Tatsachen und Träumereien
Spätestens seit dem Herbst 2001 ist die ohnehin nicht vom Erfolg verwöhnte Fanseele der Freunde des 1. FC Köln wieder in ihren alten Trott zurückgekehrt. Der unverhofften zweijährigen Renaissance folgte eine kurze, aber heftige Landung auf dem Boden der Tatsachen. Der Traum des Märchens vom Weg zurück an die Spitze ist vorerst ausgeträumt. Dennoch hat man die Hoffnung nicht aufgegeben, dass, zumindest auf langfristige Sicht gesehen, in Köln wieder etwas zu bewegen ist, schätzt man sich doch heutzutage, teilweise fähiges Personal in seinen Reihen zu haben, im Gegensatz zu den neunziger Jahren.
Wir stellen euch heute, neben der gewohnten schwatzgelb.de Berichterstattung zum nächsten Spiel einem Vorbericht des Kölner Fan´s Andreas Rickmann vor. Andreas hat bereits 2 Bücher über seine Erfahrungen als FC Fan geschrieben und ist in der Supporterszene des FC aktiv. Viel Spaß beim Lesen
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In der Zeit der wiederkehrenden Erfolge kam auch in die Kölner Fanszene Bewegung. Mit Beginn der Saison 2000/2001 wurde im Oberrang Süd erstmals ein offizieller Supporters Block eingerichtet. Hier sammelten und sammeln sich vorwiegend die „Ultras“, deren Großteil schon seit einigen Jahren die Sitzplätze auf dem Oberrang als ihr Zuhause ansehen, um ihr Team nicht nur akustisch, sondern auch durch regelmäßige Choreographien, Schwenkfahnen und Doppelhalter zu unterstützen. Der Block hat auch in dieser Saison noch einen regen Zulauf. Er ist zwar noch recht „frisch“, aus dem Bild der Südkurve aber ist er kaum noch wegzudenken. Auf Grund der abflachenden Stimmung auf den Stehplätzen der Südkurve wanderten nicht wenige in den Oberrang Süd ab. Der berühmt berüchtigte Block 4 aus der Nordkurve dagegen hat sich zu dieser Saison im
Stadion verstreut, wurden doch wegen des vor der Tür stehenden Stadionumbaus keine Dauerkarten mehr für die gesamte Nordkurve verkauft. Viele haben sich ebenfalls vorübergehend im Oberrang der Südkurve angesiedelt, ein anderer Teil kauft sich zumindest für die „brisanten“ Spiele, wie z. B. gegen Mönchengladbach oder Leverkusen, Tageskarten, um auch weiter auf seinen angestammten Plätzen sitzen bleiben zu können. Die große Fahne der „Südstadt Boyz“ hängt vor dem Spiel inzwischen aber regelmäßig am Oberrang der Südkurve und nicht mehr im Norden.
Sportlich steht dem FC das Wasser (wieder einmal) bis zum Hals. Es gibt nicht zu übersehende Parallelen zu den „guten alten Zeiten“. Hohe Niederlagen, bevorzugt zu Hause, und Demütigungen in Derbys , wie schon zu besten Zweitligazeiten gegen Fortuna, bekommt der FC-Fan auch dieses Jahr wieder geboten.
Die normalen „Mechanismen des Bundesligageschäfts“ scheinen in Köln jedoch noch nicht zu greifen. In anderen Vereinen hätte ein Trainer nach sieben Niederlagen in Folge schon dreimal seinen Hut nehmen müssen. Das Gegenteil ist der Fall in Köln. Die Menschen im Stadion stehen auf und klatschen, wenn ihr Trainer Ewald Lienen über die Bande springt und in die Kurve kommt. Im Gegensatz zu der Kölner Tagespresse haben die meisten erkannt, dass ein langfristiges Konzept, wie Lienen und Linßen es zweifellos haben, auch Rückschläge verkraften muss. Die Fans möchten nicht mehr die Fehler der neunziger Jahre machen, zumal Lienen sie in den letzten beiden Jahren doch ziemlich verwöhnt hat und er nun auch einmal etwas von dem Kredit zurückbekommt, den er sich seit seinem Amtsantritt in Köln hart erarbeitet hat.
Endloses Vertrauen wird das Gespann jedoch auch nicht genießen, da besonders die Kölner Medienlandschaft unentwegt am Stuhl von Beiden sägt.
Nach den schweren Spielen gegen Bayern, Schalke und Leverkusen steht der FC nun vor der nächsten großen Aufgabe: Borussia Dortmund. Vergeblich hoffte man bereits in der letzten Saison darauf, endlich auch einmal einen „Großen“ zu schlagen. In dieser Saison bot sich bislang das gleiche Bild. Niederlagen setzte es gegen Bayern, Leverkusen, K’lautern und Schalke. Immerhin gab es gegen die Borussia im letzen Jahr zwei Unentschieden. Wer erinnert sich nicht noch gerne an das tolle 3:3 am 34. Spieltag? Das Spiel war bereits einige Minuten zu Ende, als plötzlich die gesamte Südtribüne im Jubel versank und jeder im Stadion sofort wusste, dass der FC Bayern doch noch die Meisterschaft geholt hatte.
Wieso aber sollte man also ausgerechnet gegen Dortmund, nicht gerade auswärtsschwach, Akzente setzen können? Sieht man sich als FC-Fan einmal die Aufstellung der Borussia an, so könnte einem Angst und Bange werden. Dritter Platz, weit vor Schalke und mit Tuchfühlung nach ganz oben. Keine Frage, hier kommt eine der zur Zeit besten deutschen Mannschaften nach Müngersdorf.
Mit dem Sieg gegen St. Pauli am vergangenen Wochenende konnte der FC zumindest wieder losen Kontakt zu den Nichtabstiegsplätzen aufnehmen. Weiter war es nach den zuletzt ordentlichen Leistungen auf Schalke und gegen Leverkusen ebenfalls sehr wichtig, endlich wieder einmal ein Spiel zu gewinnen. Lienen und Linßen gelang es vor dem Auswärtsspiel in St. Pauli, mit Song und Zellweger die dringend benötigten Stabilisatoren in der Abwehr zu verpflichten, die beide einen ordentlichen Einstand feierten.
Die Verlierermentalität musste unbedingt aus den Köpfen heraus. In Aachen wurde die zweite Möglichkeit innerhalb von einer Woche, wenn auch nicht glanzvoll, dazu genutzt.
So träumen die Kölner weiter ihren Traum von einer goldenen Zukunft und das er irgendwann einmal in Erfüllung geht. In absehbarer Zeit wird er aber wahrscheinlich noch Utopie bleiben.
geschrieben von Andreas Rickmann - Feedback erwünscht! ;-)
Und hier gibt's den gewohnten Vorbericht aus schwatzgelber Sicht