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"Vorne falllen die Tore" ein Buch von Rainer Moritz

29.12.2003, 00:00 Uhr von:  Jakob
"Vorne falllen die Tore" ein Buch von Rainer Moritz
© Amazon

Er ist rund. Er ist Emotion. Er ist Lustobjekt. Er ist Lebensinhalt. Er ist Lebensfreude. Er ist unberechenbar. Er bewegt und wird bewegt. Er schwirrt durch die Gedanken. Er hat viele Berühmtheiten hervorgebracht - Auf dem Platz und auch daneben. Er ist für viele mehr als die wichtigste Nebensache der Welt. König Fußball

Nun ließe sich diese Aufzählung endlos fortsetzen, doch gibt es viel schönere Wege, dem Fußball die ihm gebührende Ehre zuteil werden zu lassen.

Zum Beispiel mit "Vorne fallen die Tore", erschienen im Verlag Antje Kunstmann (2002).

Diese (etwas andere) Chronik des Fußballs besteht aus Anekdoten, Gedanken und Geschichten rund um das runde Leder. Über seine Vielfalt haben die berühmtesten Persönlichkeiten philosophiert und einige haben versucht ihn zu analysieren. Von großen Sportsmännern, wie Sepp Herberger, Fritz Walter, Franz Beckenbauer, Rudi Völler oder Sepp Maier bis hin zu Philosophen, wie Jean-Paul Sartre und Sokrates und Schriftstellern, wie Nick Hornby, Günter Grass und Rainer Maria Rilke: Sie alle kommen in diesem geordneten Sammelsurium an Fußballweisheiten, Gedichten, Liedtexten und sachlichen Erläuterungen zu Wort.

Ich möchte im Folgenden eine Kurzbeschreibung der Inhalte geben.

Wolltet ihr schon immer mal wissen, wie sich die Schiedsrichterpfeife in den Jahren entwickelt hat - Nein - Dann lest einfach drüber hinweg und widmet euch dem Stuttgarter Professor Karl Planck, der 1898 über die "akulturelle Betätigung minderbemittelter Grobiane" eine Kampfschrift mit dem Titel "Fußlümmelei" veröffentlichte. Er sollte in der Geschichte nicht der einzige Gegner des "verderblichen Ballsportes" bleiben. (Anmerkung des Schreiberlings: Heutzutage dürfte wohl leider das öffentliche Bild des Fanseins dieser Beschreibung entsprechen).

Doch von der inoffiziellen "Erfindung" des Fußballs bis hin zu dieser öffentlichen Verurteilung mussten 4595 Jahre vergehen.

Denn bereits im Jahre 2697 v. Chr. wurde in China das ts'uh küh (küh = den Ball; ts'uh = mit dem Fuß spielen) erfunden. Eine dem Fußball sehr ähnliche Sportart. Allerdings streiten sich die Historiker, ob nicht dem griechischen Apopudobilia (4. Jh. v. Chr.) die Entstehung des Fußballsports zu verdanken sei. Auch heute noch lässt sich über dessen Herkunft wohl vortrefflich streiten. Gut so.

Natürlich darf bei einem Buch über Fußball eine Ode an das Spielgerät nicht außen vor bleiben. Und so kommt hier der uruguayische Dichter Eduardo Galeano zu Wort, der die Entwicklung des Spielgerätes ganz nüchtern analysiert: "Er war aus Leder und mit Bast ausgestopft, der Ball der Chinesen. [...] Heute misst sein Umfang sechzig Zentimeter, und er besteht aus Poliuretan auf Polyäthylenschaum-Basis [...]". Andere wiederum fassten sich da doch erheblich kürzer. Wie zum Bleistift Sepp Herberger mit seinem Legendarium "Der Ball ist rund." oder Tschick Chajkovski mit der Aussage "Der Ball ist eine Kartoffel.".

Das Spiel drum herum wird auf den folgenden Seiten in all seinen Facetten erklärt. Über das Thema Derbys - auf das leider nicht sehr intensiv eingegangen wird - gelangt man nach einigem Lesen zum Thema Abseits. Diesem Thema hat Hans Hummel ein lesenswertes Gedicht gewidmet, welches auch noch ein weiteres Thema intendiert: Frauen beim Fußball. Die damit verbundenen Konflikte erläutert Nick Hornby sehr anschaulich.

Im weiteren Verlauf der Chronik gibt es Erzählungen zum Fußball und dessen Rolle in der NS-Zeit. Auch die WM 1954 mit dem Wunder im Wankdorf-Stadion zu Bern lässt der Autor durch Zitate von Fritz Walter wieder lebendig werden.

