Die Mannschaft mit der Maus
Als Heribert Fassbender anfangs der 80er die Moderation der Sportschau übernahm, wusste er noch gar nicht, was ein "Topspiel" ist. Klar, Topspiel war seinerzeit, wenn die zwei Dauerrivalen der 70er (Gladbach und Bayern) gegeneinander antraten, oder der HSV mit Kevin Keegan im Endspurt wichtige Punkte sammeln musste.
Eins aber musste Heribert damals nicht: Er musste sich keine Superlativen für Topspiele einfallen lassen, die eben diesen Titel nicht verdienten. Anfang der 80er übertrug die ARD allsamstaglich 3 Spiele in Aufzeichnung. Meist beschränkte man sich dabei sogar noch auf die regionalen Mannschaften. So konnten sich die Zuschauer des WDR z.B. alle paar Wochen einmal über einen Ausschnitt über den BVB freuen (die Ergebnisse der 2. Liga konnte man höchstens in der Buerschen Zeitung nachlesen). Eins blieb dem Fernsehzuschauer jedoch erspart: In Hamburg wusste bis zur Bergschadenkatastrophe im vorigen Jahr kein Mensch wo Wattenscheid liegt und wer keine Faible für Kleinstädte im Saarland hat, hat sicherlich auch den FC Homburg vergessen, der in den 80ern mal in der Bundesliga gespielt hat.
Eine Stadt, deren Stadion größer war, als ihre Einwohnerzahl (man stelle sich mal vor, dass Westfalenstadion würde 700.000 Zuschauer fassen). Nein, der Fussballzuschauer der 80er blieb von solchen Vereinen weitgehend verschont, und wo man die damalige Bundeshauptstadt Bonn schon ungestraft als "Graue Maus" unter den europ. Hauptstädten beschimpfen konnte, setzte sich dieser Begriff auch schnell für eben all diese kleinen Vereine durch, die damals wie heute niemanden interessierten. Synonym für eben diese "grauen Mäuse" wurde seinerzeit der VfL Bochum, dem man reichlich Mäusegift und Fallen aufgestellt hat, jedoch nie loswerden konnte. Die Privatsender 90er änderten jedoch einiges. Alles was nicht trendy und hip genug für hohe Zuschauerzahlen war, verschwand nach und nach von den Bildschirmen.
Der einzige Bereich, der davon anfangs verschont wurde, blieb der Fussball. Liebend gern hätten erst die Anpfiff- und dann die Ran-Macher dafür gesorgt, dass Vereine wie der MSV Duisburg oder Bayer Uerdingen aus der Bundesliga verschwinden. Ging aber nicht. Also dachten sich die Macher in den Sportredaktion eine höchstgemeine und perfide Idee aus, um eben diese Vereine trotzdem den TV-Allesfressern schmackhaft zu machen. Man entwickelte einfach lustige Marketingstrategien für Vereine, die bislang keine Sau interessierten - nicht mal in der eigenen Stadt. Wenn es klappt aus einer dummen Vorstadtschlampe eine Sonntagabendmoderatorin zu machen, muss es auch gelingen einen Betriebssportgemeinschaft als Weltclub zu verkaufen.
Was der Grotifant und die Zebragirls nicht schafften, gelang den Marketingstrategen in Mainz und Ismaning mit Leichtigkeit: "Neues aus Unterhaching" oder lustige Namen, wie "Die Breisgaubrasilianer" sollten dafür sorgen, dass beispielsweise der Rumpelfussball bayrischer Vorstadtkicker ebenso viel Beachtung findet wie ein Europapokalendspiel. Die Rechnung der Macher, war ganz einfach: Wer glaubt, GZSZ wäre grosses Kino, nimmt auch den Fernsehmachern ab, dass Erich Lejeune der Agnelli von Unterhaching ist. Die ran-Sendung lebt nun einmal davon, dass zwischen den Werbeblöcken Fussballspiele gezeigt werden. Und damit Fernsehdeutschland bis 19.45 vorm Fernseher verharrt, um endlich den BVB gegen Schlacke siegen zu sehen, muss eine Strategie gefunden werden, damit auch Spiele der Hachinger in Wolfsburg Beachtung finden.
Mit selbstgemachten Sensationen und Geschichten um selbstgemachte Stars, die nicht mal die Verwandtschaft auf dem Dorf interessieren dürfte. Wer anderes behauptet gilt als arrogant. Als Michael Meiers vorletzte Saison angesichts eines Aufstiegs der Spvgg von einer "makroökonomischen Katastrophe" sprach, so wurde er mit soviel Verachtung seitens der Presse gestraft, als hätte ein Industriekapitän soeben die Kündigung von 20.000 Arbeitsplätzen beschlossen. So lange es bei Unterhaching und dem VfL Wolfsburg bliebe, könnte der gemeine Fussballfan sicherlich schmunzeln und darauf verweisen, das solche Vereine kommen und gehen. Homburg, Wattenscheid, Blau-Weiss 90, Tasmania - irgendwann sind sie alle irgendwo verschwunden... Der schlimmste dieser Vertreter treibt nun allerdings seit Jahrzehnten sein Unwesen in der Bundesliga und lässt sich auch mit harten Waffen nicht dauerhaft vertreiben.
Wie verzweifelt muss man angesichts nicht erwiderter Liebe Fussballdeutschlands sein, dass man sich mit der erstbesten Buckligen ins Bett legt und eine Fanfreundschaft mit dem FCB gründet ? Der VfL ist schon ein Fall für sich, auch wenn sie längst nicht mehr unabsteigbar sind und mehr und mehr zur Fahrstuhlmannschaft werden. 3 Abstiege und Aufstiege binnen so kurzer Zeit hat noch kein anderer Verein geschafft und angesichts der Managementleistungen kann man sicher sein, dass Liftboy Zumdick die Tür auch bald wieder zur Abfahrt schliessen muss.
Oder wie sagte unser Jens letztens so passend: "Fahrstuhl bleibt Fahrstuhl - da wird von heut auf morgen kein Flugzeug raus"