Im Gespräch mit...

...Gerd Pieper - 100 Prozent Borusse (Teil 2)

10.03.2004, 00:00 Uhr von:  Arne Wade
...Gerd Pieper - 100 Prozent Borusse (Teil 2)

Über eine Stunde lange hat uns Sponsor und Aufsichtsratsmitglied Gerd Pieper Rede und Antwort gestanden. Während der erste Teil des Gesprächs sich vorwiegend um seine persönliche Beziehung zum BVB drehte, waren im zweiten Abschnitt in erster Linie die Finanzen des BVB Thema.

Hier findet ihr den ersten Teil des Interviews

schwatzgelb.de: Wir haben jetzt über die Wechselwirkung des sportlichen Erfolges bzw. ausbleibenden Erfolg als Grund für die finanzielle Schieflage geredet. Es sind aber jetzt in der Halbjahresbilanz gerundet 30 Millionen Euro Verlust, diese 30 Millionen wären doch aber selbst bei einer Champions-League-Teilnahme nicht eingespielt worden, oder?

Gerd Pieper: Soweit ich mich erinnere – die genauen Zahlen weiß ich nicht – bringt die Vorrunde in der Champions League über 20 Millionen. Wenn man dann noch die nächste Runde erreicht, bekommt man weit über 30 - hängt natürlich auch davon ab, wie viele deutsche Mannschaften dann noch dabei sind. Das heißt, mit Sicherheit wäre das kein großes Thema, wenn wir die Vorrunde oder sogar die Zwischenrunde erreicht hätten und vielleicht sogar in das Viertelfinale oder Halbfinale gekommen wären. Bei voller und bester Mannschaftsbesetzung ohne die vielen Verletzungen – das geht jetzt immer weiter unter, aber wir haben ein halbes Jahr mit über zehn verletzten Stammspielern auskommen müssen – wäre das ja nicht abwegig gewesen. Also so unmöglich und unrealistisch war das nicht. Wenn wir hier vor einem Jahr gesessen hätten, dann hätte ich auch gesagt: Mit der Mannschaft ist ohne Zweifel ein Viertelfinal- oder Halbfinal-Erreichen möglich! Und dann wären auch mehr finanzielle Mittel da gewesen. Leider ist die Verletzungsmisere dann losgebrochen, in einer Form, wie wir es noch nie bei Borussia und im ganzen deutschen Fußball wohl noch nicht erlebt haben. Damit ging einher natürlich auch das Ausscheiden aus allen Wettbewerben und das hat die Situation verschärft.

Wir haben natürlich auch eins getan vom Verein, bzw. die Verantwortlichen haben das in der Vergangenheit getan, nämlich ein Stadion gebaut, das nicht mit öffentlichen Mitteln zustande gekommen ist. Und bis auf München, glaube ich, sind alle Stadien in Deutschland mit öffentlichen Mitteln, sprich mit Steuermitteln bezahlt worden. Jetzt werden wir hierfür bestraft, dass wir keine öffentlichen Mittel in Anspruch genommen haben. Das ist natürlich auch nicht so schön, aber wir wollten da halt auch besonders seriös und verantwortungsvoll sein und keine Steuermittel in Anspruch nehmen. Auch die Stadt Dortmund hat mehr von Borussia profitiert als umgekehrt.

schwatzgelb.de: Allerdings bezieht sich das 30-Millionen-Defizit der Halbjahresbilanz lediglich auf die Hinrunde der laufenden Saison und somit maximal auf die Vorrunde der Champions League. Zudem wurden die Spielergehälter aufgrund der verpassten Teilnahme gesenkt. Hätte der BVB an der Champions League teilnehmen können, wären hier demzufolge auch höhere Ausgaben bei den Spielergehältern vorhanden gewesen. Ein Defizit, wenn auch nicht in so erheblichem Ausmaß wie jetzt vorliegend, wäre in der Halbjahresbilanz also doch in jedem Fall vorhanden gewesen – leider eben auch bei der Teilnahme an der Champions League. Ist das richtig?

Gerd Pieper: Ja.

schwatzgelb.de: Wenn Sie sich das Medienecho betrachten, was zuletzt losgetreten wurde, wie ist Ihre persönliche Meinung dazu?

