Tatort Bundesliga - der 28. Spieltag: And the winner is...
Einen recht ruhigen Sonntag verlebten an diesem Wochenende die Tatort-Detektive in der Schwatzgelb-Redaktionswache. Zu ruhig möchte man meinen, doch seien wir ehrlich: Obwohl 6 Spieltage vor Schluss noch 4 Teams reelle Chancen auf den Titel haben, ist die Bundesliga langweilig geworden. Die Drohung Uli Hoeness` einen "Moral-Gipfel" veranstalten zu wollen, hielt die üblichen Protagonisten der Bundesliga an diesem Spieltag doch reichlich zurück. So dürfte der Tatort Bundesliga an diesem Spieltag mit einem zufriedenen "Keine besonderen Vorkommnisse" beendet werden, wenn nicht so langsam Meisterschaft bzw. Abstieg bedenklich nahe kommen. Aber der Reihe nach.
Die Top-4 leistete sich an diesem Wochenende keinen Ausrutscher und der Flop-4 geht die Puste aus. Symbolisch dafür das Match des Noch-Meisters aus München gegen die Kölner Geißböcke. Eine Spielerisch erbärmliche Leistung reichte den Bayern, um - so Kölns Dirk Lottner - "aus Scheiße Gold" zu machen. Für die Münchner traf u.a. Elber zweimal zum 3:0-Endstand, womit der Brasilianer nun erfolgreichster ausländischer Torjäger in der Fußball-Bundesliga ist. Er übertrumpfte damit Stephane Chapuisat, der für Borussia Dortmund und Bayer Uerdingen insgesamt 106 Tore schoss. Das war auch die einzige bemerkenswerte Randnotiz, da dem bayrischen Starensemble ansonsten nicht nur anzusehen war, dass sie wenig Vergnügen an ihrem eigenen Spiel hatte, sondern sie sagten es nach dem Spiel auch unverblümt in die Kameras, dass sie "keine Lust" hatten (Giovane Elber). So was reicht nach den Superlativen der letzten Wochen jedoch nicht einmal für eine 5-minuten Diskussion beim DSF-Stammtisch.
Borussia bleibt dran
Nur ein wenig besser war das Spiel zwischen Borussia Dortmund und Energie Cottbus. Immerhin eine Halbzeit lang spielte der BVB sehr gefällig und erspielte sich reichlich Chancen, von denen Ewerthon und Rosicky zwei zur beruhigenden Führung vor der Pause nutzten. In der zweiten Hälfte tat die Sammer-Elf nicht mehr als nötig und erzielte noch das 3:0 durch Häuslebauer Billy Reina. Die Lausitzer konnten zu keinem Zeitpunkt gefährlich vor das Tor von Phillip Laux, der eine einwandfreie Leistung bot und sich für einen neuen Club empfehlen konnte. "Wir haben eine klare Linie vermissen lassen. Ich hätte nicht sehen wollen, was passiert wäre, wenn Cottbus stärker gewesen wäre oder ein Tor geschossen hätte" so BVB-Coach Sammer nach dem Spiel warnend. Gegen Stuttgart und vor allem gegen Milan muss sich der BVB wieder steigern. 12 Tore in 3 Spielen lassen sich trotzdem sehen.
Für Aufsehen sorgte nur die Auswechslung des derzeitigen Liga-Top-Scorers Amoroso, der sich zunächst weigerte vom Feld zu gehen. Dass ein Amoroso in der derzeitigen Form geschont werden muss, ist klar. Ob sich Sammer damit einen Gefallen getan hat, den momentan sehr spielfreudigen aber auch heißblütigen Brasilianer auszuwechseln ist fraglich, da man sehr gut merken kann, dass Amoroso nicht nur möglichst viel und lange spielen will, sondern auch heiß auf die Torjägerkrone ist. Luxus-Probleme...
Wetten das... ?
