Spielbericht Jugend

Eine neue Liebe...

18.05.2005, 00:00 Uhr von:  Jakob
Eine neue Liebe...
Derbysieger, Derbysieger, hey, hey!

...ist wie ein Sieg auf Sch***e, was einmal war ist vorbei und vergessen und zählt nicht mehr. Heute fängt ein neues Leben an und der Derbysieg ist "schuld" daran, alles ist so wunderbar, dass man es kaum verstehen kann!

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 11:50 Uhr:

Tobis Mama hat es tausendfach verdient, Derbysiegerin zu sein. Erst ein Frühstück, dass wahrhaftig eines Derbysiegers würdig ist und dann auch noch der Transfer zum Dortmunder (Stadt der Derbysieger) Hauptbahnhof.

Wir sehen von weitem dass die "Dortmunder (Stadt der Derbysieger) Treppe" bereits ein nettes Bild abgibt. Dort sitzen lauter Derbysieger, sie wissen es nur noch nicht!

Wir auch nicht, und aus diesem Grund haben wir wieder dieses flaue Gefühl in der unteren Magengegend, wie vor den letzten 14 Derbys auch. Wir gewannen keines davon.

Wir setzen uns zu den anderen schwarzgelben Gestalten auf der Treppe und harren der Dinge die da kommen mögen. Das einzige, was unsere Laune neben dem Gefühl im Magen trübt, sind die rassistischen Lieder, die bereits zu so früher Stunde gesungen werden. Es ist nur noch traurig wie viele junge Leute diesen Schrott mitsingen ohne nur einmal das Gehirn einzuschalten. Schwatzgelb.de wird in einem gesonderten Artikel über diese Problematik berichten.

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) ca. 13:20 Uhr:

Besuch in der Turnhalle

Die Sonderzüge fahren nicht - wie geplant - um 12:57 und 13:23 Uhr, also mit einer halben Stunde Differenz ab, weil am völlig überfüllten ersten Sonderzug die Lok kurzfristig den Geist aufgibt. Wir sitzen entspannt im zweiten Zug und kommen doch eher an. In der hässlichsten Stadt der Welt erwartet uns die übliche Sonderbus-Flotte. Die Polizei wartet die Ankunft des zweiten Sonderzuges ab und kutschiert letztendlich alle Sonderzugfahrer gleichzeitig zur Turnhalle.

Die Route der diesjährigen kostenlosen Stadtrundfahrt soll uns wohl einmal mehr die malerischsten Seiten von Gelsenkirchen näher bringen, was ihr auch durchaus gelingt. Nach der 300. verfallenen, grauen, hässlichen Hausfassade bekommen wir das Zirkuszelt zu Gesicht und der Puls steigt.

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 14:15 Uhr:

Wir erreichen den Vorplatz des Gästeeingangs, der nach dem gleichzeitigen Eintreffen aller Sonderbusse völlig überfüllt ist. Dass sich das bei ganzen vier Drehkreuzen auch nicht sonderlich schnell ändert, verwundert keinen vor Ort. Alle Verantwortlichen, die im Vorfeld der WM 2006 ihren blinden Aktionismus gegen aktive Fans mit Sicherheitsbedenken begründen, sollten in eine Horde Engländer gestellt werden, wenn diese vor den vier Drehkreuzen eine Stunde auf den Einlass wartet!

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 15:15 Uhr:

Wir passieren eines der vier Drehkreuze und eilen gen Gästeblock und suchen uns einen Platz im unteren Teil des Käfigs. Zum Einlaufen der Mannschaften präsentieren uns die GEler eine kleine Choreographie, in der sie uns mitteilen, dass sie 14 Spiele lang gegen uns nicht verloren haben und uns aus der Festung jagen wollen. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit sollten am Ende Welten liegen.