Gerd Pieper: Also was sicherlich im Verein nicht so registriert worden ist, war die Tatsache, dass mit dem Börsengang verbunden eine enorme Publizität in Kreisen geweckt worden ist, die über den sportlichen Rahmen hinausgingen. Mit dieser Reaktion in diesem Umfang hat man wahrscheinlich nicht gerechnet. Aber Borussia ist jetzt ein börsendotierter Verein und der Börsengang war auch richtig und hat auch viele Investitionen in Beine und Steine, wie man so schön gesagt hat, auch erst ermöglicht. Aber dass dann eben Analysten, Börsenleute, Wirtschaftsredakteure und auch andere Medien, die sich sonst um Sport nicht kümmern, plötzlich nicht den Verein Borussia Dortmund, sondern das Unternehmen Borussia Dortmund anders beurteilt und bewertet haben, das war in der Dimension sicherlich nicht vorhersehbar. Aber die Geister, die man rief, die kriegt man eben nicht mehr los.

Und wenn es, wie in der Wirtschaft ja auch in anderen Unternehmen mal nicht so läuft, stürzen sich natürlich alle darauf. Ich möchte wetten, wenn alle anderen Bundesligavereine ihre Bilanzen auflegen würden nach den strengen Maßstäben, wie sie jetzt bei Borussia Dortmund heranzuziehen sind, dann würde es bei vielen Vereinen auch nicht mehr so rosig aussehen. Aber da gelangt es halt nicht an die Öffentlichkeit, weil es eben Vereine sind und keine börsennotierten Unternehmen. Es hat auch keiner bisher geprüft, ob die Anleihe bei Schalke 04 auf die Dauer wohl das Optimalste ist, da werden wir vielleicht auch noch mal Überraschungen erleben, wenn der sportliche Erfolg nicht mitzieht.

schwatzgelb.de: Nun gut, es fällt in der Tat auf, dass sich aus der Liga wenige Leute äußern. Glauben Sie, dass dort die Sorge mitspielt, dass man ihnen sonst auch etwas genauer auf die Finger schaut?

Gerd Pieper: Ja, das muss man sehen: Es gibt derzeit keinen Verein, der so durchleuchtet ist wie Borussia Dortmund. Keinen! Und damit muss man fertig werden. Aber ich bin sicher, dass man das erkannt hat und da in der Zukunft auch entsprechend aufklärender verfahren wird.

Aber ich wiederhole mich noch einmal: Wir haben heute den ersten März. Letztes Jahr am ersten März, wenn wir hier gesessen hätten, hätte man mit dieser Mannschaft nicht vermuten können, dass wir uns nicht für die Champions League qualifizieren und aus allen Wettbewerben ausscheiden. Wer das gewusst hätte, hätte damals sagen sollen: Bitte keine neuen Ausgaben, keine neuen Spieler usw., aber das hat keiner gesagt. Ich kann mich an keine Stimme erinnern, die sich damals so geäußert hat. Auch als zu Beginn der neuen Saison Spieler verletzt waren, hat man ja neue Spieler geholt. Bergdölmo, Jensen, Conceicao - und da hat auch keiner gesagt, wir bräuchten das nicht und das könnten wir uns nicht erlauben, weil jeder immer noch geglaubt hat, dass mit dem Einsatz dieser Spieler die sportliche Qualifikation zur Champions League noch erreicht wird.

schwatzgelb.de: Es gibt unter vielen Fans die Meinung, dass eine Anleihe eine zu große Last für die Zukunft wäre und eine Vermarktung des Stadionnamens den Verlust von Tradition bedeuten würde. Wie ist Ihre Meinung zu diesen beiden Themen?

Gerd Pieper: Eines ist klar: Man muss immer abwägen im konkreten Fall: Was können wir uns erlauben und was müssen wir tun? Und letztlich, das gilt auch für ein Unternehmen: Wenn’s schwierig wird, dann darf es kein Tabu geben, eine Lösung zu finden. Wenn sie mich persönlich fragen, wäre ich natürlich sehr glücklich, wenn wir mit dem einen oder anderen Spielerverkauf hinkämen und nichts anderes machen müssten. Aber ich würde auch andere zwingende Fragen, die zum Wohle des Vereins sind, ernsthaft prüfen. Wenn es sein muss!

schwatzgelb.de: Aber die Sorge, dass so eine Entwicklung weitergeht, ist bei den Anhänger groß. Es gibt viele warnende Beispiele, hier sei nur Eishockey oder Basketball genannt, wo ganze Vereinsnamen mit einem Sponsor ergänzt werden. Oder in Ländern wie Österreich, wo die Fußballklubs Sponsorennamen tragen und in völlig anderen Trikotfarben herumlaufen. Viele Fans haben die Sorge, dass das auch irgendwann mit dem BVB passiert, dass mit dem Verkauf des Stadionnamens also eine Bewegung in Gang gesetzt wird, die dann nicht mehr aufzuhalten ist. Wie sehen Sie das?

