Spielbericht Profis

Täglich grüßt das Murmeltier......

15.09.2001, 00:00 Uhr von:  Jens
Gedränge vor dem Löwengang
Gedränge vor dem Löwengang

Was würde es dieses mal für ein Derby werden? Alles sollte im Schatten der Betroffenheit zu den Angriffen in den USA stehen. Oder etwa doch nicht? Viele Spieler und Offizielle - vor allem auf Gelsenkirchener Seite - hatte vor dem Spiel davon gesprochen, daß das Spiel eigentlich nicht stattfinden solle und auch Frau Möller kündigte an, bei einem Tor gar nicht richtig jubeln zu können. Wie sich noch herausstellen sollte, eine der üblichen Luftblasen der ehrlichen Haut.

Die Ankunft in GE erfolgte unter dem üblichen Gepöbel auf beiden Seiten, augescheinlich also doch alles normal. Wir trafen lange vor dem Sonderzug, um 13 Uhr, am Gästeeingang - dem sogenannten Löwengang - ein. Noch war alles verschlossen, aber immer noch unbeschildert. D.h. für ankommende Gästefans mit Sitzplatzkarten gibt es hier keinen Eintritt, erfahren werden sie es aber erst, wenn sie sich durch die Warteschlange gekämpft haben. Die Ordner am Eingang schimpften ebenfalls darüber und erklärten, daß "kein Geld dasei", um diese Schilder zu kaufen. Unfaßbar und sicherlich nicht richtig, oder Herr Assauer?

Dazu kam es noch zu einer weniger netten Handgreiflichkeit eines GE-Ordners, der eine junge Dortmunder Frau einfach auf den Boden schubste, nachdem sich diese mit einer noch netteren S04-Anhängerin gezofft hatte.

Nach knapp 60 Minuten und dem Software-Ausfall des supi elektronischen Einlaß-Systems betraten wir endlich den Löwengang und wurden auf dem Weg zum endgültigen Eingang noch zweimal durchsucht. Zwischendurch wurden alle Fahnen, Transparente und auch Rucksäcke (!!!) einkassiert. Durch den Tunnel ging es dann in den abgeschlossenen Gästebereich und sofort in unseren Stehplatzblock. Anders als zur Eröffnungsfeier war der mit Glasscheiben abgetrennte Block nun von Dortmundern umgeben. Daneben saßen dann die Blauen. Die nach uns ankommenden Sonderzug-Fahrer hatten offenbar weniger Probleme mit dem Einlaß, schon bei uns hatte man die Kontrolle einfach ausgeschaltet und für jegliche Karte auf "grün" gestellt. Wie üblich - also keine echte Betroffenheit - wurden wir kräftigst bepöbelt, Zurückhaltung war auf beiden Seiten praktisch nicht spürbar.

Gemeinsam gegen den Terror
Gemeinsam gegen den Terror

Borussia begann mit der gleichen Elf wie in Kiew, nur Oliseh mußte Stevic weichen, der sich in Kiew aufgedrängt hatte. Die Blauen mußten auf den Rot-gesperrten Waldoch verzichten und ersetzten ihn durch Van Hoogdalem in der Abwehr. Oude Kamphuis machte aus der erprobten Dreier- eine Viererkette. Nemec spielte für Kmetsch den Staubsauger vor der Abwehr.

