schwatzgelbes Halbzeitgespräch mit Michael Steinbrecher - Das ASS vom Sportstudio
Er ist groß, blondgelockt, und mit seinen grauen Augen schaut er meist ernst auf sein Gegenüber, gelassen und aufmerksam zugleich. Ein Blick, der ihm Sympathien einbringt. Die Rede ist von Michael Steinbrecher, gebürtiger Dortmunder (20. November1965) und bekennender BVB-Fan. Aufgewachsen ist Michael in Selm/Bork, besuchte in Lünen die Schule und baute dort 1985 am Freiherr-von-Stein-Gymnasium sein Abitur. Er studierte anschließend Journalistik an der Universität Dortmund, wo er 1991 seine Diplomarbeit schrieb. Bereits zu dieser Zeit arbeitete er frei für die ?Ruhr Nachrichten?. Doch neben dem Studium und den ersten praktischen Erfahrungen als Journalist spielte er auch recht erfolgreich Fußball.
In der Jugend für Borussia Dortmund und der "falschen" Borussia aus Mönchengladbach, schaffte er es sogar, gemeinsam mit Olaf Thon, in der Westfalenauswahl gegen Bulgarien und Irland zu kicken. Es folgten Einsätze in der 3. Liga für Westfalia Herne. 1994 trainierte er sogar für kurze Zeit mit der Bundesligamannschaft von Bayer Leverkusen.
Eine Zeitungsanzeige löste damals den Wechsel vom Fußball zum Fernsehen aus.
Im November 1987 tauchte Michael Steinbrecher, gerade mal 21 Jahre
alt, als Moderator der Jugendsendung "Doppelpunkt" auf der Mattscheibe
auf. In der Sendung diskutierte er mit Jugendlichen über Themen wie:
Kriminalität, Rechtsradikalismus, Homosexualität oder Aids. 1992 holte
ihn Dieter Kürten ins "Aktuelle Sportstudio". Ein Jahr später drehte er
Beiträge für die ZDF-Redaktionen "Frontal" und "Die Reportage".
Heute gehört Steinbrecher zu den erfolgreichsten Journalisten in
Deutschland: Adolf Grimme-Preis, Jakob Kaiser-Preis, Journalistenpreis
der Deutschen Aids-Stiftung, Journalist des Jahres, bester
Fußballjournalist, um nur einige seiner Auszeichnungen zu nennen,
zeigen, dass er nicht nur dem Sport verbunden ist. Vor allem
geschichtliche und gesellschaftliche Themen beschäftigen den heute in
Wiesbaden lebenden Steinbrecher.
Heute gehört Steinbrecher zu
den erfolgreichsten Journalisten in Deutschland: Adolf Grimme-Preis,
Jakob Kaiser-Preis, Journalistenpreis der Deutschen Aids-Stiftung,
Journalist des Jahres, bester Fußballjournalist, um nur einige seiner
Auszeichnungen zu nennen, zeigen, dass er nicht nur dem Sport verbunden
ist. Vor allem geschichtliche und gesellschaftliche Themen beschäftigen
den heute in Wiesbaden lebenden Steinbrecher.
"Die Dinge zu
vermitteln aus den Augen eines Menschen, der selbst nicht dazu gehört,
dass macht doch den Reiz meines Berufes aus", beschrieb er einmal seinen
Job. Doch dem Sport, besonders dem Fußball und dem BVB, gehört
Steinbrechers Leidenschaft. Er selbst spielt heute noch regelmäßig mit
den Redaktionskollegen vom ZDF.
Seitenwahl
schwatzgelb.de: Michael, Du lebst heute in Wiesbaden, wie oft bist Du noch in Dortmund?
Michael Steinbrecher: So oft es geht. Meine Eltern wohnen, wie meine Schwester und viele Freunde, noch in Selm/Bork (bei Lünen).
schwatzgelb.de: Kannst Du Dich noch erinnern, wie und wann Du BVB-Fan geworden bist?