Gerd Pieper: Also ich glaube, es gibt kaum einen Verein, bei dem die Tradition so gepflegt wird, wie bei Borussia Dortmund. Ich glaube, es gibt keinen Präsidenten, ich kenne zumindest keinen, der so viele alte Spieler und alte Strukturen in die Gremien zurückgeholt hat. Auch die alten Meistermannschaften sind noch da, die sind bei jedem Spiel anwesend, werden eingebunden und nicht vergessen. Da muss ich sagen, hat es Niebaum sehr gut verstanden, Tradition und Moderne miteinander zu verbinden.

Ich glaube, dass ist ganz vorbildlich. Ich werde nicht vergessen, wie man bei einem Bankett vor dem Spiel gegen Real Madrid, was dann ja immer im Hotel Lennhof stattfindet, mit dem Präsidenten Von Real Madrid zusammen saß. Wenn Niebaum bei einem solchen Anlass spricht, spricht er über die Tradition des Vereins und der Alois Scheffler singt dann auch noch mit 80 Jahren das Vereinslied. Da hat der Präsident von Real Madrid ganz schön geguckt! Also da ist Borussia Dortmund, was die Verbindung auch mit der Tradition angeht, unschlagbar, und das ist auch ein Grund, weshalb mir der Verein so sympathisch ist.

Deshalb kann ich mir eigentlich persönlich überhaupt nicht vorstellen, dass es zu den von Ihnen angesprochenen Dingen kommt. Der Vereinsname und die Vereinsfarben, das ist so zwingend festgeschrieben, dass man das nicht verändern darf, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass sich da jemals etwas tut. Alle anderen Dinge sind wirtschaftliche Überlegungen, da muss man mal abwarten, aber ich habe vorhin auch schon gesagt, wie ich die Reihenfolge sehe.

schwatzgelb.de: Da hat es ja auch im Sport extrem kuriose Blüten getrieben, dass Lizenzen von München nach Hamburg verkauft werden, um dort ein Team aufzubauen.

Gerd Pieper: Nein, sehen Sie: Deshalb ist ja auch die Konstruktion, die Dortmund gewählt hat, eine sehr kluge Konstruktion. Wir haben keine Aktiengesellschaft, wir haben eine KG auf Aktien. Das bedeutet, die letzte Entscheidung liegt immer noch im Verein. Der Verein kann nicht überstimmt und somit auch nicht verkauft werden ohne seinen Willen. Vorfälle wie beim AS Rom oder beim FC Chelsea, wo ein reicher Mann aus dem Osten oder wo auch immer herkommt und einen ganzen Verein kauft, das geht bei Borussia Dortmund nicht.

Das heißt, eine feindliche Übernahme einer Aktiengesellschaft geht bei der Konstruktion von Borussia Dortmund nicht. Und das ist sicherlich auch ein Verdienst von Dr. Niebaum, der genau erkannt hat, dass wir uns finanzielle Mittel erschließen müssen, auch durch einen Börsengang, aber dass der Verein immer das letzte Wort haben muss.

schwatzgelb.de: Dr. Niebaum ist ein gutes Stichwort. Es gibt ja zwei Meinungen. Zum einen vertreten Leute die Ansicht, dass der Vorstand für die derzeitige Lage verantwortlich ist und folglich auch dieser Vorstand die Sache beheben muss. Auf der anderen Seite bekommt man aber auch den Eindruck, dass Stimmung gegen den Vorstand gemacht wird, manche Leute sprechen gar von einer Kampagne, die da gefahren wird. Wie ist da Ihre Meinung? Haben Sie den Eindruck, dass gezielt Stimmung gegen den Vorstand gemacht wird?