Beide Mannschaften traten offensiv an, doch in der Anfangsphase beherrschten die beiden Abwehrreihen das Geschehen. Bereits nach 16 Minuten musste Sammer erstmals wechseln, Reuter musste verletzt vom Platz. Gleich danach fiel das Führungstor für die Blauen. Kohler verlor ein Kopfballduell gegen Agali und Möller nahm das Leder mit. Er überlief Kohler und ließ auch Lehmann mit einem harten Schuß aus vollem Lauf keine Chance, 1:0. Im Gegensatz dazu hatte Borussia in der Offensive nur wenig zu bieten. Lang und hoch auf Koller schien das Rezept zu sein, mit der man die Schalker stoppen wollte. Und so kam einzig Rosicky zu einer guten Torchance, die er jedoch vergab. Die Schalker Defensive stand einfach zu sicher und kompakt, um sie mit solch schwachen Bemühungen auch nur ansatzweise in Verlegenheit zu bringen. Umgekehrt hatten unsere Abwehrspieler viele Probleme mit den schnellen S04-Stürmern Mpenza und vor allem Agali. Auch durch zum Teil überharten Einsatz ließ sich Agali, der seinerseits wie gewohnt austeilte, nicht aufhalten. Doch nach einem der zahlreichen Freistöße erzielte der BVB ein scheinbar reguläres Tor: Wörns köpfte zum 1:1 ein, doch Fandel erkannte den Treffer nicht an, sein Assistent hatte Kohlers passive Abseitsstellung angezeigt und Fandel entschied auf Abseits.

Die Halbzeit wurde durch diverse alberne Werbespots auf dem Videowürfel äußert kurzweilig. So endblödet sich die Victoria in einem Spot, Rudi Assauer mit dem Kommentar "Und das ist ein Guru" zu zeigen..........

Typisch: Schalker Überzahl im eigenen 16er
Typisch: Schalker Überzahl im eigenen 16er

Auch zu Beginn der zweiten Hälfte änderte sich nichts, die Dortmunder Abwehr weiterhin mit zum Teil massiven Problemen gegen die S04-Offensive, die Dortmunder Offensive dagegen kaum existent. Weder Rosicky, noch Koller oder Amoroso konnten dem Spiel ihren Stempel aufdrücken. Einen Spieler besonders negativ hervorzuheben fällt schwer, da vorne keiner auch nur annähernd Normalform erlangte. Warum aber niemand auf die Idee kam, die unsinnigen hohen Bälle auf Jan Koller zu unterlassen, der sich gegen den auch nicht wirklich kopfballschwachen Hajto nur selten durchsetzen konnte, haben wohl nur die wenigsten verstanden. Amoroso bekam phasenweise überhaupt keinen Ball, da das Mittelfeld offensiv nicht existierte und nur wenige kurze, schnelle Pässe auf ihn kamen. Ricken war bspw. ein Totalausfall und wurde zurecht ausgewechselt, am Donnerstag war er allerdings noch beim Arzt. War er vielleicht nicht 100%ig fit und hat noch immer Malessen mit seiner Sprunggelenksverletzung? So kam also Sörensen und Sammer versuchte dadurch die schwache rechte Seite etwas anzukurbeln, Sörensen gelang jedoch auch nur wenig. In der 77. Minute verließ dann der rot-gefährdete Stevic den Platz für Heiko Herrlich, das einzig erfreuliche an diesem Abend. Heiko Herrlich bestritt damit sein erstes Bundesligaspiel seit seiner Tumorerkrankung in der letzten Saison. Erwähnenswert ist noch eine Szene aus der zweiten Hälfte, als Möller Dede attackiert und plötzlich mit vor das Gesicht geschlagenen Händen wie vom Blitz getroffen zu Boden geht. Fandel gibt Freistoß, ist sich dann aber wohl nicht sicher und erteilt Dede keine persönliche Strafe.

Mit 4 Stürmern spielte Sammer nun "Alles oder nichts", doch zählbares sprang nicht mehr heraus. Im Gegenteil: die Schalker waren bei ihren Kontern immer wieder gefährlich, Vermant traf den Pfosten. Borussias Amoroso kam noch zu einer guten Chance, traf jedoch ebenfalls nur den Pfosten des Schalker Gehäuses.

Spott und Hohn - wieder einmal - ertragend ging es für die knapp 6.000 Dortmunder wieder nach Hause. Im alten Parkstadion gelangte man noch durch die Fanmassen zu den hinter der Kurve stehenden Bussen. Doch in der supi Arena ist alles neu und anders. Raus aus dem Gästeblock, rein ins derbe Gewühl vor der kleinen Tür für knapp 1.800 Dortmunder Stehplatzbesucher. Wirklich äußerst deeskalierend und entspannend. Danach die Treppe runter, durch einen kleinen Tunnel und ab durch den Löwengang zum Eingang, dessen große Seitentüren sich für unseren Auslaß nun geöffnet hatten. Draußen warteten die Busse, die uns zum Bahnhof bringen sollten, allerdings nicht sofort. Wie üblich hieß es erstmal lange ausharren, bevor die Motoren gestartet werden. Gegen 18:45 (also gut 1,5h nach Spielende) saßen wir dann endlich in unserem Zug nach Dortmund.