Michael Steinbrecher:
Zu einem war der BVB die Mannschaft, zu der mich mein Vater immer
mitgenommen hat. Ich war damals so sechs oder sieben Jahre alt. Ich habe
damals sogar das erste Spiel im Westfalenstadion gegen Schalke gesehen.
Ich bin dann mit 9 Jahren vom PSV Bork zum BVB gewechselt und habe bei
Borussia bis zur A-Jugend gespielt. Das war schon eine gute Zeit. Wir
haben Vorspiele im Stadion gemacht vor 40.000 Zuschauern und waren auch
sportlich sehr erfolgreich. (Westfalenmeister Anmerk. der Redaktion)
schwatzgelb.de: Was war der bewegendste Moment, den Du als Fan mit dem BVB erlebt hast?
Michael Steinbrecher:
Das waren 2 Momente. Der erste war der Aufstieg, das 3:2 zuhause gegen
Nürnberg. Die Stimmung damals war schon grandios. Und dann auch die
deutsche Meisterschaft 94/95. Darauf mussten die Dortmunder schließlich
über 30 Jahre warten!
schwatzgelb.de: Ist Michael Steinbrecher Vereinsmitglied bei Borussia und/oder in Besitz einer Dauerkarte?
Michael Steinbrecher:
Nein, ich bin kein Vereinsmitglied. Ich moderiere auch keine
Veranstaltungen für Vereine. Auch nicht für Borussia Dortmund, weil ich
nicht auf der Gehaltsliste eines Vereins stehen möchte. Eine Dauerkarte
besitze ich auch nicht. Als Journalist habe ich ja den Vorteil, dass ich
an Pressekarten kommen kann. Aber ich bin auch oft "privat" da und dann
kaufe ich mir ganz normal eine Karte für die Tribüne.
Das ist
eine andere Atmosphäre. Die Sprüche, die Menschen, wie sie sich geben,
dass ist immer wieder interessant. Meine Freundin kann ich noch nicht so
dazu bewegen mit ins Stadion zu kommen, da sie Platzangst hat.
Anpfiff
schwatzgelb.de: Wie oft bist Du noch live im Westfalenstadion?
Michael Steinbrecher: Sehr häufig. Vor allem mit meinem Vater gehe ich dann gerne zum Fußball. Das hat schon richtige Tradition bei uns.
schwatzgelb.de:
Findest Du, dass sich die Fanszene in Dortmund in den letzten Jahren
verändert hat, und woran machst Du Deine Beobachtungen fest?
Michael Steinbrecher:
Das Stadion ist gewachsen, aber ich weiß nicht, ob der harte Kern der
Fans mitgewachsen ist. Bevor das Stadion ausgebaut wurde, war alles
etwas enger beisammen. Heute habe ich das Gefühl, dass das Stadion zwar
ausverkauft, aber deshalb nicht viel mehr Fans den harten Kern bilden.
Von den Sitzplätzen kommt ja traditionell nicht viel. Natürlich hängt
auch alles mit den sportlichen Erfolgen zusammen. Der ist nun da, und so
ist es in der letzten Zeit wieder besser geworden. Aber in den Jahren
davor habe ich oft gedacht: ?Was ist denn hier los? Das Stadion ist
voll, und es tut sich nichts mehr? Die Stimmung heute ist aber auch
schwer mit der Stimmung in den erfolgreichen 90-er Jahren zu
vergleichen. Da wollten die Leute alle endlich wieder Erfolge feiern,
endlich wieder Meister werden nach der langen Durststrecke. Aber schon
in der CL-Saison 1997 war zu spüren, dass die Fans satter waren. Dass
nicht mehr diese große Euphorie da war. In der Saison mit Scala und
danach folgten einige ernüchternde Erlebnisse. Die erwarteten Erfolge
blieben aus, und die Enttäuschung war sehr groß unter den Fans. Aber ich
habe heute schon das Gefühl, dass wieder eine Mannschaft zusammen
wächst, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit der sich auch die Fans
identifizieren können.
schwatzgelb.de: Neue Fangruppen möchten die Stimmung im Stadion
zu verbessern. Diese Gruppen (Supporters, Ultras) verzichten in DO z.B.
auf den Einsatz von Rauch und Pyro und legen mehr Wert auf Choreos.
