Tatort Bundesliga - der 09. Spieltag 02/03: Das Comeback des Jahres
Die Bundesliga bleibt bunt: Kein Spiel ohne Stress, Ärger oder Diskussionen – von Langeweile keine Spur. Außer vielleicht an der Tabellenspitze, wo der FC Bayern ungestört seine Kreise ziehen darf, weil weder Borussia Dortmund noch Werder Bremen einen Dreier laden konnten. Dabei standen die ersten drei Teams in der Tabelle allesamt vor (auf dem Papier) lösbaren Pflichtaufgaben. Doch lediglich Elber und Konsorten meisterten ihre Aufgabe mit einem 1-0 in Rostock.
Überraschung, Überraschung
Fünf Punkte Vorsprung haben die Bajuwaren nun. Dahinter punktgleich der BVB und Bremen, die kommende Woche aufeinander treffen. Die Bayern können es sich vorerst auf Platz eins gemütlich machen. So sie denn nicht auch noch straucheln, denn berechenbar ist längst nichts mehr, die Liga steckt voller Überraschungen. Dass der BVB nicht, wie vor beinahe 20 Jahren, die Arminen mit 11-1 zurück auf die Alm schicken würden, war wohl bereits vor dem Anpfiff im Westfalenstadion klar. Doch was folgte überraschte ebenfalls.
Zu Gast war ein Aufsteiger, der sich nicht mit elf Spielern um den eigenen Strafraum versammelte und hoffte, mit einem einzigen Konter den BVB abzuschießen. Nein, die Bielefelder versuchten, Fußball zu spielen, was die Borussen völlig überrascht haben muss. Ebenso baff waren wohl auch die Bayern, die in Rostock Chancen für zwei Spiele ausließen, ehe Zé Roberto doch noch das Tor fand. Traditionell haben die Bayern ja meist Probleme an der Ostsee und wussten ob der ungewohnten Chancenfülle wohl nicht so recht, wohin mit dem Ball.
Rüffel für Frings, Selbstkritik bei Sammer
Emotionen prägten auch das Bild des neunten Spieltags: In Dortmund echauffierten sich die Bielefelder zu Recht, dass ihnen nach Dédés Foul an Brinkmann kein Strafstoß zugesprochen wurde und Amoroso nach Foul und Schwalbe auf dem Feld bleiben durfte. In eine andere Richtung zielte der Frust von Torsten Frings. Nach seiner Klasse-Leistung auf dem Feld ließ er es sich nicht nehmen, vor laufender Kamera die Arbeitsauffassung seines Kollegen Amoroso anzuzweifeln. „Da wird eine Chance vergeben, und dann fängt er an zu grinsen und läuft zurück“, schimpfte der Neu-Dortmunder. Mit „er“ könnten sowohl Ewerthon als auch Amoroso gemeint sein. Egal, wer nun gegrinst hat – Grund zum Lachen gibt es wahrlich nicht nach versemmelten Großchancen. Und Frings? Der bekam einen Rüffel vom Verein – öffentliche Kritik an Mitspielern ist beim BVB nach wie vor verpönt. Sei sie noch so berechtigt. Selbstkritik schon. Die äußerte der Trainer nach dem Spiel. Sammer bedauerte, er habe die Mannschaft in den vergangenen 14 Tagen „nicht auf den Punkt“ bekommen. Fest steht: Jetzt muss sich zeigen, wie gefestigt die Mannschaft ist und ob sie sich selbst aus der Minikrise schießen kann.
Emotional ging es auch in der Arena am Autobahnkreuz zu. Leverkusen gewann 1-0 gegen Lautern, was allein kein Grund für Mario Basler gewesen wäre, einen Comeback-Versuch als Lautsprecher und Dummschwätzer zu starten. Schiedsrichter Uwe Kemmling aus Kleinburgwedel bot nach Ansicht des Lauterers eine indiskutable Leistung, und im ZDF Sportstudio bewies Super-Mario im ZDF, dass er immer noch schneller sprechen als denken kann. Der Schiri müsse „auf die Fresse“ bekommen, forderte Basler, weil doch die armen Spieler nach schlechten Leistungen auch immer was „auf die Fresse“ bekämen. Ach so. Zahlen will Mario übrigens nicht, falls der DFB ihn nun zu einer Strafe verdonnert. Und das, wo doch die Lauterer Profis gerade erst noch bewiesen haben, dass noch Gutes in ihnen steckt – sie spendeten in einem Anfall von Selbstlosigkeit rund 1,5 Millionen Euro für ihren maroden Arbeitgeber. Naja, spenden ist übertrieben. Man munkelt, die FCK-Profis verzichteten lediglich auf Siegprämien, die sie bekämen, sollten sie irgendwann mal wieder ein paar Spiele gewinnen…
Knatsch zwischen ran und DSF sorgt für Sensation
Es war das Comeback des Jahrhunderts: Nein, nicht Fredi Bobic. Der hat schon wieder zwei Tore geschossen, und sein Comeback wird langsam langweilig. Nein, das Comeback des Jahrhunderts fand in Leverkusen statt. Nicht auf dem Rasen, sondern im Ü-Wagen von SAT.1 – Ernst Huberty zeigte den Marktschreiern von Kirchs Kungeltruppe, wie man leise und nüchtern, sachlich und zurückhaltend ein Spiel kommentieren kann. Dabei bewies der früher so wortkarge Kommentator, dass er auch mit 75 Jahren noch lernfähig ist: Ein bisschen Engagement bei Thomas Herrmann und Jörg Dahlmann abgeschaut und dennoch seine Sachlichkeit bewahrt. Eine Wohltat.
Doch Hubertys „ran“-Intermezzo dürfte ein einmaliger Akt gewesen sein. Ab 26. Oktober dürfen Dahlmann und Herrmann wieder schreien, als wollten sie Aale auf dem Hamburger Fischmarkt verhökern und jedes noch so öde Spiel in einen echten Reißer verwandeln. So kam der Altmeister nur zum Einsatz, weil sich in der Kirch-Konkursmasse Grabenkämpfe abspielten. Dahl- und Herrmann sind schließlich nicht bei SAT.1 angestellt, sondern bei einem Konstrukt namens SDZ (Sportdienstleistungszentrum), das wiederum irgendwie mit dem DSF verbandelt ist. Das DSF wollte die beiden Mitarbeiter nicht hergeben, und es gab Knatsch. Inzwischen haben sich die Sender jedoch geeinigt, und Ernst Huberty kann wieder den Ruhestand genießen – wenn er bei „ran“ den Ton abdreht.