Unsa Senf

Ein Finale, das nur zum Endspiel wurde - Teil 2

29.05.2002, 00:00 Uhr von:  Arne
Ein Finale, das nur zum Endspiel wurde - Teil 2
Bilder aus dem Rotterdamer "De Kuip"-Stadion

"Fiiiinaaale oooohoooo" - daß das diesjährige UEFA-Endspiel gegen Feyenoord Rotterdam für BVB nicht nur aus sportlichen Gründen wenig Grund zur Euphorie und Freude bot, berichteten wir bereits in Teil 1 unseres "de Kuip"-Rückblicks. Der nun folgende zweite Part befasst sich in erster Linie mit den Gefahren für Leib und Leben der schwatzgelben Anhänger und protestiert gegen das ignorante Verhalten der UEFA, die dieses Spiel trotz großer Bedenken an die Stadt Rotterdam vergeben hatte.

Endspiel für ein Fußballfest

Die schon auf der Anreise erlebte, sprichwörtliche Gastfreundschaft der Holländer setzte sich auch im Stadionbereich nahtlos fort. Irgendwie entbehrt es ja nicht einer gewissen Ironie, von Leuten als Nazisau bezeichnet zu werden, die einen eben noch mit dem Hitlergruß empfangen haben; gänzlich konfus wird die Sache dann jedoch, wenn einem die andere Hälfte der Niederländer ein freundliches "Judenschwein" an den Kopf wirft. Unsere Meinung: Wenn wir schon auf unterstem Niveau beschimpft werden, dann sollte die Sache aber zumindest Hand und Fuß haben, aber es kann andererseits ja auch nicht jeder in der Schule aufgepasst haben...

Bild von der Heimkurve im Rotterdamer "De Kuip"-Stadion, Pyrofackeln überall dort zu sehen.
Bilder aus dem Rotterdamer "De Kuip"-Stadion

Zum Spielverlauf lässt sich nicht mehr viel berichten. Die Spieler auf dem Platz hatten ihrerseits die besten Voraussetzungen für ein großes Fußballfest wie vor einem Jahr in Dortmund geschaffen: Spannend bis zum Schluss, mit tollen Toren und so ziemlich allem, was ein Fußballspiel braucht. Wenn... ja, wenn da nicht einmal mehr die Anhänger von Feyenoord Rotterdam gewesen wären, die nach den Führungstreffern reihenweise brennende Bengalos in den BVB-Block und auf die Jorunalisten vor ihnen warfen - Bengalos wohlgemerkt, die sie eigentlich gar nicht hätten besitzen dürfen und die im Stadion strikt verboten waren. Glücklicherweise wurde bei diesen höchstgefährlichen Aktionen einiger absolut Geistesgestörter niemand ernsthaft verletzt - lediglich drei Borussen erlitten leichte Brandverletzungen.

Und die niederländische Polizei bzw. die Ordnungskräfte im weiten Stadionrund? Niemand fühlte sich genötigt, gegen die Werfer einzuschreiten und uns Schwatzgelbe zu schützen. Bezeichnend die Aussage eines Ordners, dass man Angst vor den eigenen Fans habe und deshalb nicht dazwischen gehen wolle. Stattdessen wurden Borussen abgeführt, die vor Wut gegen eine Plexiglasscheibe getreten hatten - Willkür und Ungleichbehandlung, soweit das Auge blicken konnte.

Dass sich die Balljungen nahtlos in dieses Bild einreihten und sich nach der Feyenoord-Führung am Zeitspiel der Holländer beteiligten, ist da bei solchen Vorkommnissen lediglich noch eine Randnotiz wert.

Umso erschreckender jedoch, dass UEFA und Feyenoord Rotterdam nicht einmal in der Lage waren, die BVB-Offiziellen zu schützen. Pressesprecher Josef Schneck beispielsweise wusste von übelsten Beschimpfungen gegen die BVB-Delegation zu berichten und wurde auf der Tribüne gar unverhohlen bedroht und mit vollen Bierbechern beworfen - Zustände, die einem Finale absolut unwürdig gewesen sind.

Trauriger Höhepunkt der Rotterdamer Gewaltakte dann nach dem Spiel die Rückfahrt der Sonderzüge nach Dortmund. Zug 1 des BEST-Reisebüros musste bereits in Hertogenbosch einen unplanmäßigen Zwischenstopp einlegen, da ein BVB-Fan von einem in den Zug geworfenen Stein getroffen und worden war und nun schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht wurde.
Als wäre dieser Vorfall nicht an sich schon schlimm genug gewesen, offenbarte sich dem bemitleidenswerten Schwatzgelben nun die volle Inkompetenz niederländischer Ärzte. Trotz erheblicher Kopfverletzungen entließ man den in Dortmund aufgewachsenen Koblenzer nahezu unbehandelt.
Erst zurück in Deutschland ließ sich dieser - nachdem Blut aus seinen Ohren gelaufen war - noch einmal gründlich untersuchen und wurde mit der unglaublichen Diagnose konfrontiert: Jochbeinbruch, mehrfache Schädelfraktur, ein zertrümmerter Knochen im Gehör, den die Ärzte komplett entfernen mussten und eine teilweise abgelöste Hirnhaut - ein Skandal, dass diese schwersten Kopfverletzungen nicht bereits in den Niederlanden festgestellt werden konnten.