Hier geht es scheinbar ans Tageslicht........
Hier geht es scheinbar ans Tageslicht........
Doch erst durch diesen Tunnel........
Doch erst durch diesen Tunnel........

Fazit:

Borussia hatte einen Sieg nicht verdient und auch ein Punkt wäre glücklich gewesen. Zu schwach und wenig kreativ waren die Offensivbemühungen der Borussen. Die Schalker waren leider wieder einmal besser, wobei wir heute vielleicht lieber von schlechteren Borussen sprechen würden. Saftlos, kraftlos und vor allem vollkommen ideenlos und harmlos das ist das zu fällende Urteil. Fragen muß sich auch Matthias Sammer, ob er gegen die schnellen Schalker Stürmer nicht lieber mit Libero spielen sollte. Das "Eins gegen Eins" in der Abwehr offenbart große Risiken, bei Ballverlust steht das Tor offen, so gesehen beim 1:0. Mit Oliseh und Reuter stehen zwei Spieler im Team, die das können. Ein großes Problem im Angriff stellt sich, wenn Rosicky ausfällt, keiner kann ihn scheinbar richtig unterstützen, falls er mal schwächelt. Zum kotzen ist es jedenfalls mitansehen zu müssen, wie Borussia gegen die großen Gegner nun schon seit Jahren immer wieder verliert und dabei regelrecht chancenlos wirkt. Mit taktischen Fehlern alleine ist das kaum zu erklären. Am Samstag-Nachmittag fehlte wieder einmal eindeutig die Einstellung zum Gegner. Den Schalkern ist es jedenfalls deutlich anzumerken gewesen, daß es galt, ein Derby zu gewinnen. Einzig Jan Koller, der aber mehr als glücklos spielte, Stevic, Kohler, Dede und Rosicky ragten kämpferisch heraus, spielerisch befanden sich alle auf dem gleich schwachen Niveau.

Zur Stimmung:

Laut waren nur die Schalker, wenn auch nicht sonderlich kreativ, war es teilweise wirklich sehr sehr laut und das ganze Stadion machte mit. Das ist bei uns zuhause bekanntlich nicht der Fall und von der Stimmung im Gästeblock kann man auch nur enttäuscht sein, offensichtlich waren zuviele Stadiontouristen in die Arena angereist, im Parkstadion hatten wir jedenfalls immer bessere Auftritte. Ein Häuflein unentwegter probierte es zwar immer wieder, aber die Masse ließ sich nicht anstecken und schwieg.

BoKas Kommentar

Statistik:

FC Sch*lk* 04: Reck - Oude Kamphuis, Hajto, van Hoogdalem, van Kerckhoven - Nemec (76. Thon), Vermant, Böhme, Möller - Mpenza (76., Asamoah), Agali (88., Wilmots) - Trainer: Stevens.

Borussia Dortmund: Lehmann (3) - Kohler (4), Wörns (5) - Evanilson (5), Dede (4), Stevic (4) (77., Herrlich), Reuter (16., Oliseh), Ricken (5,5) (63., Ricken), Rosicky (4) - Amoroso (5), Koller (4,5) - Trainer: Sammer.

Tor: 1:0 Möller (17.)

Gelbe Karten: van Kerckhoven - Reuter, Stevic, Kohler, Amoroso

Schiedsrichter: Fandel - Note 5: viel zu kleinlich und oftmals als Heimschiedsrichter unterwegs. Das nicht gegebene 1:1 geht aber auf die Kappe seines Assistenten, wie im Sportstudio auch Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Striegel klarstellte.

Zuschauer: 60204 (ausverkauft)

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