Der deutsche Meister fährt Boot
Wenn man denn schon deutscher Meister ist und eine megaentspannte, letzte Auswärtsfahrt vor der Brust hat, dann braucht sie auch einen würdigen Rahmen, um diesen großartigen Moment standesgemäß zelebrieren zu können. Dank der Fanabteilung und der von ihr organisierten Fahrt über die Weser zum gleichnamigen Stadion gab es diesen würdigen Rahmen auch.
Vor die vergnügsame Fahrt haben die Fußballgötter und die Städteplaner aber noch die obligatorische Auswärtsanreise per Fanbus gesetzt und so sammelte sich am Samstag um 7.00 Uhr die Besatzung von vier Bussen vor der Nordtribüne des Westfalenstadions. Da am gleichen Wochenende in der Westfalenhalle auch die grandiose Messe „Hund und Heimtier" stattfand, konnte man bereits zu dieser frühen Uhrzeit die ersten Messeaussteller beim Aufwärmprogramm bestaunen. Besonders die Pudel (ein anständiger Wolf leugnet jeden Verwandtschaftsgrad mit diesen Modepuppen), die anscheinend für einen Karl-Dall-look-a-like-Contest gemeldet waren, sorgten für einen ersten echten Hingucker. Das Ergebnis der anscheinend stundenlangen Aufbrezelarbeiten der Besitzerinnen, die augenscheinlich dafür die Zeit beim eigenen Erscheinungsbild eingespart hatten, war wahrhaft ehrfurchtgebietend. Muss man mal gesehen haben. Oder lieber doch nicht.
Die Busfahrt Richtung Norddeutschland verlief so, wie wahrscheinlich jede andere Busfahrt auch. Während die einen noch etwas Schlaf nachholten, begannen andere schon mit dem frühstücken in fester und flüssiger Form. Lediglich ein Bericht in den Ruhrnachrichten verbreitete etwas schlechte Laune. Aber über dieses Thema wurde schon an anderer Stelle genug gesagt. Wo waren wir gleich? Achja, Fahrt nach Bremen. Für Ortsunkundige (oder die, die sich vorher nicht bei Googlemaps schlau gemacht haben) etwas verwirrend, dass da auf einmal die Ausschilderung zum Parkplatz Weserstadion am Autobahnrand begann. Da war doch noch was mit Boot fahren und so. Gut, hätte man sich vorher informiert, hätte man gewusst, dass Achim-Uphusen südöstlich der Hansestadt liegt und der Kutscher unser Gefährt zielsicher über die Autobahn lenkte.
Direkt am Anleger wartete dann auch der Stolz der weißen Flotte der Weser auf uns. Mit allem technischen Schnickschnack ausgerüstet, der bei so einer epochalen Fahrt benötigt wird. Also Bratwurstgrill und Zapfanlage. Sogar das sonst üblicherweise ausgeschenkte Sauerlandbier hatte man gegen Dortmunder Bier ausgetauscht. Zumindest wurde uns das gesagt. Dem Geschmackstest nach zu urteilen, müssen sich jedoch entweder doch noch Resttröpfchen des alten Bieres in der Leitung befunden haben, oder aber man hat etwas Wasser aus der Weser beigemischt.
Nachdem auch die letzten Nachzügler auf dem Schiff angekommen waren, legte das Boot los und es begann eine Fahrt, die wohl allen Beteiligten noch lange als richtig schöner Moment einer Meisterschaft in Erinnerung bleiben wird. Die Niveaulatte wie von Zauberhand auf die richtige Höhe gelegt. Tief genug, um Spaß zu haben und hoch genug, um nicht peinlich zu sein.
Dabei ist der Landstrich um die Weser herum erstaunlich schön. Weite Wiesen, kleine Sandsträndchen und ein toller Ausblick. Gepaart mit blauen Himmel und warmer Sonne also perfekte Rahmenbedingungen für einen Ausflug über die Weser. Das dachten sich wohl auch viele Besitzer kleiner Motorboote, die entweder den Fluss entlang schipperten, oder es sich einfach in einer der vielen kleinen Sandstrandbuchten gemütlich machten. Ein Pärchen nutze die Gelegenheit und Abgeschiedenheit auf ihrem Boot auch offensichtlich für andere Zwecke. Wer wünscht sich in diesem Moment nicht ein vollbesetztes Schiff voller Fußballfans herbei? Der beschäftigte Herr anscheinend nicht, der das Gejohle mit dem ausgestreckten Mittelfinger quittierte.
An Deck des Kahns war die Stimmung hingegen permanent am Siedepunkt. Auf dieser Tour, wo es um nicht viel mehr als den Spaß ging, lag der Alkoholpegel doch leicht über dem Normalmaß. Schon am frühen morgen kreisten, wie es sich für echte Seemänner gehört, die Rum-Flaschen und das perfekte Ausflugswetter tat sein übriges dazu bei. Ausgelassen wurde gefeiert: Ein buntes Potpourie an BVB-Lieder wurde über die Weser gejagt, die am Ufer grasenden Kühe wurden wüst beschimpft (Bullenschweine!) und wer schon einmal mit der FA unterwegs war, weiß um den Kampf gegen Dieter Höcke. Neben dem standardmäßigen „Dieter Höcke raus!" – Gesängen, bekam Dieter diese Forderung, zur Feier des Tages auch noch per Aufkleber und Zaunfahne präsentiert. Er nahm das ganze aber mit dem gewohnt starken Humor gekonnt auf und kann wohl weiterhin auf die Dienste eines Psychiaters verzichten.
Ganz groß dann der Weg am Stadion vorbei Richtung Anleger Bremen City und wieder zurück. Falls es jemand noch nicht mitbekommen hatte, wurde er über das offensichtliche informiert: „der deutsche Meister fährt Boot". Ein einziger Jubellauf am Ufer entlang. Die dicke Meisterhose in XXL. Das komplette Gesangsrepertoire an Meistersongs geschmettert und miteinander gefeiert. Sogar Redaktionskollege Malte eskalierte total und erhob sich von seinem Bankplatz. Ok, das Boot hatte gerade angelegt und wir mussten eh runter, aber es hatte eindeutig was ekstatisches.
Wer nun kein Bad in der Weser nehmen wollte, fand direkt am Anleger dann einen wirklich netten kleiner Biergarten und einen ziemlich kurioser Bratwurststand vor, der zwei Sorten Wurst auf dem Rost hatte. Welche der beiden Sorten man bekam, entschied der Chef vom Stand anscheinend nach dem Zufallsprinzip. Runtergespühlt mit dem lokalen Hakle-Feucht im Glas. Nunja, Geschmack ist Bandbreite und wer Meister werden will, muss sich eh jedem Gegner stellen. Und zu aller Überraschung hatte man quasi zum Abschluss der Bootstour sogar noch ein Fußballspiel organisiert. Leider erweckte das Geschehen auf dem Rasen nicht all zu viel Interesse. Weder auf der Tribüne, noch bei den Spielern auf dem Platz. Sei's drum, Meister dürfen das.
Alles in allem eine tolle Art, die Saison ausklingen zu lassen. Zusammen mit Freunden und viel guter Laune. Einfach eine richtig schöne und erinnerungsreiche Fahrt. Vielen Dank an die Fanabteilung für die Organisation. Uns allen wurde ein toller Tag beschert.