Uns von Schwatzgelb.de liegt es fern, den Medizinern in Holland hier Absicht vorzuwerfen. Dennoch wirft dieser Fall einige Fragen auf, denn normalerweise müsste es für examinierte Ärzte ein Ding der Unmöglichkeit sein, derart viele, starke Kopfverletzungen einfach zu übersehen. Mit Schlamperei alleine lässt sich so etwas schon nicht mehr begründen.

Endspiel für Rotterdam

Bild von der Heimkurve im Rotterdamer "De Kuip"-Stadion, Choreo der Heimfans vor dem Spiel, davor Aufbauarbeiten für die Präsentation der UEFA.
Bild von der Choreo vor dem Spiel auf der Heimkurve

Auch die Sieges"feiern" der Feyenoorder stellten eindrucksvoll die Eignung Rotterdams als Veranstaltungrahmen für ein derartiges Finale unter Beweis. Während in Dortmund am nächsten Tag hunderttausende ausgelassen in den Straßen die deutsche Meisterschaft "nachfeierten", zogen es die Holländer vor, noch in der Nacht zu randalieren und die Innenstadt zu verwüsten - eine mittlerweile schon fast liebgewonnene Tradition in dieser Stadt bei Titelgewinnen.

Das ist eben der feine Unterschied: Während die BVB-Fans durch ihr friedliches, sangesfreudiges Auftreten einmal mehr in ganz Europa Werbung für ihren Verein und ihre Stadt gemacht haben und von den Liverpool-Fans in einer Umfrage sogar zu den besten Away-Fans in der ganzen Saison gewählt wurden, wird man den Verein Feyenoord und die Stadt Rotterdam auch in Zukunft mit Hooligans und Gewalt gleichsetzen und einen Kontakt mit beiden tunlichst vermeiden wollen. Schade, Chance verpast: Setzen, Sechs!

Allen Fans, Spielern und Offiziellen von Feyenoord sei daher folgendes gesagt: Ihr habt zwar den Titel gewonnen, doch wir haben die besseren und vor allem friedfertigen Anhänger, die Euch das ganze Spiel über an die Wand gesungen haben und selbst beim Rückstand lauter waren als Eure 30.000 Mann-Übermacht.

Ich persönlich verzichte daher gerne auf diesen Titel in einem Finale, das keines war, und möchte nicht mit Euch tauschen! Ihr dagegen würdet das vermutlich nur zu gerne tun....

Nachspiel für die UEFA?

Viele Borussenfans zogen nach diesem Endspiel und den dabei erlebten unschönen Vorkommnissen kein sportliches Fazit. Vielmehr hörte man von allen Seiten, dass es gar nicht so schlecht gewesen wäre, dieses Spiel zu verlieren. Ein Sieg - ausgerechnet in Unterzahl, nach einem 0:2-Rückstand und möglicherweise gar in der Verlängerung - hätte womöglich ein viel größeres Gewaltpotential freigesetzt, als dies ohnehin schon der Fall gewesen war. In diesem Fall hätte man in Rotterdam wohl Ausschreitungen von selten erlebtem Ausmaß am eigenen Leib miterleben müssen, und wie man die UEFA im speziellen und Fußballfunktionäre im allgemeinen kennt, steht zu befürchten, dass dies unsinnigerweise auch den Ausschluss und eine Sperre BEIDER Teams aus sämtlichen Europapokal-Wettbwerben zur Folge gehabt hätte.

Dass dieses Finale irgendwelche negativen Konsequenzen für die Stadt Rotterdam oder den Verein Feyenoord haben wird, ist leider nicht zu erwarten. Seitens der UEFA scheint man geflissentlich über das Geschehene hinwegzusehen und die verletzten Borussenfans als Kollateralschaden zu betrachten. Dafür spricht, dass sich die europäische Fußballunion nicht nur im Anschluss an das Endspiel unglaublicherweise bei Rotterdam für die Gastfreundschaft und gute Organisation des Spiels bedankte, sondern sich vielmehr bei Rotterdam für das Verhalten der Dortmunder Fans entschuldigte, die sich nicht oder nur teilweise an der Schweigeminute für den ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn beteiligt hatten. Bei einem derart grotesken und ignorant-dummen Verhalten dieses Verbandes, der sich mit seinem Slogan "we care about football" selbst auf die Fahnen geschrieben hat, sich um den Fußball zu sorgen, fällt einem nun wirklich nicht mehr viel ein.

