Borussia bremst Volkswagen-Truppe aus
Wolfsburgs Trainer Wolfgang Wolf faßte das Spiel in der Pressekonferenz für seine Werkself so zusammen: "Ich bin froh, daß der Sieg in der zwoten Halbzeit nicht noch höher ausgefallen ist. Die haben im Moment einen Lauf, alles, was sie anfassen, das gelingt auch!" Eigentlich wäre damit schon fast alles gesagt, hätten zwischen Anpfiff und diesen Worten nicht so tolle Spielzüge und Tore gelegen.
Vor dem Spiel wurde in Block 82 von den Supporters Dortmund ein Transparent entrollt, um die Ernsthaftigkeit des Gegner deutlich zu machen. Wolfsburg (WOB) ist für die meisten Fußballfans wohl nicht mehr als ein Werksverein des VW-Konzerns, ähnlich wie die Chemikanten aus Leverkusen.
Es wurden allerlei Statistiken hervorgekramt, um sich siegessicher zu zeigen. So hat der BVB unter der Leitung von Sonnenbankkönig und Schiedsrichter Franz-Xaver Wack noch nie ein Spiel verloren, alle bisherigen Heimspiele gegen den VfL waren sogar 2:1 ausgegangen. Dazu noch die ersten 3 Pflichtspiele dieser Saison ohne Gegentor, was sollte also schiefgehen?
Borussia spielt gegen die Wölfe mit der gleichen Aufstellung wie am 1. Spieltag gegen den 1.FC Nürnberg. Wörns kehrt ins Team zurück, für ihn weicht Metzelder. Trotz einer guten Partie in Donzek muß Oliseh wieder auf der Bank Platz nehmen. Reina musste verletzt passen (Patellasehnenverletzung). Heinrich kann trotz eines Fingerbruchs spielen. Wolfsburg muss nach Emeka (Knie), Juskowiak, Müller, Sarpei, Weiser, Maric, Thomsen und Nowak auch kurzfristig auf Madsen (Rücken) und Greiner (Knie) verzichten.
Die Rollen sind schnell verteilt: Petkovic spielt gegen Amoroso, Biliskov gegen Koller und Kryger gegen Rosicky.
Wack eröffnete das Spiel und schon nach 2 Minuten bekam der BVB die erste Ecke, doch Kollers Kopfball geht über das Tor. In der 6. Minute wieder Hektik, Koller will Ricken freispielen, doch 2 Wolfsburger grätschen ineinander und Schnoor benötigt eine längere Behandlung. Nur 2 Minuten später die erste Chance, doch Reitmeier klärt in höchster Not gegen Ricken.
In der 11. Minute folgt die 2. Ecke für den BVB, diese wird zunächst abgewehrt. Dede spielt zum freien Evanilson, der flankt in die Mitte und Heinrich kommt nicht unter den Ball, doch Amoroso stand besser! 3 Minuten später: Amoroso wird gefoult, Wack läßt weiterlaufen und Ricken verfehlt aus 18 Metern knapp das Tor.
In der 19. Minute dann die erste Chance für den VfL Wolfsburg: Akonnor speilt sich im Strafraum frei, Evanilson kann im letzten Augenblick retten!
Nur eine Minute später spielt Rosicky einen wunderschönen Pass auf Ricken in den Strafraum, der spielt zurück auf Rosicky und der aus 17 Metern übers Tor.
In der 25. Minute erspielt sich der VfL erneut eine Chance. Doch Ponte schießt Lehmann aus 15 Metern in die Arme. Dieser Chance trauert VfL-Trainer Wolf noch in der abschließenden Pressekonferenz nach. Die leise Hoffnung klingt mit, daß das Spiel dann vielleicht anders ausgegangen wäre.
Doch dann fällt endlich das 1:0. Koller setzt sich im Zweikampf durch, verletzt sich offensichtlich und bleibt an der Mittelinie liegen. Wack läßt jedoch weiterlaufen und Rosicky spielt einen traumhaften Paß genau in den Lauf von Amoroso und der ist einen Schritt schneller als die gesamte Abwehr, legt dann Ball mit links am Torwart vorbei und schiebt ihn dann wieder mit links lässig zum 1:0 ein.