Denkst Du, dass der Verein diese Fangruppen mehr unterstützen sollte?
Michael Steinbrecher:
Ich finde, dass man Kreativität immer unterstützen sollte. Dabei muss
man auch immer beachten, dass eine neue Entwicklung in der Fanszene
nicht so schnell wachsen kann. Darum ist es wichtig solch positive
Bewegungen auch langfristig zu unterstützen.
schwatzgelb.de:
Du hat einmal eine tolle Dokumentation über die Fans in Dortmund
gemacht, könntest Du Dir vorstellen, so etwas noch einmal zu machen, um
die heutige Fanszene in der Öffentlichkeit richtig darzustellen?
Michael Steinbrecher:
Dafür müsste man wieder ein Thema haben. So wie damals, als diese
riesige Euphoriewelle Dortmund und die ganze Region überschwemmte.
Vielleicht ergibt sich ja mal wieder eine Situation, dann würde ich das
sicher gerne machen.
Abstoss
schwatzgelb.de: Findest Du, dass der Verein trotz seines enormen Wachstums traditionsbewusst geblieben ist? Woran machst Du Deine Meinung fest?
Michael Steinbrecher: Ja. Dr. Gerd Niebaum hat als Anhänger von Borussia Dortmund selbst die Tradition erlebt und erfahren, und pflegt sie noch heute. Ich habe auch den Eindruck, dass fast alle Spieler, die einmal zum BVB gehört haben, bei Borussia sehr gern gesehene Gäste sind, Hinzukommt, dass der Verein Dortmunder Legenden wie Aki Schmidt und Lothar Emmerich eng an Borussia gebunden hat.
Eckball
schwatzgelb.de: Was hältst Du von der Umwandlung des Vereins BVB 09 in eine KGaA, und mit welchen Gefühlen verfolgst Du die Vermarktung des BVB?
Michael Steinbrecher: Es ist grundsätzlich schwierig, die Tradition zu bewahren und gleichzeitig keine neuen wirtschaftlichen Entwicklungen zu verpassen. Das kann schnell zu einer Entfremdung vom Fan führen. Ich habe aber den Eindruck, dass Borussia Dortmund diesen Balanceakt bisher gut gemeistert hat.
Einwurf
schwatzgelb.de: Wenn Du die Wahl hättest zwischen Deiner jetzigen Karriere und einer Karriere als Fußballprofi beim BVB, welche würdest Du wählen?
Michael Steinbrecher: Ganz eindeutig: Meine jetzige Laufbahn! Denn als Spieler müsste ich jetzt langsam aber sicher meinen Abschied feiern. Als Sportjournalist habe ich da noch ein paar Jahre vor mir....
Steilpass
schwatzgelb.de: Du rauchst nicht, trinkst nur wenig Alkohol, hast sogar schon Gedichte und Kurzgeschichten geschrieben und machst einen sanftmütigen Eindruck. Kann ein Michael Steinbrecher, wenn er Fußball schaut, überhaupt abdrehen, oder bleibst Du immer so ruhig?
Michael Steinbrecher: (lacht) Das mit den Gedichten wird mir immer nachgetragen. Dabei bin ich gar nicht der Feingeist als den man mich gerne darstellt. Ganz im Gegenteil. Fußball ist ein Teil meines Lebens, und Fußball lebt nun mal von seiner Dramaturgie. Außerdem habe ich immer mehr so gespielt, wie mein Name klingt.
schwatzgelb.de: Wie hältst Du Dich auf dem Laufenden über die Geschehnisse rund um den BVB?
