Fußball offline

Kurvengänge...

04.05.2004, 00:00 Uhr von: Gastautor

... wird der werten Leserschaft als erster Fußballroman einer Frau angepriesen. Das Buch spinnt eine Geschichte rund um das Leben einer Fanin beim 1. FC-Köln. Aus fast jeder Zeile wird deutlich, dass die Autorin Daniela Schulz mit Haut und Haaren ihrem Club verfallen ist.

Ihre Fußballkompetenz ist nicht nur DSF-Stammtisch-tauglich. Sie spricht mit dem, was sie rund ums Spielgeschehen schildert, dem gemeinen Fan tief aus dem Herzen, denn ihr genügt es nicht "einen You´ll Never Walk Alone-Schal für läppische 10 Euro um den Hals zu schwingen."

Der Club besitzt oberste Priorität. Kein Wunder: Daniela Schulz ist Mitbegründerin der "Always-Ultras-Cologne", einer Mädchenkombo, die dem ein oder anderen bekannt sein dürfte.

Oft fühlte ich mich beim Lesen an die unzähligen Erlebnisse des Wochenendes erinnert, wenn wir den Jungs in schwatzgelb hinterher reisen.

Jeder von uns kann wohl nur zustimmend nicken, wenn sie den Empfang beim Gastverein wiedergibt: "Provoziert fühle ich mich durch das gummiknüppelschwingende Großaufgebot der Staatsmacht genau wie alle Mitgereisten. Ich kriege eine Wut, denn ich bin doch ein ganz normales, friedliches Mädchen, das gerne Fußball schaut. Nur weil ich heute zu den Gästefans gehöre, sieht man in mir eine potentielle Fußball-Verbrecherin."

Mittels der Titelheldin Fabienne, ihres Zeichens FC-Fan, erfährt man von Schikane am Gästeeingang, von Choreos, die mit dem Argument "Brandschutz" verboten werden von einem erbitterten Widerstand gegen den Auftritt von drittklassigen Cheerleadern, Motto: "Rettet den Club - nur Fußball, sonst nichts".

Mit einem Schuss Ironie und jeder Menge liebevollen Details werden die Fantypen beschrieben, die wohl jeder Verein zu bieten hat: Da gibt es die "Puffkutte" und jeder hat nach kurzer Bedenkzeit wohl raus, wie der holde Bursche zu diesem Namen gelangt...

Oder "Kriss" von den Ultras 93, stets für einen Pyrostreich zu haben. Er tauscht Fotos von ausländischen Choreos und schwärmt von Intros und fettem Support.

Außerdem gibt es "Ben" aus der Intellektuellen-Fraktion der Szene, stets ohne Fanutensilien unterwegs. Er hat alle Bücher von Nick Hornby gelesen und liebt den britischen Fußball. Die Fanfamilie, immer mit Kind und Kegel unterwegs, darf natürlich im bunten Mix nicht fehlen.

Soweit ein wirklich lesenwertes Buch. Selbst Fabiennes Leben neben dem Fußball widerspricht mit Prosecco und den Kommilitoninnen in der Szene-Bar so wohltuend dem üblichen Klischee eines Fußballfans.

Aber leider, leider widmet die Autorin einen Großteil des Buches der Schwärmerei zu einem Fußballstar und spätestens hier wird ein Vorurteil bestätigt, gegen das man sich als Frau im Stadion ja immer wieder wehren muss: "Ihr guckt doch nur auf die knackigen Hintern und nicht auf den Ball."

Zunächst verliebt sich Fabiennes Freundin Kiki in den Spieler, der liebevoll "Steini" genannt wird und kauft natürlich sofort das neue Trikot mit seinem Namen "Kiki bibbert beim Anblick des 80 Euro teuren Fetzens vor Aufregung".

In einer Hals-Über-Kopf-Aktion erstellt sie dem Angebeten fürs nächste Spiel auch noch eine schicke Zaunfahne. Zunächst betrachtet Fabienne diese Schwärmerei mit einer gesunden Portion Humor und als Leser darf man mit ihr zusammen über den Spleen der Freundin lachen. ?Ich meine, ich habe es hier mit einer spätpubertierenden Freundin zu tun.

Das ist kein Spaß. Ich werde psychologischen Beistand bitter benötigen. Später verguckt sie sich in selbigen Spieler, als sie während eines Zeitungspraktikums die Mannschaft kennenlernt.

Jetzt nimmt das Thema einen Großteil der Handlung ein und die Geschichten rund um die Fanszene treten in den Hintergrund. Fanfrau ist verliebt in Spieler gewinnt die Oberhand. Schade, dass dieses Thema das Buch derart dominiert, ich hätte es sonst jedem wärmstens ans Herz gelegt...

Kurvengänge
Von Daniela Schulz
Erschienen im Verlag Edition Stefan
Preis: 8,80 €