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...Hans-Joachim Watzke: "Felsenfest überzeugt, dass es klappt"

11.03.2005, 00:00 Uhr von:  Desperado09
...Hans-Joachim Watzke: "Felsenfest überzeugt, dass es klappt"

Seit knapp einem Monat ist Hans-Joachim Watzke Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Gleichzeitig fungiert der Sauerländer als Schatzmeister des Vereins. schwatzgelb.de sprach mit ihm über seine Arbeit, seine Rolle in den vergangenen anderthalb Jahren und natürlich über die Molsiris-Versammlung am kommenden Montag.

schwatzgelb.de: Herr Watzke, Sie sind jetzt seit einem knappen Monat Geschäftsführer beim BVB. Sie wohnen im Hotel gegenüber der Geschäftsstelle - wie schläft man da?

Watzke: Ich schlafe grundsätzlich nicht so gut, daher hat sich nicht viel geändert. Aber es ist schon eine große Umstellung in den Lebensumständen.

schwatzgelb.de: Hätten Sie geglaubt, dass der BVB einmal in eine finanziell derart schwierige Situation kommt?

Watzke: Als Schatzmeister des Vereins nicht. Ich dachte, wir wären gesund. Aber ich werde hier keine Schuldzuweisungen an meinen Vorgänger als Geschäftsführer, Gerd Niebaum, machen. Das gehört sich nicht.

schwatzgelb.de: Sie haben die Aktion 40.000 angeschoben. 24.000 Mitglieder hat der BVB inzwischen. Nennen Sie drei Gründe, Mitglied zu werden.

Watzke: Da könnte ich auf Anhieb 30 gute Gründe nennen. Der erste Grund ist sicherlich, dass man als Mitglied seine Identifikation mit dem Verein zum Ausdruck bringen kann. Es ist ein Zeichen der Solidarität, in dieser schwierigen Zeit zum BVB zu stehen. Zweitens ist es deutlich geworden, dass der Verein einen größeren Einfluss auf die KGaA haben muss. Diesen Einfluss hat man nur als Mitglied. Drittens ist die Fanabteilung ein guter Grund. Sie spielt eine starke Rolle und bietet die Möglichkeit, sich in den Verein einzubringen.

schwatzgelb.de: Wie stellen sich eigentlich die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche zwischen KGaA, also Ihnen und Herrn Meier, und der Vereinsführung um Präsident Rauball dar? Wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Watzke: Die Zusammenarbeit mit Rauball funktioniert außergewöhnlich gut. Es gibt wenige Menschen, denen ich so viel Vertrauen entgegenbringe. Seine Wahl zum Präsidenten war eine der Voraussetzungen, dass ich mich in der Geschäftsführung engagiere.

schwatzgelb.de: Rauballs Einsatz wurde auch als Signal verstanden, Verein und KGaA stärker voneinander zu trennen. Sie bekleiden wiederum Ämter in Verein und KGaA. Sehen Sie da einen Interessenkonflikt?

Watzke: Nein. Im Verein und in der KGaA zu wirken, ist kein Widerspruch. Allerdings ist es diskutabel, wenn der Präsident des Vereins auch Geschäftsführer der KGaA ist. Ich hänge aber nicht am Posten des Schatzmeisters. Höchstens emotional, da ich sehr am BVB hänge. Aber die wichtigen Aufgaben stehen ohnehin in der Geschäftsführung an. Und um einen Interessenkonflikt zu vermeiden, bin ich im Übrigen nicht mehr Mitglied des Präsidialausschusses.

schwatzgelb.de: Dr. Rauball wurde als Präsident von Borussia Dortmund recht bald von Verträgen überrascht, die noch in den Schubladen schlummerten und ihm nicht bekannt waren. Sind Sie auch schon überrascht worden?

Watzke: Nein, noch gar nicht. Ich war innerlich auf einiges eingestellt.

schwatzgelb.de: Wussten Sie auch, dass schon seit Weihnachten an einem Sanierungskonzept gearbeitet wurde? Da waren Sie ja "nur" Schatzmeister des Vereins.

Watzke: Da war ich schon über die Vorgänge informiert.

schwatzgelb.de: Wie bewerten Sie ihre eigene Verantwortung als Schatzmeister für die bedrohliche Krise der Borussia?

Watzke: Ich hatte eine reine Kontrollfunktion. Meine Zustimmung war nie gefragt. Ich habe in den Gremien intern Kritik geübt, was natürlich mein Verhältnis zu manchen Leuten im Verein belastet hat.

schwatzgelb.de: Sie galten immer als Kritiker. Wie hat denn Michael Meier reagiert, als ausgerechnet Sie sein Co-Geschäftsführer werden?

Watzke: Wie er insgeheim reagiert hat, weiß ich natürlich nicht. Wir arbeiten aber sehr kollegial und konstruktiv zusammen.

schwatzgelb.de: Wenn Sie intern mit Ihrer Kritik nicht weitergekommen sind - welche Auswege gab's dann noch? Es gab Gerüchte, Sie seien der Maulwurf im Verein.

Watzke: Nein, das war ich nicht. Das ist gestreut worden, um mir zu schaden. Man sollte auch nicht öffentlich Kritik üben. Niebaum und Meier haben ja nicht alleine gehandelt. Sie hatten in den Gremien die deutliche Mehrheit hinter sich.

schwatzgelb.de: Was macht Michael Meier eigentlich so unentbehrlich für Borussia Dortmund?