Protestaktion

Wir von schwatzgelb.de haben die Erlebnisse von Rotterdam lange sacken lassen. Doch auch Wochen nach diesem Endspiel empfinden wir noch Empörung und Wut über das erlebte; Wut, die durch das o.g. Verhalten der UEFA noch verstärkt wird. Daher haben wir uns entschlossen, Euch erneut zu einer Faxaktion aufzurufen.

Beschwert Euch bei der UEFA über die Zustände in Rotterdam! Nur durch zahlreiche Proteste seitens der Schwatzgelben können wir die europäische Fußballunion vielleicht zu einer Stellungnahme bewegen. Verfasst Eure eigenen Protestbriefe oder kopiert den unten abgedruckten Brief von Jens und verschickt ihn per Post, E-Mail oder Telefax!

Hier die notwendigen Nummern und Adressen der UEFA:

UEFA
Route de Genève 46
Case postale
CH-1260 Nyon 2
Switzerland

Telefon : 0041 22 994 44 44
Telefax: 0041 22 994 44 88
E-mail: info@uefa.com

Das schwatzgelb.de-Fax an die UEFA:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Am 8. Mai fand im Rotterdamer "De Kuip"-Stadion das Endpiel um denUEFA-Cup statt. Eigentlich sollte dieses Finale an einem neutralen Ort stattfinden, doch Sie haben den Finalort bereits vor über einem Jahr bekannt gegeben. Entgegen Ihrer Ankündigung nach dem peinlichen Endspiel Werder Bremen - AS Monaco vor einigen Jahren in Lissabon nie wieder einen Endspielort soweit im voraus anzusetzen. Nun war es nicht die erschreckend schwache Zuschauerzahl wie damals in Portugal, die uns Dortmunder Fans in Aufregung versetzt.

In Rotterdam hat es zu keinem Zeitpunkt ein neutrales Endspiel gegeben. Im Gegenteil: offensichtlich sind nur die deutschen Fußballanhänger streng kontrolliert worden, wie sonst ist es möglich, daß der Rest des Stadions voller bengalischer Fackeln war, die lt. UEFA verboten sind!? Wie kann es möglich sein, daß sie einerseits eine Strafe für diese Fackeln erheben, andererseits auf Ihrer Webseite das Schauspiel von Rotterdam zeigen und von einem "stimmungsvollem Finale" sprechen. Wie kann es sein, daß niederländische Fußballrowdies diese Fackeln in den Dortmunder Block werden, dabei Leib und Leben der Fans gefährden und keinerlei Sanktionen drohen? Weder Ordnungsdienst noch Polizei schritten ein. Umgekehrt wurden deutsche Fans für das treten vor eine Plexiglasscheibe verhaftet. Für den gesamten Dortmunder Bereich im Stadion standen ganze 2 (!!) Imbißstände bereit, Wechselgeld war teilweise gar nicht vorhanden. Ist das Gastfreundschaft?

Wie kann es sein, daß Offizielle unseres Vereins mit Bier überschüttet werden, ohne das dagegen eingeschritten wird?

Wie kann es sein, daß uns vorher mitgeteilt wird, Fahnen seien aus Sicherheitsgründen verboten, einzig eine Fahneparade auf dem Platz werde möglich sein, währen die gesamte Kurve der Feyenoord-Fans voller Fahnen ist?

Wie kann es sein, daß ein Verein, dessen Fans für ihre Gewaltexzesse bekannt sind, ein Finale bekommt, bzw. dieses im eigenen Stadion austragen kann und darf? Für die kleinste Unregelmäßigkeit verlangt die UEFA Strafgelder, warum wird hier seit Jahren weggesehen?

Auf der Hin- und der Rückfahrt wurden unsere Sonderzüge mit Steinen beschmissen, auf der Rückfahrt ein BVB-Fan schwer verletzt, er liegt mit Schädelbasisbruch in einer Klinik.

Wie kann es sein, daß die "neutralen" Balljungen nach der Führung von Feyenoord die Bälle auffällig langsam oder gar nicht zurück ins Spiel brachten? Ist das Fairness?

Wir sind alle sehr enttäuscht über das Verhalten dieses "Gastgebers", gratulieren ihm trotzdem aufrichtig zum Sieg, er war glücklich aber verdient.

Ist das "we care about Football"?

Wir fordern endlich Sanktionen gegen diese Chaoten! Und eine Entschuldigung seitens der UEFA, wie sie an Rotterdam abgegeben wurde, weil die BVB-Fans während der Schweigeminute - die erst danach in deutscher Sprache angekündigt wurde - gesungen haben. Wir fordern Gleichbehandlung, wenn die Feyenoord-Fans mit Respekt behandelt werden, möchten auch wir so behandelt werden.

UEFA - we don't care about Fans!?

Zu Teil 1 unseres Final-Kommentars

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