Spielbericht Profis

Harmloser geht’s nicht! - Bobic:“Das war absoluter ROTZ!“

14.04.2001, 00:00 Uhr von:  Dennis
Das Berliner Olympiastadion
Das Berliner Olympiastadion

Hertha gegen Dortmund, es trat der Tabellenfünfte gegen den -vierten an. Vorher, um 15:30, fand schon das erste Spitzenspiel zwischen dem Tabellenersten, der bayrischen Tretertruppe, und dem Tabellenzweiten, den Holländern des FC Meineid, statt. Schlacke zeigte ein großes Spiel und gewann verdient. Nun hieß es für den BVB Nachlegen, um Anschluss an die Spitze zu halten. Hertha spielte zuletzt Achterbahnfussball - einem überzeugenden 3:0-Erfolg über 1860 München folgte eine enttäuschende 1:3-Pleite bei Werder Bremen. Der BVB dagegen zeigte zuletzt sehr starke Leistungen und hoffte daran anzuknüpfen.

Für die Berliner war gegen den BVB Wiedergutmachung angesagt. Nachdem Marko Rehmer und Michael Preetz, die Anfang der Woche unter einer Erkältung litten, sich wieder fit zurückmeldeten, waren somit fast alle Hertha Spieler wieder an Board. Noch nicht wieder mit von der Partie waren Mittelfeldrenner Dariusz Wosz, der an Windpocken erkrankte, der langzeitverletzte Stefan Beinlich, sowie Kapitän und Torjäger Michael Preetz. Der 15-fache Saisontorschütze musste wegen einer Viruserkrankung zuschauen. Daher stürmte der Iraner Ali Daei anstelle von Preetz neben Alex Alves.

Bei unseren Borussen fehlte neben den Langzeitverletzten Herrlich, Teddy und Kapetanovic auch Jan Derek Sörensen, der an einem Muskelfaserriss laboriert. Der in den letzten Wochen sehr schwache Evanilson war zudem für drei Spiele gesperrt. Daher rückte Christoph Metzelder auf die rechte Außenbahn. In der vergangenen Woche waren außerdem Jürgen Kohler und Dede (Abszess am ....Popo... :-) ) angeschlagen, konnten aber im Olympiastadion beide spielen..

Der in den letzten Wochen sehr torgefährliche Fredi Bobic (sieben seiner neun Tore schoss er in der Rückrunde) stürmte als einzige Spitze, dahinter Addo und Rosicky, die das Spiel machen sollten.

In den Begegnungen zwischen Hertha und Dortmund gab es in den letzten fünf Spielen immer einen klaren Sieger. Dabei behielt die Hertha nur ein einziges Mal die Oberhand, nämlich beim 3:0-Heimerfolg vor zwei Jahren. Die jüngsten drei Aufeinandertreffen gewannen die Borussen allesamt zu Null. Fünf Spiele, fünf deutliche Siege ohne Gegentor. Hertha und der BVB sind in den Spielen gegeneinander offensichtlich für klare Verhältnisse. Für die schwatzgelben spricht, dass sie in der Vorsaison mit 3:0 auch im Berliner Olympiastadion erfolgreich waren.

Dabei geht es für beide Mannschaften um nicht weniger als die deutsche Meisterschaft. Wir könnten mit einem Auswärtssieg nach Punkten zu ...Tabellenführer... Schlacke aufschließen, die Berliner würden mit drei Zählern zu uns aufschließen.

Anpfiff

Einen Knalleffekt gab es schon beim Einlaufen der Mannschaften. Hertha inszenierte für dieses Spiel ein großes Feuerwerk – Auf ging’s!

Die Berliner gingen von Anfang an sehr aggressiv zu Werke. Gleich in der ersten Minute rangelten sich Lars Ricken und der Berliner Konstandinidis. Erster Freistoß durch Rosicky, der zuletzt mal wieder gegen die Bauern zeigte, wie sehr er den Ball aus der ruhigen Lage streicheln kann. Aber der Ball wird von der Hertha-Deckung abgefangen.

Oliseh probierte es dann wie so oft aus 25 Metern, der Ball ging (auch wie so oft) weit am Tor vorbei. Vielleicht sucht er lieber mal ab und wann den freistehenden Mitspieler – Oliseh’s „Weitschussbilanz“: 55 (!!!) Weitschüsse -> 1 Pfostentreffer gegen Legokusen.

Den ersten Eckball flankte „Basti Fantasti“ Deisler in den Borussen-Strafraum, doch die Abwehr stand geordnet und konnte klären.

Verteiltes Spiel in den ersten zehn Minuten mit größeren Spielanteilen für die Gastgeber. Bislang fehlte beiden Teams allerdings eine ordnende Hand. Von den Regisseuren Deisler und Rosicky, auf die sich alle Augen richteten, war noch nicht viel zu sehen.

Und die Meckerei begann...