Doch nun wieder zu uns:

Die Stimmung im Gästeblock ist eigentlich von Beginn an gut bis sehr gut. So manches Lied bleibt einem vor Anspannung in der Kehle stecken, oder weil mal wieder ein Blauer allein vor Roman Weidenfeller auftaucht. Das Spiel wird von den Blauen dominiert und die Erwartungshaltung sinkt von Minute zu Minute in Richtung Schadensbegrenzung.

Einzig Roman Weidenfeller scheint sich zum Ziel genommen zu haben mindestens Unentschieden zu spielen, hält was es zu halten gibt und noch viel mehr. Im Kopf beginnen wir bereits, uns auszumalen, wie Weide wohl in Bronze gegossen aussähe, doch unsere Überlegungen werden jäh unterbrochen.

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 15:47 Uhr:

Sebastian Kehl, seines Zeichens Inbegriff des Dortmunder Aufwärtstrends in der Rückrunde, köpft nach einer Ecke das 1-0 für die Guten!

Wahnsinn ist eine Untertreibung für das, was sich in diesem Moment abspielt. Leute purzeln durch die Gegend. Wildfremde Menschen liegen sich in den Armen und wir sind die glücklichsten Menschen der Welt - leider nur für 2 Minuten, denn Tomas Waldoch scheint etwas gegen dieses schwarzgelbe Glücksknäuel im Gästekäfig zu haben. Er köpft zwei Minuten später den Ausgleich und alles ist wie immer. Das flaue Gefühl kehrt zurück und man versucht verzweifelt die Gedanken an vergangene Derbys zu vertreiben. Dazu spielen die Blauen weiter nach vorne und bringen unsere Abwehr ein ums andere Mal ins Schwimmen.

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 16:13 Uhr:

Gästeblock in der Turnhalle

In der 43. Minute zeigt unsere Mannschaft, dass sie nicht mehr nur ein zusammen gewürfelter Haufen lustloser Stars sind, sondern dass sie am heutigen Tage nur eins wollen: Dieses Spiel gewinnen!

Florian Kringe kämpft und wurschtelt sich auf der linken Seite durch und ballert aufs Tor. Heimeroth im Tor der Blauen kann den Ball zwar abwehren, gibt Kringe aber eine zweite Chance. Den Ball plötzlich wieder am Fuß schaltet er schnell und legt ihn vorbildlich in die Mitte, wo Lars Ricken bereits nur darauf wartet, das entscheidende Tor im diesjährigen Derby zu schießen.

Diesmal ist der Jubel im Gästeblock noch ausgiebiger und geiler. Wie soll man beschreiben, was man einfach erlebt haben muss. Eine Explosion der Gefühle, denn das einzig wahre Ziel eines BVB-Fans rückte immer näher. Dieses Mal dürfen wir uns auch etwas länger über das Tor freuen, denn Schiri Wack pfeift pünktlich zur Halbzeit.

In der Halbzeit gibt es kleinere Reibereien im Stadioninneren am Rande des Gästebereiches. Dort durchbrechen einige Fans den Zaun der Blaue von Gelben trennen soll. Die Situation wird jedoch schnell von den Beamten vor Ort bereinigt.

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 16:30 Uhr:

Die zweite Halbzeit wird zum reinen Nerven-Spiel und die Unterstützung aus dem Block wird immer weniger. Wie zugeschnürt sind die Kehlen der Fans im Block. Die Gelsenkirchener Vorort-Kicker spielen unsere Jungens an die Wand und erarbeiten sich eine Chance nach der anderen. Als die letzten Minuten laufen, stehen wir nur noch wie erstarrt in unserem Käfig, alleine mit unseren Gedanken, die in diesem Augenblick rasen. Das gesamte Derbyleben läuft vor dem inneren Auge ab und das flaue Gefühl im Magen wird stärker und stärker. Tränen schießen in die Augen. Die Anspannung wird unerträglich. Wir vergraben unsere Gesichter in den zum Gebet gefalteten Händen und unsere Ohren wollen eigentlich nur eines hören: Den Schlusspfiff.