Gerd Pieper: Das ist schwierig, dazu etwas zu sagen. An solchen Dingen möchte ich mich auch nicht beteiligen, das steht fest. Ich habe auch kein Verständnis dafür, dass sich einzelne Leute, innerhalb und außerhalb des Vereins persönlich profilieren wollen zu Lasten des Vereins. Das kann ich nicht verstehen! Ich meine, man muss jedem Menschen, wenn mal etwas nicht so gelaufen ist, wie man es sich vorgestellt hat, auch die Chance geben, das zu korrigieren. Das erlaubt man jedem Politiker, jedem Künstler, jedem Unternehmen und das muss man jeder Geschäftsführung eines Vereins auch erlauben. Ich kann nur Dr. Niebaum ermuntern weiterzumachen, weil ich überzeugt bin, dass er der einzige ist, der das Schiff wieder in die richtige Bahn bringen kann. Ich hoffe, dass er da Pol hält und sich nicht beirren lässt.

schwatzgelb.de: Aber bestimmte Strömungen aus dieser Richtung gibt es schon, ja? Also quasi eine Opposition, wie häufiger in der Zeitung stand?

Gerd Pieper: Eine Opposition ist für mich nicht erkennbar, das sage ich ganz deutlich. Aber es mag einzelne geben, die ihr Süppchen kochen wollen. Wenn es eine solche Opposition innerhalb des Vereins geben würde, hätte diese sich ja eigentlich auch auf der Aufsichtsratssitzung zeigen müssen.

schwatzgelb.de: Auf eben dieser Sitzung hat der Aufsichtsrat die Maßnahmen der Geschäftsführung einstimmig unterstützt. Mann sehe die Möglichkeit, dass der Verein so finanziell wieder ins richtige Fahrwasser gebracht werden kann. Auch Ihre Meinung?

Gerd Pieper: Wir haben der Geschäftsführung unser Vertrauen ausgesprochen für die Entscheidungen, die anstehen, und wir haben auch keine Alternativen dazu gesehen. Leute, die sich wichtig machen wollen, die gibt es immer, die kann man nicht verhindern. Mal sehen, wir werden im November die nächste Hauptverhandlung haben und die wird dann sicher lebhafter als die letzte, die ja sehr harmonisch gelaufen ist.

Aber wir wollen auch sehen, was bis dahin passiert ist. Wenn – aktuelles Beispiel – sich ein guter oder sehr guter Spieler den Arm bricht, macht das die Situation auch nicht leichter. Oder wenn Sunday Oliseh beim VfL Bochum fristlos gekündigt wird und er ab 1. Juli wieder offiziell bei Dortmund ist, ist es auch schwierig, eine gute Lösung zu finden.

schwatzgelb.de: Also was wohl die meisten Fans fürchten und was sicher gar nicht passieren darf, ist eine Schlammschlacht. Egal ob das jetzt irgendwelche Hintermänner sind, die Interna in die Presse tragen, oder Meier und Niebaum selbst: Wichtig ist ja in allererster Linie der Verein und zu dessen Wohl sollte ja gerade eine solche Schlammschlacht verhindert werden.

Gerd Pieper: Also, wie gesagt: Das Fußballgeschäft ist ein anderes als einen normaler Betrieb oder ein normales Unternehmen zu führen, und ich habe mich gerne dazu bereit erklärt mitzuarbeiten, weil ich den Verein mag, weil ich über 20 Jahre Mitglied bin und viele Höhen und Tiefen miterlebt habe. Das heißt, neben unternehmerischem Sachverstand muss auch immer Herzblut dabei sein, und ich habe bei allen anderen im Vorstand im Moment das gleiche Gefühl, dass ihnen der Verein das wichtigste ist und nicht ihre eigenen Interessen. Wir haben eine ganz klare Kompetenz und ein ganz klares Verhalten, wie wir miteinander umgehen, besprochen und da stehen wir zu. Und wir lassen uns durch andere nicht auseinander dividieren. Ich hoffe oder ich bin sicher, dass das auch keiner schafft.

schwatzgelb.de: Das klingt so, als wäre die Situation für sie eher sogar noch ein Ansporn - Sie sagten ja auch, Sie seien bislang in Ihrem Leben immer so verfahren - jetzt eher noch mehr „Gas zu geben“, anstatt sich zurückzunehmen?