Es war ein zerfahrenes Spiel. Konstandinidis sah in der 15. Minute Gelb. Erst foulte er erneut einen Borussen, diesmal war Rosicky das Opfer, indem er ihm auf die Wade stieg, dann regte er sich zur Überraschung aller beim Unparteiischen Hermann Albrecht auf. Lars Rickens Nachfrage, warum er dieses unsportliche Verhalten an den Tag legt, quitierte der Grieche mit einem Schubser, wofür er dann vom Schiri Gelb kassierte.

Beim anschließendem Freistoß passte Rosicky auf Lars Ricken, der lief ein paar Schritte und zog dann ab – aber dann doch fünf Meter am Kasten von Gabor Kiraly vorbei.

Die 18. Minute brach an. Alves, dribbelte an Wörns vorbei, kam nach einem schönem Doppelpass mit Daei an der Strafraumgrenze zum Schuss. Aber der Ball ging ganz knapp am Tor vorbei. Lehmann wäre machtlos gewesen.

Der starke Christoph Metzelder legte den Herthaner Hartmann in der 20. Minute. Schiedsrichter Albrecht entschied auf Freistoß, 30 Meter vor dem Gehäuse des BVB. Deisler legte sich das Leder zurecht, nahm zwei Meter Anlauf, und zog den Ball lang und hoch in den Dortmunder Strafraum an den „Fünfer“. Sverisson hatte sich weggeschlichen und kam völlig unbedrängt zum Kopfball und semmelte den Ball über die Latte. Das hätte das 1:0 sein müssen! Schrecksekunde, aber für alle Borussen hieß es jetzt: Mund abputzen, weiter machen...

Und die erste gelbe Karte...

...für Dardai nach einem Foul an dem quirligen Lars Ricken.

Einwurf an der Eckfahne in der Herthaner Hälfte für die Dortmunder – Fehlpass, Berlin konterte vielversprechend. Konstandinidis kam an den Ball, nahm sich ein Herz und zog ab, doch der Ball landete weit hinter dem Tor auf der Tartanbahn.

Die Schwatzgelben zogen kein vernünftiges Spiel nach vorne auf. Die Berliner ließen uns keine Freiräume, störten früh und aggressiv. Die sicher stehenden Defensivreihen zerstörten effektiv die meisten offensiven Ansätze des BVB, wobei Regisseur Tomas Rosicky in seinen Aktionen durch eine konsequente Sonderbewachung durch Kostas Konstantinidis behindert wurde. Sein Pendant auf Berliner Seite, Nationalspieler Sebastian Deisler, hatte zwar keinen direkten Gegenspieler, zog das Spiel jedoch auch nicht entscheidend an sich.

Trotz fehlender Torchancen kam in dieser Phase zunehmend Hektik in die Partie und Schiedsrichter Hermann Albrecht aus Kaufbeuren hatte alle Mühe, die erregten Gemüter zu beruhigen.

27. Minute – Jürgen Kohler klärte nach starkem Solo von Marko Rehmer zur Ecke. „Erster alles“ Deisler auf Seiten der Blauen trat an. Nach einer mal wieder sehr schönen Ecke kam wieder Sverisson frei an den Ball, aber köpfte zwei Meter drüber.

Hertha jetzt offensiver

Nach den ersten Minuten, in denen die Gäste leichte Feldvorteile besaßen, hatten nunmehr die Hausherren das Heft in die Hand genommen. Sie „fraßen“ sich fest in der Gästehälfte und standen hinten kompakt.

Trotzdem wurden sie leichtfertig. Die Berliner zeigten ein gefährliches Kurzpassspiel am eigenen Strafraum bei dem manchem Fan der Atem weggeblieben sein dürfte.

In der 33. Minute kam Lars Ricken 12 Meter vor Kiraly frei an den Ball, traf den selben nicht ganz, aber das machte den Schuss gerade gefährlich. Der Aufsetzer von Ricken senkte sich sehr schnell und hätte fast die Führung gebracht. Kiraly machte sich lang und konnte das Leder noch über die Latte lenken. Eckball.

Während sich Rosicky den Ball zurecht legte, rangelten sich die Spieler im Strafraum. Sverisson packte Ricken an den Hals. Doch eine gelbe Karte gab es nur für Fredi Bobic, der mal wieder zu laut meckerte... Die nachfolgende Ecke brachte nichts ein. Gabor Kiraly fing den Ball locker ab.

Kurz vor dem Seitenwechsel übersah Albrecht ein Halten von Sverisson an Bobic im Gesicht. Bobic fiel...aber es gab nur Abstoß. Man hätte auf Elfmeter entscheiden können.

Halbzeit

Jede Mannschaft konnte eine Torchance verbuchen, ansonsten sah man Foul nach Foul, Rangelei um Rangelei, mit mehr Spielanteilen für die alte Dame aus Berlin. Albrecht hatte alle Hände voll zu tun. Die zweite Hälfte konnte eigentlich nur besser werden.

Nach dem Wechsel sah DFB-Coach Michael Skibbe als Spielbeobachter zumindest couragiertere Herthaner. Erneut hatte Sverrisson (53.) die Führung auf dem Kopf, doch er traf nur die Latte. Das aber war das Signal für die stärkste Berliner Phase.