3 Minuten Nachspielzeit werden zur Ewigkeit. Der Blick ist fast nur noch auf den Schiedsrichter gerichtet. Fast beschwörend, als könne man dem Kerl durch reine Willenskraft den entscheidenden Pfiff entlocken.

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 17:19 Uhr:

Die Mannschaft feiert mit den Fans

Um Punkt 17:19 Uhr blickt er auf die Uhr und macht den seelischen Grausamkeiten ein Ende. Sieben Jahre und 90 Minuten mussten wir warten: Endlich Derbysieger!

Tränen fließen. 7 Jahre Schmerz, Trauer und Enttäuschung müssen raus, bevor die Freude sich endlich richtig ihren Weg bahnen kann. Wir liegen uns minutenlang in den Armen und kämpfen uns durch den Block um jeden unserer Wegbegleiter zu herzen.

Währenddessen tanzt die Mannschaft in Richtung Gästeblock und die Spieler freuen sich wie kleine Kinder. Wenn man in die Gesichter blickt, erkennt man, dass diese Freude ehrlich ist, und nicht gespielt. Nicht nur auf den Derbysieg haben wir gewartet, sondern auch auf eine Mannschaft, die es verdient für unseren BVB zu spielen. Diese Spieler tragen den BVB im Herzen und wir tragen sie im Herzen.

Sie wollen mit uns feiern, wie die Mainzer und setzen sich hin in der Erwartung einer Humba. Doch nicht alle unsere Profis scheinen die Spiele der Mainzer zu verfolgen. So will das Ganze nicht so recht gelingen. Aber wen stört das schon. Wir sind Derbysieger!!!

Samstag 14.05.2005 (Tag des Derbysieges) 17:45 Uhr:

Nachdem die Jubelorgien leicht abgeebbt sind, verlassen wir Derbysieger den Block in Richtung der Busse, wo dann die Party weitergehen sollte.

Nach dem Spiel verteilt ein Sponsor der Blauen noch eine Jahresration Körperpflege in Form einer Deodorant-Probe an die Blauen auf dem Parkplatz. Es wäre schön, wenn solche Aktionen künftig bereits vor dem Spiel stattfinden würden. Der Angstschweiß nach drei nicht gewonnenen Derbyheimspielen in Folge dürfte in Zukunft schließlich noch eher zunehmen.

Am Hauptbahnhof in GE bleibt gerade noch Zeit, ein Derbysieger-Bierchen für die Rückfahrt im Derbysieger-Sonderzug zu organisieren, dann geht es auch schon zurück.

In Dortmund angekommen verteilen sich die Fans in alle Richtungen und wir fahren in die "Sonne" um dort weiterzufeiern. Es tut gut, die vielen Fans nach einer derart schweren Saison so ausgelassen feiern zu sehen.

Nach dem Warmtrinken in der "Sonne" geht es in den Westpark um dort weiterzufeiern. Auf dem Weg dorthin müssen einige Autofahrer dran glauben und Derbyfeierlichkeiten über sich ergehen lassen. Nein. Wir haben nix kaputt gemacht, sondern friedlich gefeiert.

Doch der Wettergott scheint Vorfahren in GE zu haben, denn er schenkt uns Regen zum Derby-Fest. So ziehen wir weiter und landen schließlich in der Haltestelle Möllerbrücke wo die Festlichkeiten ihrem Höhepunkt entgegen gehen. Nach etlichen Sektduschen und Polonaisen löst die Polizei die Feierlichkeiten auf und man verteilt sich in die umliegenden Kneipen um die Nacht zum Tag zu machen.

Wir kehren tief in der Nacht dorthin zurück, wo alles begann und fallen glücklich ins Bett.

Wir sind Derbysieger.

Unsere Mannschaft ist Derbysieger.

Dortmund ist Derbysieger.

Der BVB ist Derbysieger.

Tobis Mama ist Derbysiegerin.

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