Rheinmetall soll Sponsor beim BVB werden Ziel verfehlt
Kurz vor dem Champions-League-Finale sickert durch, dass Rheinmetall zukünftig als Sponsor bei Borussia Dortmund sichtbar wird. Ein zumindest diskutabler Deal, dessen Begleitumstände jedoch ganz und gar nicht diskutabel, sondern eine veritable Frechheit sind.
Ich bin kein Freund von Rüstungsunternehmen. Gleichzeitig weiß ich, dass diese leider notwendig sind. Während das Herz sich eine Welt ohne Panzer, Minen und Gewehre wünscht, weiß der Kopf, dass dies illusorisch ist. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat dies einmal mehr eindrucksvoll bestätigt. Waffen sind ein Teil unserer Welt und leider brauchen auch die Guten Waffen, um sich gegen die Bösen zu verteidigen, wenn man es mal ganz plakativ sagen will. Trotzdem möchte ich persönlich nicht, dass ein Rüstungsunternehmen beim BVB wirbt. Aber ich verstehe auch, dass Leute das vielleicht anders sehen. Deswegen geht es hier nicht um das Engagement an sich. Sondern um die Begleitumstände.
Der Zeitpunkt
Es mutet schon kurios an, dass dieser Deal ausgerechnet kurze Zeit vor dem wichtigsten Spiel der letzten elf Jahre durchsickert. Die Vereinbarung mit Rheinmetall wurde mit Sicherheit nicht erst in den letzten Tagen getroffen. Laut Handelsblatt soll das Logo sogar bereits in dieser Woche während der Finalvorbereitungen auf einer Bande zu sehen sein. Der BVB hätte also Zeit genug gehabt, proaktiv an die Öffentlichkeit zu gehen und seine Beweggründe für den Deal zu erklären. Nun entsteht der Eindruck, dass dies gar nicht gewünscht ist. Sondern dass man den Deal still und heimlich im Umfeld des Finales durchsickern lassen wollte, um den Protest kleinzuhalten. Ein Armutszeugnis für den fünftgrößten Verein der Welt, in dessen Organigramm sich eine eigene Abteilung für Kommunikation findet.
Die Begründung
Das Handelsblatt will erfahren haben, dass es dem BVB natürlich nicht um das Geld alleine geht. Sondern darum, eine öffentliche Debatte darüber zu entfachen, was für die Sicherheit des Landes notwendig ist. Leute, geht‘s noch? Wen wollt ihr hier eigentlich verarschen? Die Öffentlichkeit, in der Hoffnung, dass man euch eure angeblichen hehren Ziele abnimmt? Oder euch selbst, weil ihr euch auch nicht so ganz wohlfühlt mit diesem Deal?
Mal ein Tipp: Wenn Ihr eine öffentliche Debatte auslösen wollt, dann nehmt ein bisschen Kohle in die Hand und produziert einen Spot, in dem Mats Hummels, Julian Brandt und Emre Can ein Praktikum bei der Bundeswehr machen und am Ende erklären, dass die Bundeswehr aufgrund der Lage in der Welt wichtig ist, vernünftig ausgerüstet werden muss und dies leider ein Riesenhaufen Steuergeld kostet. Das wäre ehrlich und würde eine Debatte auslösen. Aber zu glauben, dass die Einblendung eines einzelnen Rüstungskonzerns auf der Werbebande eine nationale Debatte über die „Verteidigung der Freiheit in Europa“ auslösen wird, ist schon die höhere Kunst der Selbstverarschung. Zumal man auch trefflich darüber diskutieren kann, ob die Stärkung der nationalen Sicherheit nicht eher die Aufgabe der Politik und nicht eines Fußballvereins ist.
Leute, macht euch einfach gerade, sagt klar, dass Rheinmetall Image haben will und der BVB Geld. Und dass ihr entschieden habt, dass Rheinmetall eine Firma ist, die den Werten von Borussia Dortmund entspricht und deswegen als Sponsor genommen wird. Aber spart euch euer staatsmännisches Rumgeblubber.
Die angebliche Einbindung der Fans
Im Artikel der Ruhr Nachrichten zur Thematik wird berichtet, dass unter anderem Fanvertreter bei der Entscheidungsfindung befragt wurden. Also hat tatsächlich ein Dialog mit den Fans stattgefunden? Finden diese den Deal voll okay? Ist also alles aus Fansicht voll transparent und gut abgelaufen?
Leider nein, das Gegenteil ist der Fall. Nicht zum ersten Mal ist es so abgelaufen, dass der Fanrat über die Entscheidung zwar informiert wurde, dabei aber nicht klar kommuniziert wurde, ob die Entscheidung schon getroffen wurde oder noch aussteht. Dass der Fanrat erst zwei Wochen vor der jetzigen Veröffentlichung einbezogen wurde, lässt vermuten, dass die Entscheidung über das Sponsoring zu diesem Zeitpunkt bereits (oder längst) gefallen war. Zudem war das Thema vorab nicht bekannt, was den anwesenden Fanvertreter*innen die Argumentation nicht leichter macht. Dass zum Abschluss drum gebeten wird, das Thema vertraulich zu behandeln, verhindert dann auch einen aktiven Diskurs in der großen Fanszene außerhalb der Gremien.
Nun liegt die Funktion des Fanrats (und auch anderer Fanvertretungen) nicht darin, Entscheidungen für den Verein zu treffen oder zu revidieren, sondern den Verein bei seinen Entscheidungen aus Fansicht zu beraten. Und man muss dem Verein auch zugutehalten, dass er diese Meinungen einholt und sich in diesen Gremien auch kontroversen Diskussionen und Kritik stellt. Leider dringt davon nichts nach außen. Stattdessen betont der Verein lediglich, dass man den Austausch mit den Fans gesucht hat. Darüber, dass in den Gesprächen kritische Worte über das Sponsoring fielen, wird kein Wort verloren. So erweckt der Verein den falschen Eindruck, dass das Thema im Einvernehmen mit den Fans entschieden wurde.
Dies passiert nicht zum ersten Mal. Auch bei der umstrittenen Verpflichtung Felix Nmechas ging man ähnlich vor. Eigentlich laufen beim BVB auch auf höchster Ebene genug Leute rum, die die Fanseite kennen und auch wissen, dass ein solcher Umgang nicht geht. Ob sie nicht gehört werden oder selbst nicht laut genug werden, möchte ich von außen nicht beurteilen.
Der BVB muss dringend aufpassen, nicht in die DFB-Falle zu tappen. Auch dieser hat jahrelang versucht, den Fans zu suggerieren, sie wären ein Gesprächspartner auf Augenhöhe, um dann die Gespräche zwischen Fans und Verband als Feigenblatt zu nehmen. Das Ergebnis heute: Die Fronten sind verhärteter denn je. Ein Szenario, das auch dem BVB droht. Der Fanrat ist eines der aktiven Sprachrohre der Fanszene. Und kein Feigenblatt, das umstrittene Vereinsentscheidungen legitimieren soll.