Manfred, Erna und der Re-Start der Bundesliga
Manfred fühlte sich verarscht. „Da starten se endlich wieder die Bundesliga und nach zwei Spielen machen se schon wieder Pause. Und warum? Nur wegen der blöden Nationalmannschaft." Nachdem er schon während des Sommers länger als gewohnt auf seine Borussia verzichten musste, war es nun also wieder dieser Jogi, der ihn direkt zu Beginn der neuen Saison einen Strich durch die Rechnung machte. „Und wofür? Da dümpeln se sich erst gegen die Insel-Fischer einen ab und bescheißen sich gegen die Ösis selbst mit Glück. Nur gut, dass der Reus sich nicht ernsthaft verletzt hat." Bei der Aktion nach dem 1:0 des Dortmunder Jungen am Dienstag war Manfred in seinem Fernsehsessel zusammengezuckt. „Da siehste, wofür die Spiele gut sind. Gibt am Ende eh nur Verletzte", hatte er zu seiner Frau gesagt.
Immerhin stellte sich einen Tag später heraus, dass die Verletzung des Spielers des Jahres doch nicht so schlimm war wie zunächst befürchtet. Er wird auch gegen Leverkusen spielen können. Mit wem an seiner Seite, ist wohl noch unklar. „Der Götze hat ja gegen die Faröer, Färoer, Färöer – wie auch immer – der hat ja ganz gut mit dem Reus harmoniert. Würde ich ja gut finden, wenn er mal zusammen mit dem Reus starten würde", propagierte Manni in seiner Stammtisch-Runde am Donnerstag. Und die Chancen auf die Erfüllung des Frührentner-Wunsches dürften gar nicht so gering sein. Zumindest wird Götze sicherlich wieder eine Option für die erste Elf sein und auch Reus ist wohl nicht gerade leicht aus der Mannschaft wegzudenken. Fragt sich nur, wer den dritten Platz im Mittelfeld einnehmen wird. „Luxusprobleme sind dat doch", meint Manfred. „Der Kevin links oder der Kuba rechts oder vielleicht der Perisisch links. Woll'n wa uns mal überraschen lassen."
Überraschen lassen will er sich auch von den Leverkusener Gästen, die zum Auftakt in Frankfurt verloren und eine Woche später gegen Freiburg dreifach punkteten. „Kann man sicherlich schwer einschätzen. Is' auch egal, zu Hause müssen wa die schlagen. Getz geht es ja erst richtig los." Durchaus richtig, wenn man bedenkt, dass am kommenden Dienstag bereits das erste Spiel der Champions League stattfindet. „Da sehen wa dann wohl zum ersten Mal, wo wir stehen. Sowohl in der Liga als auch in dem Champignons Dingen da. Die Erna freut sich auch schon, dass sie mich jetzt erst mal wieder ein bissken los ist." Seine Frau hatte ihn schon wochenlang aushalten müssen, als er sich darüber beschwerte, wie lang es denn noch bis zum ersten Spieltag sei. Das war im Sommer. Und nun in der Länderspielpause war es dann auch nicht besser. „Meinetwegen kann se am Samstag dann den ganzen Tag QVC gucken. Mir doch allet egal. Ich bin inne Tempel und komm eh erst spät nach Hause."
Beim Stammtisch am Donnerstag wurde Manfred auch gefragt, ob er etwas über die Leverkusener weiß. „Wat? Wieso? Wat interessieren mich die Pillendreher denn? Hier, der Trainer heißt so wie unser Stürmer... Aber auch nur, weil die ja letzte Saison keinen Bock mehr auf den Dutt hatten." Mehr weiß er dann aber auch nicht. Dass Bayer das große Talent Samed Yesil kurz vor Transferschluss nach Liverpool schickte, ist gänzlich an ihm vorbei gegangen. Auch Eren Derdiyoks Abgang zu Hoffenheim und Adlers Wechsel zum angeschlagenen HSV war für ihn nur eine Randnotiz. „Aber hier, der Barnetta, der ist jetzt ein Blauer", weiß er immerhin. Ansonsten ließ ihn das alles kalt. Bayer gab durchaus Qualität ab, holte sich in der Innenverteidigung mit Philipp Wollscheid einen der begehrteren Spieler der Liga aus Nürnberg. Auch Daniel Carvajal kam neu zur Werkself. Insgesamt wurde personell viel umgerüstet, auch wenn immer noch Leistungsträger der letzten Saison wie Stefan Kießling, Simon Rolfes oder Lars Bender eine Rolle spielen. „Jau, den Bender kenn ich auch noch. Der durfte beim Löw ja immerhin auch bei der EM mitspielen. Ein bisschen zumindest."
So wird Manfred auch am Samstag um die Mittagszeit wieder in die Stadt tingeln. Erst noch ein paar Bierchen trinken, dann in den Tempel, der mal wieder gut gefüllt sein wird, genau wie die Erwartungshaltung der 80.000 Zuschauer, die einen Sieg über Leverkusen erwarten werden, um gerade nach dem unnötigen 1:1 in Nürnberg wieder drei Punkte einzufahren. Nach Länderspielpausen sind Bundesligaspiele jedoch immer schwer einzuschätzen, erst recht, wenn vor der Pause erst zwei Spieltage ins Land gezogen sind und man sich nur schwer einen Eindruck über bisherige Leistungen machen konnte. So bleibt bei Manfred die Hoffnung auf die Stärken und Tugenden der Vorsaison: „Der Kloppo und seine Jungs werden das schon machen. Hat doch letztes Jahr auch immer funktioniert." Eine Erwartungshaltung, die sich Manfred mit vielen Leuten im Westfalenstadion teilen dürfte. Und damit Erna am Sonntag nicht den ganzen Tag einen unzufriedenen Ehemann ertragen muss, wünscht man sich für den BVB doch umso mehr den zweiten Sieg der Saison. Auch, um für das Spiel gegen Amsterdam in Form zu kommen. „Trotzdem is' das Spiel gegen die Holländer erst Dienstach. Das nächste Spiel is doch immer das schwerste." Drei Euro ins Phrasenschwein, Manni. Oder drei Punkte im Westfalenstadion. Letzteres wäre uns lieber.
Voraussichtliche Aufstellungen:
Deutscher Meister 2012: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Gündogan, Kehl - Blaszczykowski, Reus, Großkreutz - Lewandowski
Auf der Bank: Langerak - Kirch, Santana, Löwe, S. Bender, Leitner, Bittencourt, Perisic, Götze, Schieber
Bayer Leverkusen: Leno - Carvajal, Wollscheid, Toprak, Kadlec - L. Bender, Reinartz, Rolfes (Renato Augusto) - Castro, Kießling, Schürrle
Auf der Bank: Rensing - Carlinhos, Friedrich, Schwaab, Bellarabi, Hegeler, Hosogai, Renato Augusto, Junior Fernandes
Schiedsrichter: Felix Brych (München)
Stadion: ein bis auf 1.000 Gästekarten ausverkaufter Tempel Westfalenstadion
Vanni, 14.09.2012