Anders sah es bei den Münchner Löwen aus: Dort hatte jemand keine Lust, und zwar Icke Hässler, der auf eigenen Wunsch zu Hause blieb. "Wenn einer nicht 20 Minuten spielen will, ist er leistungsunwillig und muss sich fragen, ob er den richtigen Beruf hat", schimpfte nach dem Spiel Löwen-Trainer Peter Pacult. Lust hatte der kleine Berliner dann jedoch auf einen Auftritt bei "Wetten dass..." am selben Abend, wo er zusammen mit Stefan Effenberg (Bayern) und Matthias Zimmermann (Unterhaching) bei einer Studio-Wette den Ball möglichst oft auf dem Fuß jonglieren musste. "Es gibt Stimmen in der Mannschaft, die sagen, er hätte uns im Stich gelassen.", so sein österreichischer Trainer. Angesichts des fürstlichen Gehaltes und über 4 Mio Arbeitslosen in Deutschland, ein kleiner Skandal... Titelkandidat Bayer Leverkusen gab sich indes keine Blöße und siegte verdient gegen eine 60er-Mannschaft, die allenfalls eine Halbzeit mithalten konnte. " Ein Doppelschlag unmittelbar vor der Pause und kurz danach durch Zoltan Sebescen (45.) und Ulf Kirsten (49.) sorgte für die beruhigende Führung. Yildiray Bastürk und dann noch einmal Kirsten kurz vor Schluss erhöhten auf 4:0. "Es ist bewundernswert, wo die Mannschaft die Kraft nach den schweren Spielen herholt", schwärmte Bayer-Coach Klaus Toppmöller. "Unsere zweite Halbzeit war überragend. Mich beeindruckt die Mannschaft immer mehr. Spielerisch war die erste Halbzeit nicht die allerfeinste. Aber wichtig ist der Sieg, denn wir bleiben Tabellenführer und haben es selber in der Hand, Deutscher Meister zu werden." Dem ist gewiss nicht viel hinzuzufügen und so fragt sich der Beobachter, wo und gegen wen die Rheinländer jetzt überhaupt noch verlieren sollen. "Uns kann eigentlich keiner mehr schlagen, außer wir uns selbst", befand Torschütze Sebescen. Angesichts von nur einem Punkt Vorsprung auf Verfolger Borussia Dortmund gewiss ein wenig vermessen, aber diese Frage stellen sich inzwischen sicherlich auch die Mitbewerber.
Das Restprogramm der Top-4
1. Platz |
2. Platz |
3. Platz |
4. Platz |
K´Lautern (A) | Stuttgart(A) | HSV (A) | Köln (A) |
Köln (H) | 1860 (H) | Bremen (H) | HSV (H) |
HSV (A) | K´Lautern (A) | Nürnberg (A) | Bremen (A) |
Bremen (H) | Köln (H) | Hertha BSC (H) | Nürnberg (H) |
Nürnberg (A) | HSV (A) | WolfsburgA) | Hertha BSC (A) |
Hertha BSC (H) | Bremen (H) | Rostock (H) | Wolfsburg (H) |
Schalke bleibt Elf der Runde
Am Ostersamstag treten die Leverkusener auf dem Betzenberg an. Der FCK konnte in dieser Saison noch keines der Top-5-Teams besiegen. Angesichts der Leistung der Pfälzer beim Gastspiel in Gelsenkirchen, dürfte das auch gegen Leverkusen so bleiben, die allerdings auf Zé Roberto verzichten müssen, der momentan in absoluter Topform ist. Die Kaiserslauterer boten trotz Rückkehrer Ramzy bei ihrer 0:3 Niederlage in der Arena auf Schalke eine "hanybüchene" Leistung. Dabei lieferte Hannovers Trainer Ralf Ragnick am Wochenende eine plausible Erklärung, warum die Pfälzer öfter einmal schwere Beine haben. Hatte 96`s "Enfant Terrible" Jan Simak unterhalb der Woche noch behauptet aus Hannover gehen zu wollen, weil die Stadt "öde und langweilig sei", so konterte sein Trainer: "Als nächstes will er uns erzählen, dass sie Frauen in Kaiserslautern besser poppen können". Leider gibt es keine empirischen Untersuchungen zu diesem Thema, aber vielleicht liefert FCK-Vorstandsvorsitzender Jürgen "Eiertanz" Friedrich eine plausible Erklärung, warum inzwischen jeder beim Thema Kaiserslautern unweigerlich an Sex denkt: "Ich sage das jetzt in aller Natürlichkeit: Es gibt keinen normaleren Menschen als mich zum Beispiel. Ich gehe samstags mit meiner Frau einkaufen, ich gehe mit meinem Hund spazieren, ich stehe im Telefonbuch, ich habe keine Berührungsängste, gar nichts." Was er damit sagen will, weiß er wohl selber nicht.
Das Spiel der Pfälzer beim S04: Langeweile pur ! Schalke kontrollierte das Spiel in Halbzeit eins, ohne je wirklich gefährlich zu werden, und die ersatzgeschwächten Lauterer (ohne Klose und Basler) zogen sich in die eigene Hälfte zurück und warteten auf Konter - vergebens. Schalke clever und gewinnt dank Wilmots, Möller und Agali verdient mit 3:0.
Basti nicht mehr Fantasti
Schalke bleibt damit die erfolgreichste Rückrundenmannschaft und nur ein Team macht momentan noch mehr von sich Reden. Das vom "Bald-Arbeitslosen" Falco Götz. 19 von 21 möglichen Punkten unter seiner Regie, und auch gegen den 1. FC Nürnberg gewannen die Berliner mit 2:0 dank zweier Tore von Alex Alves, der bei Falco Götz - im Gegensatz zu seinem Vorgänger Jürgen Röber - das ganze Vertrauen genießt und dieses mit Toren belohnt. Berauschend war das Spiel der Herthaner gewiss nicht, aber eine Aktion muss doch genauer besprochen werden.