Watzke: Kontinuität ist wichtig. Alleine hätte ich in den vergangenen vier Wochen nicht alles aufarbeiten können. Meier kennt alle Zusammenhänge.

schwatzgelb.de: Die Fans wüssten gerne, wie es mit Meier weitergeht?

Watzke: Darauf habe ich keinen Einfluss, da ich nicht mehr im Präsidialausschuss sitze. Und mich jetzt über Michael Meiers Zukunft zu äußern, wäre unkollegial.

schwatzgelb.de: Kommen wir zur Molsiris-Abstimmung am Montag. Welche Folgen hätte eine Insolvenz der KGaA für den Verein? Ließe sich die Lizenz kurzfristig auf den Verein übertragen?

Watzke: Ich glaube nicht, dass das so einfach ginge. Ich mag dieses Szenario aber auch gar nicht durchspielen. Es gibt ja auch keinen "Plan B" für den Fall, dass die Molsiris-Versammlung unser Konzept ablehnt. Wir müssen die Anleger davon überzeugen, rational zu entscheiden, nicht emotional. Es gibt keinen Grund, dem Konzept nicht zuzustimmen. Es würde ja niemand Geld verlieren. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das Sanierungskonzept klappt.

schwatzgelb.de: Welche Auswirkungen hätte das Aus für den BVB auf die Stadt Dortmund?

Watzke: Das ist nicht auszumalen! Das wäre der absolute Worst Case. Die Menschen hier leben mit Borussia. Ich bin auch froh, dass sich Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer in den Kontrollgremien engagiert und dass alle Fraktionen im Rathaus hinter dem BVB stehen. Der emotionale Stellenwert von Borussia ist unglaublich hoch. Die Stimmung beim Spiel gegen Mainz war fantastisch. Dieser Zusammenhalt der Westfalen, das motiviert auch mich.

schwatzgelb.de: Was würde es denn für Sie persönlich bedeuten, wenn es keinen BVB mehr gäbe?

Watzke: Daran darf ich gar nicht denken. Das wäre so, als würde ein Familienmitglied sterben. Da läuft's mir eiskalt den Rücken runter. Borussia wird immer ein Teil meines Lebens sein. Ich gehe seit 39 Jahren zum BVB. Mein erstes Spiel habe ich 1966 in der Roten Erde gegen 1860 gesehen. Das war eine Niederlage. Damals hatten sich schon alle auf die Meisterschaft gefreut, und dann verloren wir das entscheidende Spiel. Seit dem Wiederaufstieg habe ich eine Dauerkarte. Ich weiß noch, wie ich beim Aufstiegsspiel gegen Nürnberg auf der Südtribüne gestanden habe. Es war brütend heiß - solche Sachen vergisst man einfach nicht.

schwatzgelb.de: Ist diese Emotionalität und die Treue der Fans zum Verein nicht das größte Argument für die Fonds-Zeichner, dem Konzept zuzustimmen?

Watzke: Wenn 75 Prozent der Anleger aus Dortmund kämen, würde ich mir keine Sorgen machen. Aber ich weiß, dass die meisten überhaupt keine Verbindung zum BVB haben. Darum müssen am Sonntag im Stadion alle Fans zeigen, wie wichtig ihnen der BVB ist. Alle müssen hinter der Mannschaft stehen, auch wenn sie in Rückstand geraten sollte. Die Zeichner werden an dem Tag nach Dortmund schauen. Da muss ein Signal von uns allen ausgehen. Borussias stärkstes Plus sind doch die Fans, die immer hinter dem Verein stehen. Das macht uns doch stärker als jeden anderen Verein.

schwatzgelb.de: Was müssen Sie jetzt noch bis Montag alles erledigen?

Watzke: Natürlich noch viel vom Tagesgeschäft. Aber ich stehe selbstverständlich in ständigem Kontakt zu den Anlegern. Ich kann nur die Zeichner immer und immer wieder aufrufen, unser Konzept zu unterstützen. Wegen des Datenschutzes kenne ich nicht die Namen der Anleger. Daher muss ich den Weg über die Medien nehmen. Außerdem haben wir eine E-Mail-Hotline für die Anleger. Da beantworten wir alle Fragen. Ich bin rund um die Uhr telefonisch erreichbar.

schwatzgelb.de: Montag, 10 Uhr, soll die Versammlung in Düsseldorf starten. Nehmen wir an, Sie bekommen die Zustimmung. Was passiert dann?

Watzke: Dann haben wir ein klares "Go!" und können auch wieder besser schlafen. Wir werden dann beinahe 50 Prozent des Westfalenstadions wieder in unseren Besitz bringen. 2017 würde es uns dann komplett wieder gehören. Wir werden eine junge Mannschaft mit Spielern aus der Region haben. Wir würden mit einem vernünftigen Etat arbeiten?

schwatzgelb.de: "der aber hoffentlich größer wäre als der von Freiburg"

Watzke: Freiburg hat im Schnitt ungefähr 23.000 Zuschauer. Wir haben 77.000. Nein, wir orientieren uns mehr am Bremer Modell.

schwatzgelb.de: Die Bremer müssen aber immer wieder Spieler verkaufen.

Watzke: Ich sehe das Bremer Modell so, dass Spieler verkauft werden, die ihren Zenit erreicht oder etwas überschritten haben. Dafür werden junge, hungrige Leute nachgeholt. Aber wir müssen auch keine Spieler verkaufen. Wir müssen nicht jedes Jahr international spielen.

schwatzgelb.de: Herr Watzke, vielen Dank für das Gespräch und viel Glück für Montag.

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