Dieses Tor wirkt erlösend und die Mannschaft scheint die Müdigkeit der Anfangsminuten verloren zu haben. Reuter schnappt sich den Ball, läuft auf den Strafraum zu, dringt über die rechte Flanke in den 16er ein und flankt am Strafraumeck blitzsauber in die Mitte genau auf den Fuß von Ricken kann im 5 Meterraum den Ball volley zum 2:0 einschießen (33. Minute).
Kurz vor Ende der ersten Hälfte umspielt Rosicky 3 Wölfe und wir gefoult. Wack entscheidet auf Freistoß. Die 20 Meter Torentfernung können Jan Koller nicht abhalten, er zieht ab, die Wolfsburger Mauer erweist sich als äußerst durchlässig und der Ball landet zum 3:0 unten rechts im Netz.
Heinrich verläßt nun leicht angeschlagen verläßt den Platz, für ihn kommt Oliseh. Koller hatte bei seiner Jubelorgie offensichtlich eine Kontaktlinse verloren und verläßt den Platz in Richtung Kabine. Er erscheint 2 Minuten später wieder auf dem Platz.
Unter tosendem Applaus wird die Mannschaft in die Kabine entlassen. Währenddessen tauscht Amoroso mit seinem Gegenspieler das Trikot, für den Brasilianer nichts außergewöhnliches, für die deutschen Medien dagegen schon. Sie stellten während der Pressekonferenz eine Menge Fragen zu dieser Nebensächlichkeit. Eine weitere Folge der "ranokratie" im deutschen Sportjournalismus!? So kündigte das Aktuelle Sportstudio den Spielbericht aus Dortmund damit an, daß jetzt etwas einmaliges zu sehen sei. Naja, wir befassen uns dann lieber mit dem sportlichen. Wen interessiert schon der Trikotwechsel zweier Spieler?
Sofort die erste Chance für den BVB. Oliseh setzt sich links gut durch, verlängert im fallen auf Ricken, der flankt sauber in der Strafraum, ein Wolfsburger kann jedoch vor Koller abwehren. Erst die dritte Ecke für den BVB. Der abgewehrte Ball gelangt zu Dede, der flankt direkt in den Strafraum. Amoroso kommt an den Ball und gerät Plaßnegger in die Quere. Schiedsrichter Wack steht gut und verweigert zu Recht einen Elfmeter.
Wörns spielt einen Traumpass auf Ricken, der zieht volley aus 10 Metern ab, aber Reitmeier kann zur 4. Ecke klären. Auch die Ecke wird abgewehrt, doch Evanilson flankt den Ball wieder vor das Tor und Kohlers Kopfball wird eine Beute der Wolfsburger Abwehr (53. Minute).
Wieder ist Amoroso frei vor Reitmeier, diesmal kann er abwehren. Amoroso holt sich den Ball im Strafraum zurück und legt phantastisch zu Rosicky auf. Ein Wolfsburger wirft sich dazwischen und lenkt zur Ecke ab (58. Minute).
Dann verläßt Amoroso unter großem Beifall den Platz, für ihn kommt Sörensen.
Wieder ein schneller Dortmunder Angriff: Rosicky spielt Sörensen in den Lauf, der verzieht nur knapp (62. Minute).
Dann nimmt Borussia merklich das Tempo aus dem Spiel und beschränkt sich auf Spielkontrolle, die schwachen Wolfsburger finden kein Mittel, um sich offensiv in Szene zu setzen.
Ricken ist alleine auf dem Weg zum Tor, Reitmaier hält. Gleich danach stürmt wieder Ricken über rechts, flankt, doch kein Dortmunder kann an den Ball (80. Minute). 1 Minute später flankt Dede von links, aber Koller setzt den Ball übers Tor.
Dann ist es endlich soweit: Reuter über links, flankt auf Rosicky und der zeigt seine ganze Klasse, ohne Hektik nimmt er den Ball an und hebt ihn über Reitmeier zum 4:0 ins Tor.