Der bislang stärkste Dortmunder Christian Wörns erlitt eine Innenbanddehnung im Knie und musste raus. Dafür rückte Metzelder in die Innenverteidigung, Sammer wechselte den Ex-Wolfsburger Sead Kapetanovic ein, der Deisler übernehmen sollte.

60. Minute - Riesenchance für Hertha: Nach Fehler von Jürgen Kohler zog der heute sehr starke Alex Alves aus 20 Metern ab. Aber der sichere Jens Lehmann klärte mit einer Glanztat zur Ecke. Berlin war zu diesem Zeitpunkt deutlich stärker als die Borussia!

Rehmer startete in der 64. Minute ein tolles Solo, lief über die rechte Außenbahn 20-30 Meter, flankte scharf rein, an Lehmann vorbei, aber Jürgen Kohler passte auf, streckte sein Bein aus und klärte ein weiteres Mal zur Ecke.

Die überfällige Führung

Der Eckball wurde schnell ausgeführt. Pass auf Sebastian Deisler, der zog direkt ab an den Elfmeterpunkt. Lehmann machte einen Schritt nach vorn, Rehmer streckte sich lang und kam mit dem Kopf früher an den Ball und versenkte die Kugel im Netz – 1:0. Schwer zu sagen, ob es Lehmanns Fehler war...

Nach Rehmers zweitem Saisontor reagierte Sammer: Für Oliseh kam in Reina ein weiterer Akteur für das bisher lahmende Offensivspiel.

Plötzlich die Chance für die Dortmunder: Nach Vorlage von Dede kam Bobic zum Kopfball, doch der Ball ging knapp vorbei ans Außennetz. Hertha-Coach Röber reagierte und brachte Verteidiger Simunic für Stürmer Alves.

Die letzten 15 Minuten agierten die Schwatzgelben in Überzahl, denn Dardai sah nach einem Foul gegen Heinrich zu Unrecht die Ampelkarte. Sammer setzte jetzt voll auf Offensive. Stevic kam für Metzelder ins Spiel, damit war nur noch Kohler als Innenverteidiger auf dem Platz. Dazu rückte Heinrich nach hinten.

In den letzten fünf Minuten der regulären Spielzeit war es ein Spiel auf ein Tor. Und zwar auf das von Gabor Kiraly. Aber es ergaben sich keine torgefährlichen Aktionen. Das Angriffsspiel überzeugte nicht und war auch nicht zwingend genug.

Kurz vor Ende der neunzig Minuten rannte auch Jens Lehmann nach vorne. Sein Einsatz wurde nicht belohnt. Er sah nur noch die letzte Chance von Giuseppe Reina, die der Berliner Keeper Kiraly mit einer Glanzparade abwehrte.

Fazit: Gegen eine wiedererstarkte Herta enttäuschte der BVB auf ganzer Linie. Von Meisterschafsambitionen war bei den Borussen zu keiner Zeit etwas zu bemerken. Anders als bei den Berlinern, die durch eine engagiert Spielweise – zumindest den eigenen Fans – gefielen. Bei den Schwatzgelben vermisste man vor allem den Siegeswillen, und zum zweiten Mal hintereinander ist er der Mannschaft auch nicht gelungen, aus numerischer Überlegenheit Kapital zu schlagen.
In dieser Verfassung werden wir mit der Meisterschaft nicht zu tun haben – umso ärgerlicher, als das man heute die glänzende Möglichkeit verpasst hat, die Weichen für ein Titelduell mit dem FC Meineid zu stellen. So scheint vieles darauf hinauszulaufen, dass die diesjährige Titelfrage eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera wird.
Allerdings sind noch fünf Spieltage zu absolvieren, wir haben nur 3 Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze und mit Matthias Sammer noch ein Riesenass im Ärmel. Nach diesem Spiel zumindest dürfte Matthes der Mannschaft schon die rechte Einstellung für den Rest der Spielzeit einbläuen.
Und mal ganz ehrlich: Bei DEN Unsympathen in der Spitzengruppe darf eigentlich nur der BVB Meister werden.

Aufstellung und Noten

Hertha:
G. Kiràly - A. Schmidt, D. van Burik, E. Sverrisson - M. Rehmer, P. Dardai, K. Konstantinidis, M. Hartmann - S. Deisler - A. Daei, A. Alves (72 J. Simunic)

Dortmund:
J. Lehmann (2,5) - C. Wörns (2,5) (54. Kapetanovic (4) ), S. Oliseh (4,5) (68. Reina (-) ), J. Kohler (3) - J. Heinrich (3), C. Metzelder (2,5) (77. Stevic (-) ), L. Dede (3,5) - T. Rosicky (4) , L. Ricken (3,5) - O. Addo (5) , F. Bobic (4,5)

Schiedsrichter:
Hermann Albrecht (Kaufbeuren)

Tore:
1:0 Rehmer (65.)

Zuschauer:
55.000

Gelbe Karten:
Konstantinidis (16.), Dardai (23.), Bobic (34.), Deisler (69.), Kapetanovic (73.)

Gelb-rote Karte:
Dardai (75.)

Ecken: 7 : 4

Chancen: 7 : 3

Fouls: 27-7 (!)

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