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...Uwe Hünemeier: "Der BVB ist schon jetzt wieder erschreckend stark"

03.08.2011, 21:19 Uhr von:  Tim
...Uwe Hünemeier: "Der BVB ist schon jetzt wieder erschreckend stark"
Hünemeier Jubel

Seit einem knappen Jahr spielt Uwe Hünemeier nun für den FC Energie Cottbus und hat gleich in seiner ersten Saison den Durchbruch zum Stammspieler geschafft. Nach 10 Jahren im Dress des BVB entschied sich der 25-jährige Innenverteidiger im letzten Sommer für einen Wechsel und damit für den nächsten Schritt in seiner Karriere. Im Interview mit schwatzgelb.de blickt er auf seine Zeit in Dortmund zurück, wo er seit 2000 nicht nur vers chiedene Jugendmannschaften durchschritt und später in 150 Spielen für die Zweitvertretung auf dem Platz stand, sondern auch fünf Bundesligaspiele absolvierte. Außerdem erklärt Hünemeier seine Torgefährlichkeit und äußert sich über die lehrreiche Zeit unter Jürgen Klopp.

schwatzgelb.de: Uwe, Sie sind jetzt in Ihre zweite Saison hier in Cottbus gegangen. Wie fühlen Sie sich in Bezug auf die Mannschaftskollegen und das Umfeld beim FC Energie Cottbus?

Uwe Hünemeier: Ich fühle mich hier richtig wohl. Was die Mannschaft und die Kollegen angeht, ist natürlich ein immenser Umbruch vonstatten gegangen in den letzten Jahren. Jeder hatte mit Cottbus stets eine Ansammlung von Spielern aus dem Ostblock verbunden. Seitdem Pele Wollitz hier ist, hat sich das ja komplett verändert. Es spielen viele junge deutsche Spieler und vom Klima her haben wir eine super Truppe. Es macht wirklich richtig Spaß.

schwatzgelb.de: Welche Rolle haben die Ex-Borussen Kruska und Brzenska gespielt, bei der Entscheidung nach Cottbus zu wechseln?

Uwe Hünemeier: Es war natürlich ein gutes Zeichen, absolut. Wichtig für mich waren aber vor allen Dingen die Gespräche mit dem Trainer. Er hat mir einen sehr guten Eindruck vom Verein gegeben, von seinen Vorstellungen vom Fußball. Natürlich konnte ich mich bei den Jungs vorher informieren. Kruse war ab und zu dann auch in Dortmund und man konnte mit ihm in Ruhe darüber reden. Das war natürlich hilfreich. Jetzt fühle ich mich in meiner Entscheidung bestätigt und habe den Schritt nicht bereut.

schwatzgelb.de: Nach knapp zehn Jahren in Dortmund, im Ruhrpott, wie ist es, jetzt in der Lausitz zu leben?

Tim im Gespräch mit Uwe Hünemeier

Uwe Hünemeier: Wir haben hier ein beschauliches Umfeld. Ich wohne mit meiner Familie ein Stück außerhalb des Stadtzentrums, so finden wir die Ruhe, die wir brauchen. In Dortmund habe ich auch nicht in der City gelebt, sodass ich die beiden Städte gar nicht richtig vergleichen kann. Die Menschen hier sind auch total offen, Riesenunterschiede zu meiner Heimat gibt es also gar nicht. Aber natürlich ist das hier alles etwas kleiner, familiärer, weniger hektisch, auch was die Medien betrifft. Hier kann man seine Aufgaben erledigen und sich voll auf Fußball konzentrieren. Ich glaube, das ist eines der Erfolgsgeheimnisse des FC Energie.

schwatzgelb.de: Viele Fans des BVB werden sich bestimmt noch an das Spiel erinnern, in dem Sie Ihr Bundesligadebüt gefeiert haben, die hart umkämpfte 1:2-Heimniederlage gegen Bayern im Dezember 2005. Wie war das damals für Sie?