Gerd Pieper: Ich habe nie Angst vor der Zukunft gehabt, denn wenn man Angst vor der Zukunft hat, hat man sie schon verloren. Insofern wäre es mir natürlich lieber, wenn Borussia Dortmund an erster, zweiter, dritter Stelle stünde und diese Probleme nicht hätte, aber ich bin auch guten Mutes – ohne natürlich genau zu wissen, was sich noch ergibt – dass wir da, wo wir rein gekommen sind, auch wieder heraus kommen. Das wird allerdings nicht von heute auf morgen zu lösen sein, da werden wir dieses Jahr und nächstes Jahr noch eine Menge mit zu tun haben, dann es gibt ja oftmals auch langfristige Verträge, die man nicht so einfach beiseite schieben kann. Ich wüsste in Dortmund jedenfalls keine Alternative – jedenfalls ist mir keine bekannt – außer der jetzigen Geschäftsführung, die Borussia Dortmund zu den absoluten Spitzen im europäischen Fußball geführt hat, die in der Lage wäre, zu sagen „ich kann alles besser“.

schwatzgelb.de: Kommen wir zurück zum Thema Bilanz. Wäre in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit den Bilanzen anderer Vereine mal interessant?

Gerd Pieper: Ja, die von Schalke würde ich gerne mal sehen.

schwatzgelb.de: Gut, dann könnte man sich sicherlich ein vernünftigeres Bild davon machen als Fan. Wenn nicht nur Borussia jetzt so dramatisch dastände, sondern auch andere Vereine, von denen noch gar keiner redet, in einer ähnlichen Situation wären, dann wäre es ja vom Grundsätzlichen her kein alleiniger Fehler der Vereinsführung, sondern eher allgemeine Ligatendenz, auch aufgrund der Kirch-Problematik. Wenn aber tatsächlich nur Borussia so dastünde, sähe die Sache wiederum anders aus.

Gerd Pieper: Eins ist klar: Ich würde gerne mal die Bilanzen, die echten Bilanzen, aller Bundesligavereine sehen. Man muss ja nur mal ins Ausland gucken, beispielsweise nach England, wenn man da mal Manchester United ausnimmt, oder nach Frankreich, Italien, Spanien. Da gibt es sicherlich auch manche Dinge, die dramatisch schlecht und schwierig aussehen. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass Dortmund – ich komm immer wieder darauf zurück – beim Stadionausbau eben keine Steuermittel in die Hand genommen hat wie alle anderen, dann haben sie eben sehr viel geleistet.

Und wenn die Qualifikation – und das ist wirklich der Knackpunkt in der ganzen Geschichte – nicht in allen Bereichen verfehlt worden wäre, wäre es vielleicht auch ein bisschen enger gewesen, aber eben nicht so dramatisch wie heute.

schwatzgelb.de: Also muss man zumindest in diesem Bereich dem Vorstand zugestehen, dass mit dem Ausscheiden und obendrein dem Verletzungspech nicht in dem Maße gerechnet werden konnte?

Gerd Pieper: Zum Schluss kam eben auch Pech dazu, aber man muss im Sport eben eigentlich auch manche Eventualitäten bedenken. Aber es bleibt dabei: Diese Politik hat über zehn Jahre Erfolg gehabt und es war vor einem Jahr nicht erkennbar, dass es sich mal so entwickeln würde. Und jetzt dauert es eben etwas mehr als ein Jahr, um die Sache wieder ins Lot zu bringen.

schwatzgelb.de: Zumal es ja nicht einfacher wird, sportlichen und damit auch wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, wenn jetzt drei, vier Spieler den Verein verlassen und durch junge Spieler ersetzt werden, richtig?

Gerd Pieper: Das Verheerende an der Situation ist, dass man über die kritischen Phasen von Borussia Dortmund spricht und damit natürlich auch die Möglichkeit, Spieler zu verkaufen, erschwert - eben durch diese Schlammschlacht.

Also Dortmund wird mit Sicherheit diese Überlegungen in Erwägung ziehen, aber es darf nicht so sein, dass andere Vereine oder mögliche Käufer das Gefühl haben, Dortmund muss auf jeden Fall diesen oder jenen Spieler um jeden Preis verkaufen. Das wird Dortmund nicht tun, man darf nicht erpressbar sein.

schwatzgelb.de: Da muss man dann also auch mal einen Spieler bewusst behalten, weil beispielsweise ein Rosicky, der einen Bilanzwert von 28 Millionen besitzt, für 15 Millionen Euro verschenkt wäre, da diese Summe trotz recht schwacher Leistungen in dieser Saison nicht seinem Marktwert entspricht?

Gerd Pieper: Ja, damit sprechen Sie genau ein ganz schwieriges Thema an. Aber gerade diesem Thema möchte ich keine spekulative Nahrung geben, weil das keinem hilft. Das schadet eher dem Verein.

schwatzgelb.de: Dafür haben wir natürlich Verständnis und danken Ihnen herzlich für das Gespräch!

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