Von Niko Kovac und Planlosigkeit
Der BVB gewinnt zwar noch Spiele, doch die Freude bleibt aus. Der Trainerwechsel zu Niko Kovac sorgt für Skepsis. Fehlende Identität und Chaos prägen den Verein - Besserung? Ungewiss.
Borussia Dortmund ist noch in der Lage, Fußballspiele zu gewinnen. Der Sieg über Schachtar Donezk und dem FC Heidenheim waren sicherlich nicht über die gesamte Spielzeit schön anzuschauen und lassen die Fangemeinde nicht zwingend Autokorsos am Borsigplatz fahren, sie waren aber dennoch enorm wichtig für die Moral der Spieler und auch der Fans.
Während des Spiels gegen Donezk sickerte allerdings auch die Nachricht durch, dass Niko Kovac der neue Trainer von Borussia Dortmund wird. Der ehemalige Coach von Eintracht Frankfurt, Bayern München, der AS Monaco sowie des VfL Wolfsburg beerbt Nuri Sahin und wird mit einem Vertrag bis 2026 ausgestattet.
Man muss in der Betrachtung dieser Verpflichtung möglicherweise die Kirche etwas im Dorf lassen. Niko Kovac ist als Trainer vielleicht keine internationale Größe, wird dem BVB aber auch kein Klotz am Bein sein, wie man es anderswo bereits gesehen hat.
Dennoch wird der Trainerwechsel überwiegend negativ aufgenommen. Zur Wahrheit gehören nämlich auch, dass Borussia Dortmund sich in den letzten Wochen immer wieder selbst damit übertrumpft, auf die planloseste Art und Weise aufzutreten, die nur möglich ist. Die Hinrunde wurde im Wesentlichen von der nicht vorhandenen Kadertiefe bestimmt. Nun folgt eine Transferphase, in der man zwar durch die Medien kommunizierte, an einem Dutzend Spielern interessiert zu sein, aber die Anzahl der Neuzugänge beträgt am 30. Januar immer noch Null und es scheint auch nicht so, als würden in den nächsten Stunden noch überraschende Zugänge verkündet werden können. Viel mehr bereitet Sebastian Kehl die Fangemeinde mit Zitaten wie: „Kann auch sein, dass wir nichts mehr tun“, auf dieses Szenario vor.
Der Weg, den Borussia Dortmund aktuell einschlagen möchte, um kurz- und mittelfristig wieder erfolgreich zu sein, ist aktuell schlicht nicht ersichtlich. Es gibt weder eine klare Philosophie in der Kaderplanung noch in der Spielweise. Mike Tullberg wollte sich auf die Tugenden des alten Ruhrgebiets-Fußballs verlassen. Die Verantwortlichen und Fans wollen aber Champions League-Fußball sehen. Unter Niko Kovac wird sich das kaum ändern. Diese Diskrepanz zwischen der Wunschvorstellung und der Realität spiegelt sich auch bei den in den anderen Teilen des Vereins wider. Die Chefetage arbeitet nicht miteinander, sondern entweder aneinander vorbei oder noch viel schlimmer aktiv gegeneinander. Trotz vorhersehbarer Szenarien in Sachen Abgänge und Trainerentlassung wirkt das ganze Vorgehen aktuell planlos und ohne klares Ziel vor Augen. Borussia Dortmund hat aktuell viele Probleme. Dass sie zudem ohne Identität dastehen, ist sicherlich nicht das geringste.
Niko Kovac ist dabei eher die Spitze des Eisbergs, aber auch anhand seiner Personalie lassen sich die aufgezählten Punkte abarbeiten. Den Job als Retter bzw. Feuerwehrmann wollte er nicht, weswegen man ihm jetzt den Vertrag bis 2026 gegeben hat. Wenn man an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert gewesen wäre, wäre die Vertragslaufzeit deutlich länger. Abermals steht Borussia Dortmund also ohne richtige Idee in der Mitte. Kovac‘ Idee von Fußball ist nichts, womit man die Stadionzuschauer von ihren Sitzen haut.
Wahrscheinlich ist der grundsätzliche Plan, die Mannschaft wieder mit einer gewissen Seriosität und mehr Pragmatismus spielen zu lassen – aber sind nicht genau das auch die Attribute, die Mike Tullberg auszeichnen? Warum gibt man jetzt abermals hohe Gehaltskosten für einen Trainer aus, dessen hochgradig wahrscheinliches Schicksal es ist, am Ende der Saison für einen teuren Ersatz zu weichen?
Persönlich fehlt mir die Fantasie, dass Spieler wie Brandt oder Sabitzer, die seit Beginn der Saison in einem Formtief stecken, unter Kovac wieder das Fußballspielen für sich entdecken. Ohne große Verstärkungen wird Borussia Dortmund genau in den aktuellen Gefilden der Tabelle herumkrebsen und muss sich eher nach unten schauen als nachzurechnen, wie viele Punkte Abstand es noch zu den Top-4 sind.
Vielleicht strafen Kovac und die Mannschaft mich ja auch Lügen und man muss ihm definitiv eine faire Chance geben. Aktuell aber wirkt die Gesamtsituation wie der Tropfen Wasser auf den bereits lichterloh brennenden Wald.