Uwe Hünemeier: Ich kann mich sogar noch sehr gut daran erinnern. Das Debüt in der Bundesliga vergisst man ohnehin nie. Markus Brzenska war ja zu der Zeit auch noch da und hatte einen Bänderriss. Er absolvierte in der Woche zuvor einen Belastungstest. Da wusste ich, es kommt darauf an, ob er fit wird. Brenner saß dann zwar auf der Bank, aber Trainer Bert van Marwijk hatte mir schon Mittwoch oder Donnerstag signalisiert, dass ich zum Einsatz kommen werde. Es war extrem aufregend, dann gleich gegen die Bayern das erste Bundesligaspiel zu bestreiten. An dem Samstagmorgen hat es geschneit und ich dachte kurz daran, dass das Spiel vielleicht ausfallen könnte. Das sind so komische Gedanken, die man hat, obwohl man ja weiß, dass der Rasen beheizt ist. Im Spiel selbst war ich dann völlig fokussiert. Am Ende haben wir zwar knapp verloren, aber gegen den haushohen Favoriten eine richtig gute Leistung gezeigt mit einer jungen Truppe, die nichts zu verlieren hatte.

schwatzgelb.de: Letzte Saison haben Sie 30 Spiele in der Zweiten Liga bestritten, waren Leistungsträger und Führungsspieler bei Cottbus. Haben Sie damit gerechnet, dass es so schnell geht, nachdem Sie in den letzten Jahren vorrangig in der Zweiten Mannschaft des BVB zum Einsatz kamen?

Uwe Hünemeier: Ehrlich gesagt, habe ich gedacht, dass ich den Sprung schnell schaffen kann, weil ich ja auch in Dortmund mit den Profis trainiert habe, unter Bundesligabedingungen. Ich bin dann hier hergekommen und hatte eine richtig schwere Vorbereitung, wo ich körperlich relativ kaputt war. Ab dem vierten Spieltag war ich dann Stammspieler, so wie ich es mir vorgestellt und gewünscht hatte. Im Nachhinein bin ich natürlich hochzufrieden mit der ersten Saison, es lief richtig gut. Ausruhen werde ich mich darauf allerdings nicht.

Uwe Hünemeier im Spiel gegen den FCI

schwatzgelb.de: So manch schwarzgelber Fan hat sich verwundert die Augen gerieben, dass Sie theoretisch bis zum 25. Spieltag der Vorsaison noch im Rennen um die Torjägerkanone waren. Neun Tore zum Saisonende als Innenverteidiger. Was ist ihr Geheimnis?

Uwe Hünemeier: Da wir mit Nils Petersen den Torschützenkönig der Zweiten Liga gestellt haben, war das kein "Rennen". Aber klar, ich fühle mich vorne richtig wohl, vor allem bei Standards. Ich mache gern Torschusstraining, arbeite beidfüßig an meiner Schusstechnik und verfüge über ein recht gutes Timing beim Kopfball. Sicherlich profitiere ich auch davon, dass ich früher Stürmer war, noch bevor ich nach Dortmund gekommen bin und weiß daher vielleicht, wie ich mich zu bewegen habe. Ich lauere auch immer auf Torchancen, versuche zu antizipieren. Aber es muss schon einiges zusammen kommen und bedarf mehr als eines gewissen Torinstinkts, um neun Tore zu erzielen.

schwatzgelb.de: Durch die Wechsel der Leistungsträger Petersen, Jula, Shao und der Verletzung von Markus Brzenska rücken Sie mit ihrer Erfahrung und ihren Fähigkeiten noch mehr in den Mittelpunkt. Kommt Ihnen diese Rolle entgegen, gerade auch bezüglich der weiteren Entwicklung?

Uwe Hünemeier: Ich denke, dass Brenner und mir auch bisher große Verantwortung bei der Organisation der Mannschaft zukam. Er ist der Chef, aber eher ein ruhigerer. Sicherlich muss ich jetzt meinen Nebenmann noch mehr coachen und ihn führen, dieser Rolle bin ich mir bewusst und übernehme sie auch gerne. Dadurch werde ich mich wieder ein Stück weiter entwickeln.

Uwe Hünemeier spielt beim FCE, Lasse Sobiech bei St. Pauli

schwatzgelb.de: Zum Ende der letzten Saison kamen Gerüchte über mögliche Interessenten für Sie aus Liga Eins auf. War es zwischenzeitlich ein Thema für Sie zu wechseln?

Uwe Hünemeier: Wo die Gerüchte damals herkamen, weiß ich bis heute nicht. Sicherlich ist es ein erfreuliches Zeichen für mich und eine Bestätigung meiner Leistung, dass ich schon nach einer Saison in den Fokus anderer Vereine gerückt bin. Das ist sicherlich auch Folge der neun Tore. Wobei ich mir schon bewusst bin, dass ich mich im Abwehrspiel sicherlich noch stabilisieren kann. Das Interesse anderer Vereine dokumentiert, dass man auf dem richtigen Weg ist. Aber ich fühle mich hier so wohl, dass ich noch keine Veränderung will und brauche.

schwatzgelb.de: Das Ziel ist aber zumindest mittelfristig wieder Bundesliga zu spielen in den kommenden Jahren?