In der 85. Minute verläßt Kohler ebenfalls unter großen Applaus den Platz, für ihn kommt Madouni zu seinem ersten Bundesligaeinsatz.
Kurz vor Schluß ein Angriff über rechts, Evanilson spielt Sörensen im 16er an, der paßt klug zu Ricken weiter, doch dieser verfehlt das Tor nur um wenige Zentimeter.
Die Stimmung im Stadion war durchwachsen, begann gut und ließ bis zum 1:0 merklich nach. Für die Masse gilt also weiterhin "Only sing, when we're winning!" Nach den Toren war es dann jedoch recht laut im Stadion und die Euphorie, die uns so langsam erfaßt, ist praktisch greifbar. Freuen wir uns alle auf das nächste Auswärtsspiel und 90 Minuten Dauersingen.
Fazit:
Borussia siegt völlig verdient, in der zweiten Hälfte hätte der Sieg durchaus höher ausfallen können. Auch Matthias Sammer bestätigte in der Pressekonferenz "den Lauf seiner Mannschaft". Aber, so betont er, "diesen Lauf bekomme man nicht geschenkt, man müsse ihn sich immer wieder neu erarbeiten." Er warnte bereits jetzt vor dem kommenden Gegner Rostock und den übrigen, schweren Aufgaben, die noch folgen werden. Auch sei die Regeneration der Mannschaft äußerst wichtig, von Europapokalspielen, wie auch den Nationalmannschaften. Matthias war froh über das relativ frühe 1:0 seiner Mannschaft, das habe Sicherheit und Erleichterung gebracht. Danach lief es fast wie von selbst. Wie nach den vorangegangenen Spielen wollte Matthias Sammer von Meisterschafts-Ambitionen seines Teams nichts wissen, schließlich könne man nach gerade einmal 3 Spielen nicht über Abstieg, Meisterschaft etc. richten. Die Euphorie der Fans wollte er aber nicht verbieten lassen und werde gerne dazu beitragen, daß wir alle ein schönes Wochenende haben.
Erwähnenswert ist weiterhin die starke Defensivleistung der gesamten Mannschaft. Selten konnte man eine Angriffsreihe beobachten, die offensiv so stark ist und gleichzeitig wahnsinnig nach hinten arbeitet. Wie Rosicky, Koller und Amoroso sich immer wieder die Bälle erlaufen und hinten abgrätschen, sucht wohl seinesgleichen. Die Abwehr selbst wurde auch deswegen heute nur selten gefordert.
Borussia ist endlich Spitzenreiter und nun seit 8 Ligaspielen ohne Niederlage und noch immer ohne Gegentor in der laufenden Saison. Bedenkt man, daß ausgerechnet dieser Mannschaftsteil immer als Schwachpunkt angesehen wurde........
Nach dem Spiel ließ die versammelte schwatzgelb.de-Redaktion und einige Forum-User den Abend noch gemütlich bei ein paar Bier ausklingen. Das Spiel und das Ergebnis waren ein schöner Anlaß für eine kleine Siegesfeier.
Statistik:
Spieler des Spiels aus Sicht der Fachpresse: Lars Ricken
Unser Spieler des Spiels: Jürgen Kohler, er verlor keinen Zweikampf.
Aufstellung: Lehmann (2), Wörns(2), Evanilson(2), Kohler (1,5) (86. Madouni), Heinrich (4) (43. Oliseh (2,5)), Reuter (2), Koller (2,5), Rosicky (2), Dede (2), Ricken (2), Amoroso (2) (59. Sörensen(4) )
Ersatzbank: Stevic, Bobic, Oliseh, Laux, Metzelder, Madouni, Sörensen
SR: Dr. Franz-Xaver Wack (2) souveräne, unauffällige Leitung des ohnehin recht fairen Spiels; Assi1: Günther Perli, Assi2: Thortsen Schiffner
Zuschauer: 66.000
Ecken: 7:3
Gelbe Karten: 26. Petkovic, 68. Kohler
Tore: 1:0 Amoroso (28.) 2:0 Ricken (33.) 3:0 Koller (40.) 4:0 Rosicky (83.)