich nicht gelesen, so dass mir erst mit der heutigen Folgemitteilung zur Saisoneröffnung klar geworden ist, dass der BVB die Mittel nicht aus seinen beträchtlichen Gewinnen aufbringen möchte, sondern die Fans zur Kasse gebeten werden sollen. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, wenn man es entsprechend kommuniziert. Aber unter einer Spende verstehe ich immer noch eine freiwillige Abgabe, bei der ich mir den Empfänger selber aussuche und kein Eintrittsgeld, das ich zahle, weil ich eine Veranstaltung sehen möchte und das vom Veranstalter an einen Dritten seiner Wahl weitergereicht wird. Außerdem erscheint es ungehörig, wenn man eigene Großzügigkeit vorgaukelt, wenn doch eigentlich andere für die Rechnung gerade stehen sollen.
Und mit dem Empfänger der „BVB-Spende“ habe ich noch ein weit größeres Problem. Das Geld soll ja nicht direkt durch den BVB den Flutopfern zukommen, sondern an den BILD hilft e.V. – „Ein Herz für Kinder“ gehen. Nun stehe ich dem Axel Springer Verlag und insbesondere seinem Flaggschiff, der Bildzeitung sehr kritisch gegenüber. Der BILD hilft e.V. wird zudem von diesem gerne dafür genutzt, um einerseits die Zeitung mit herzigen Geschichten zu füllen und andererseits den Verlag und seine Blätter in ein günstiges Licht zu rücken. Zudem scheut BILD hilft e.V. die Offenlegung der Verwendung von Spendengeldern. So wird dem Verein von charitywatch.de bescheinigt, dass er „Handlungsweisen an den Tag (legt), die bei anderen kritisiert werden.“ Es handelt sich mithin um eine Organisation, der ich persönlich unter keinen Umständen Spenden zukommen lassen würde.
Schließlich und endlich wird einem für das Eintrittsgeld noch nicht einmal das geboten, was mich zur Saisoneröffnung ins Stadion treibt: Ein Trainingsspiel der BVB-Profis untereinander. Stattdessen soll man Eintritt dafür zahlen, um als Kulisse der Sat1 Show „Das Duell – Alle gegen den BVB“ zu dienen. Mit dieser verdienen Sympathieträger und BVB-Urgesteine wie O. Pocher, R. Calmund und sogar der im Westfalenstadion seit jeher heißgeliebte Winnie Schäfer ihr Geld. Als angekündigt wurde, dass der BVB bei diesem Format mitwirken würde, hielt ich es noch für eine nervige aber vernachlässigbare Nichtigkeit. Denn es zwingt mich ja niemand, mir den Mumpitz anzugucken. Dass die Show jetzt die Saisoneröffnung stört, nervt dann schon ein Stück mehr. Dass ich dafür Eintritt zahlen soll, einem überflüssigen Format den gewünschten Rahmen zu liefern, finde ich unverschämt.
Als Fazit bleibt ein weiteres Ärgernis in sportlich erfolgreichen Zeiten. Und das miese Gefühl, den kalten Entzug in diesem Jahr noch ein wenig länger aushalten zu müssen als sonst.
web, 14.06.2013
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