Als sich kurz vor Schluss eine Auswechslung im Spiel der Berliner ankündigt und der Stadionsprecher den Namen Sebastian Deisler ruft, hallen laute Pfiffe und Buhrufe durch das Olympiastadion. Der einstige Publikumsliebling ist gar nicht mehr "Basti-Fantasti" sondern inzwischen Buhmann der Berliner Zuschauer, die ihm seinen Wechsel zum FC Bayern nicht verzeihen. Der für Deisler ausgewechselte Brasilianer Marcelinho wurde trotz eines verschossenen Elfmeters gefeiert. Den Jungnationalspieler, der nach 162 Tagen Verletzungspause sein Comeback feierte, überraschte vor allem das Ausmaß der Missfallensbekunden: "Ich hätte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass es so viele sind". "Zieht dem Deisler die Lederhosen aus", skandierten einige Zuschauer.
Deislers Berater Jörg Neubauer "Diese Reaktionen sind mir
völlig unverständlich. Es ist wohltuend, sich die Verhältnisse in Leverkusen
anzuschauen." Vom Rhein wechselt Michael Ballack im Sommer ebenfalls an die Isar.
Doch gegen Ballack gab es in der BayArena bislang keine Pfiffe. Neubauer: "Das sind
richtige Fans." Als wenn wir nicht schon lange geahnt hätten, welche Form von
"Anhängern" sich so manch Offizieller wünscht...
Vier gewinnt
Franz Beckenbauer hatte es schon in der letzten Woche orakelt: Im Tabellenkeller läuft alles auf einen Vierkampf hinaus. Die Gladbacher können nach ihrem 1:0 Sieg in Freiburg durchatmen und haben dank Arie van Lent jetzt schon 9 Punkte Vorsprung auf die Breisgauer und damit auf Platz 16, was 6 Spieltage vor Schluss reichen sollte. Energie Cottbus und Hansa Rostock (1:1 gegen den HSV) müssen noch zittern, könnten jedoch bei 4 resp. 5 Punkten Vorsprung in den nächsten beiden Spieltagen alles klar machen. Der 1. FC Köln mit immer noch 19 Punkten kann nur noch ein Wunder retten.
"Ihr wascht euch nie - St. Pauli !"
Trotz Niederlange gegen den VfB Stuttgart noch immer mit Restchancen dagegen der FC St. Pauli. Die Hamburger verloren 1:2 gegen die Schwaben, was jedoch einige Zuschauer unter der Dusche erlebten. Ein Sponsor hatte im Millerntorstadion zwei Duschkabinen aufgebaut, in denen das Spiel auf dem Rasen beobachten werden konnte. Vier St.-Pauli-Fans nutzten das Angebot und bewiesen Humor und widerlegten mit einem Augenzwinker den Schlachtruf vieler gegnerischer Fangruppen "Ihr wascht euch nie - St. Pauli !". Die Kiezkicker bleiben trotzdem akut abstiegsgefährdet und verlieren nach ihrem kurzzeitigen Zwischenhoch mit den Spielen gegen Bayern, Leverkusen und Dortmund zum zweiten mal in Folge. Einen kleinen Rekord halten die Hamburger trotzdem: Holger Stanislawski ist der einzige Feldspieler, der in der laufenden Saison in allen bisherigen 28 Pflichtspielen von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz stand. Würde er das bis zum Saisonende durchhalten: Es wäre für einen Feldspieler einmalig.
DFL auf der Suche nach Profil
Damit auch in Zukunft jeder Spieltag so brav und langweilig wie dieser wird und die Leverkusener Fans zukünftig Vorbild für alle anderen Vereine werden, tagte unterhalb der Woche die DFL und beschloss einige Änderungen. So wird das bisherige Bundesliga-Logo in der kommenden Saison durch ein neues ersetzt, das böses ahnen lässt:
Ein Fußballer in Schusshaltung auf rotem Grund. Rot stehe für "Aufmerksamkeit, Dynamik und Wettkampf", so Liga-Manager Pfad, "Torschuss heißt das Markenzeichen der Bundesliga." Ob sich der Fan damit anfreunden kann, ist fraglich. Äußerlich erinnert das Logo zu sehr an die US-Operettenligen NBA oder MLB. Zudem hat sich das derzeitige Logo inzwischen bewährt und wird von allen Seiten auch aufgrund der farblichen Neutralität akzeptiert. Ob dies beim rot-weißen Logo noch der Fall sein wird, ist fraglich.
Neu ist auch, eine für den Sommer 2003 vorgesehene Fußball-Messe und die Einrichtung einer "Hall of Fame". Letzteres ist alleine wegen des Ausscheidens Jürgen Kohlers sicherlich keine schlechte Idee. Über den Standort ist jedoch noch nichts bekannt.
Ebenfalls auf Hochtouren laufen schon die Pläne für die kommende
Saison. So planen die DFL-Verantwortlichen am 9. August eine große Saison-Eröffnungsshow
mit einem Eröffnungsspiel an einem Freitagabend unter Beteiligung des deutschen Meisters,
welches auch im Free-TV übertragen werden soll. Allerdings bleibt die Freitag-Begegnung
eine Ausnahme, was genügend Ansporn für den BVB sein sollte, endlich mal wieder ein
Freitagsspiel ins Westfalenstadion zu holen.