Doch neben geschichtlichen Ereignissen wendet sich das Buch ab und an wieder den elementaren Dingen des Fußballs zu und hinterfragt diese. Die Zahl elf zum Beispiel. Dieser magischen Zahl widmet sich Christoph Bausenwein und versucht zu erklären, was es mit dieser auf sich hat. Auch weitere Elemente des Spiels wie der Einwurf (zu diesem Thema gibt es einen solchen vom Schriftsteller Manfred Hausmann), oder die Mauer werden satirisch genauestens unter die Lupe genommen.

Das Jahrhundert Tor 1966, Das WM-Halbfinale 1970, Der EM-Sieg 1972, Das Sparwasser-Tor 1974 - das sind die folgenden geschichtsträchtigen Ereignisse, zu denen dieses Buch Zeitzeugen befragt. Und hier darf natürlich der Fehlschuss eines Uli Hoeneß bei der EM 1976 nicht fehlen. Auch ein schmachvolles und ein skandalöses Spiel gegen Österreich findet im Folgenden einen Platz. Zeitzeugen beschreiben sowohl aus deutscher, als auch aus österreichischer Sicht, die "Schmach von Cordoba" (1978) und das "ekelerregende Stillhaltespiel" von Gijon (1982).

Mit zunehmender Aktualität widmet sich das Buch nicht mehr so sehr den Großereignissen selbst, sondern eher dem Drumherum. Das WM-Lied der so erfolgreichen Weltmeisterschaft 1990 wird nochmals "intoniert" und Giovanni Trappatonis Wutausbruch als Bayern-Trainer in Schrift gefasst. Überhaupt spiegelt sich die Dominanz der Bayern im vergangenen Jahrzehnt auch in dieser Chronik wieder: Es wird sowohl von der tragischen (aus anderer Perspektive: erheiternden) Niederlage im CL-Finale gegen Manchester-United berichtet, als auch von der Wiedergutmachung zwei Jahre später gegen Valencia.

Zu guter Letzt findet man eine Rezension der Autogrammkarte von Rudi Völler durch Herlinde Koelbl, die rein interpretativ, witzig und doch treffend ist.
Der Querpass durch 4699 Jahre Fußballgeschichte in dieser Chronik wirkt an einigen wenigen Stellen zwar etwas lahm, was jedoch nicht an der Art des Geschriebenen oder den Inhalten liegt, sondern eher am themenspezifischen Desinteresse des Einzelnen. Allerdings ist das schöne an diesem Werk, dass man die Stellen, die einem weniger interessant vorkommen, einfach überlesen kann und bereits auf der nächsten Seite wieder etwas Lesenswertes vorfindet. Dem Leser wird durch viele schöne Geschichten die Vielfalt des Fußballsports vor Augen geführt. Das verleitet einen zum Schwelgen in Erinnerungen. Hinzu kommt, dass dieses Buch ein ideales Nachschlagewerk abseits jeglicher Statistik und Zahlenspielereien ist.

Zum Äußeren sei abschließend folgendes erwähnt: Auf dem Buchrücken findet sich eine "etwas andere" Mannschaftsaufstellung. Es ist ein kleiner Auszug derer, die diesem Werk die Würze geben.

Der Autor ist zwar kein Borusse, sondern 60zger, lässt dies zum Glück aber nur recht selten durchschimmern.

Enden möchte ich mit einem Spruch Christoph Bausenweins, der mir persönlich sehr gut gefällt und jeglichen Kommentar überflüssig macht: "Der Fußball begeistert deswegen so viele Menschen, weil er schlicht und einfach das beste aller Spiele ist!"

In Kooperation mit dem Antje Kunstmann Verlag verlosen wir drei Exemplare dieses Buches.

Bitte beantwortet folgende drei Fragen:

1) Von wem stammt dieses Zitat: "Fussball ist ein Spiel für 22 Leute und am Ende gewinnt immer Deutschland" ?
a) Sepp Herberger
b) Sir Alex Ferguson
c) Gary Linneker
d) Sepp Blatter

2) Von wem stammt dieses Zitat: "Wenn du nicht weißt, wohin mit dem Ball, dann schieß ihn einfach ins Tor" ?
a) Jockel Bracht
b) Acki Schmidt
c) Heini Kwiatkowski
d) Adi Preißler

3) Von wem stammt dieses Zitat: "Madrid oder Mailand - Hauptsache Italien" ?
a) Andreas Möller
b) Kalle Riedle
c) Micki Stevic
d) Steffen Freund

Bitte schickt eure Lösungsbuchstaben an gewinnen@schwatzgelb.de . Einsendeschluss ist der 14.01.2004.

Das Buch kann auch erworben werden:

Vorne fallen die Tore

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