Michael Steinbrecher: Ich bin oft beim BVB. Bei den Spielen, wie beim Training. Dazu kommt mein Beruf, der es einfach mit sich bringt, dass man sehr aktuelle Informationen bekommt. Nicht zu vergessen mein Vater, der auch rund um Borussia immer sehr gut informiert ist.
Abseits
schwatzgelb.de: Was macht für Dich den Unterschied beim BVB zu Vereinen wie dem FC Schalke 04 und Bayern München aus?
Michael Steinbrecher: Ich nehme Schalke hier mal bewusst raus, auch wenn mir das der eine oder andere BVB-Fan übel nimmt. Aber ich glaube einfach, dass die beiden Vereine sich näher sind als manch einer glaubt. Ich bin so ehrlich um zuzugeben, dass ich mich über die Erfolge der Schalker sehr gefreut habe. Ich bin aus dieser Region und die damalige "Ruhrpott"-Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Die Bayern sind schon viele Jahre vor dem BVB einen sehr professionellen Weg gegangen.
Der BVB ist dagegen fast explosionsartig gewachsen nach den tollen Erfolgen Anfang der 90-er im Uefa Cup. Man investierte mutig, und mit Hitzfeld kam der große Erfolg. Das besondere gegenüber Bayern ist, dass sich die ganze Stadt mit dem BVB identifiziert. Das ist in München anders.
Elfmeter
schwatzgelb.de: Angenommen der BVB schickt Dir einen Scheck über 1 Mio. Euro, um mit diesem Geld im Verein etwas zu ändern bzw. zu verbessern. Was machst Du damit?
Michael Steinbrecher: Ich würde mir ein paar Monate Zeit nehmen, viele Gespräche mit ganz vielen Leuten führen um dann zu entscheiden, wen ich mit dem Geld unterstütze.
Freistoss
schwatzgelb.de: 1 Frage 3 Antworten: Was fasziniert Michael Steinbrecher am BVB?
Michael Steinbrecher:
1) Die Tradition
2) Das Stadion
3) Die Fans
Aufstellung
Michael Steinbrecher: Ich nenne mal ganz bewusst nicht Sammer, Zorc und die anderen großen Namen, mit denen der BVB seine größten Erfolge gefeiert hat. Ich persönlich fand Julio Cesar klasse. Diese Eleganz, seine enorme Zweikampfstärke. Das hat mich schon fasziniert. Genau so wie Paulo Sousa, der zwar oft verletzt war, aber ebenso wie Julio dem BVB den Hauch von Weltklasse verlieh. Diese beiden Spieler waren das I-Tüpfelchen auf eine Klassemannschaft.
schwatzgelb.de: Welchen Spieler würdest Du gerne einmal im Dress des BVB spielen sehen?
Michael Steinbrecher: Einen Zidane, ein paar Jahre jünger, hätte ich sicher gerne mal im BVB Dress gesehen. Ich habe ihn bei der letzten Europameisterschaft live gesehen, und was er da auf dem Rasen angestellt hatte, war schon unglaublich. Aber mit Tomas Rosicky haben wir in Dortmund einen Spieler, den ich auf Grund seiner Jugend und seines Talentes, wenn er nicht schon bei uns spielen würde, gewählt hätte.
Michael Steinbrecher´s "AllStar-Team"
Tor: Tillkowski
Abwehr: Huber - Cesar - Kohler - Sammer
Mittelfeld: Zorc - Rosicky - Dede - Burgsmüller
Sturm: Chapuisat - Emmerich
Abpfiff
schwatzgelb.de: Was wünscht sich Michael Steinbrecher für die Zukunft, bezogen auf Borussia Dortmund?
Michael Steinbrecher:
Sich jetzt den Gewinn des Uefa Cups oder einer weiteren deutschen
Meisterschaft zu wünschen wäre zu einfach. Ich wünsche mir, dass die
Identifikation der Menschen mit dem Verein und der Stadt Dortmund weiter
bestehen bleibt und die kleinen Kritikpunkte, wie z.B. das
Zusammenwachsen der Fanszene nach dem Umbau des Stadions weiter
voranschreitet.