Uwe Hünemeier: Die Bundesliga ist mein Ziel, absolut. Am liebsten natürlich mit Energie. Da muss man allerdings erstmal schauen, wie es läuft. Wir müssen uns erst wieder finden, hatten aber schon einen sehr guten Saisonstart mit sechs Punkten aus den ersten beiden Partien.

schwatzgelb.de: Als Jürgen Klopp das Ruder bei der Borussia übernahm, hatte er sich schnell auf Hummels/Subotic als Innenverteidiger-Duo festgelegt. Wie groß waren in den ersten beiden Jahren unter Klopp Ihre Hoffnungen, in der Innenverteidigung regelmäßiger zum Einsatz zu kommen?

Uwe Hünemeier: Alle drei, also auch Felipe Santana, waren zu diesem Zeitpunkt sogar noch jünger als ich und sind richtig gute Abwehrspieler. Die drei haben einfach wenig Anlass gegeben, da was zu verändern. Jürgen Klopp hat relativ früh gesagt, dass er in der Innenverteidigung ungern wechselt. Und man sieht, dass beide die letzten Jahre quasi durchgespielt haben. Das spricht dafür, dass der Trainer alles richtig gemacht hat und die Spieler nicht so viel falsch. Deswegen fand ich es auch vergangenen Sommer mehr als fair vom Trainer, mir zu sagen, ich muss den nächsten Schritt machen, wenn ich die Möglichkeit habe. Das war absolut in Ordnung.

Subotic: Das sind richtig gute Jungs, nicht nur auf dem Platz

schwatzgelb.de: Also blicken Sie auf die letzten Jahre ohne Wehmut zurück und haben sicherlich viel gelernt, unter anderem von Hummels und Subotic?

Uwe Hünemeier: Absolut. Das sind richtig gute Jungs, nicht nur auf dem Platz. Aber vor allem von der Zeit unter Jürgen Klopp habe ich profitiert. Ich war zwischenzeitlich unter Trainer Thomas Doll ausschließlich in der zweiten Mannschaft. Und unter Jürgen Klopp konnte ich dann im Bundesligakader trainieren, was mich enorm weiter gebracht hat. Auch dadurch haben sich 2010 einige Optionen ergeben und ich habe mit dem FC Energie einen richtig guten Verein gefunden.

schwatzgelb.de: Gibt es noch Kontakt zu Spielern des aktuellen BVB-Kaders?

Uwe Hünemeier: Ja, ab und zu schon. Ich hatte in der letzten Saison noch Kontakt zu Nuri Sahin, zu Mats Hummels und zu Neven Subotic. Primär dann aber auch zu Sebastian Tyrala und Sebastian Hille, mit denen ich in der zweiten Mannschaft gespielt habe. Vereinzelt also schon. Sogar zu meiner Hochzeit.

schwatzgelb.de: Wie haben Sie die Meistersaison der Borussia erlebt, ging der Blick ab und an zum BVB und den starken Auftritten in der Bundesliga?

Uwe Hünemeier: Natürlich, so oft es ging. Ich habe zwar selbst kein Sky abonniert, aber so oft wie möglich Spiele angeschaut. Es war die Saison der Borussia, einfach begeisternd. Ich war zehn Jahre da, dann fühlt man wie ein Fan. Ich kenne die meisten Jungs persönlich, da macht es einfach Freude zuzuschauen und die Bindung ist eine ganz andere als für neutrale Beobachter. Ich habe relativ früh gewusst, dass sie das Ding ziehen können. Für Dortmund war die Saison 2010/11 einfach nur überragend.

schwatzgelb.de: Last but not least: Was trauen Sie dem BVB in dieser Saison in der Bundesliga zu?

Uwe Hünemeier: Ich glaube, in der Meisterschaft wird es wieder unter die ersten Drei gehen. In den Vorbereitungsspielen war der BVB schon wieder verdammt gut drauf, für die Konkurrenz schon erschreckend stark. Borussia hat sehr gute Neuzugänge geholt was die Breite des Kaders angeht. Ich traue ihnen wirklich viel zu. Die Frage wird sein, ob die Mannschaft nach dem Titelgewinn so gierig bleibt.

Vielen Dank für das Interview, Uwe. schwatzgelb.de wünscht dir und dem FC Energie Cottbus viel Erfolg in der laufenden Saison

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