Edin Terzic verlässt den BVB Dortmunder Schmierentragödie
Von Champions-League-Held zu tragischer Figur: Dortmunds Trainer Edin Terzic verkündet seinen Abschied unter schwierigen Umständen, trotz sportlicher Erfolge und nahezu erreichter Großtaten.
Dat musse erstma so hinbekommen. Vor zwei Wochen ist man noch der absolute Überraschungsfinalist in der Champions-League und statt dieses bemerkenswerte Erlebnis in Schwung und Euphorie rund um den Borsigplatz umzuwandeln, legt man eine Schmierentragödie hin, wie man sie selbst in München an der Säbener Straße nicht besser hätte inszenieren können. Am heutigen Tag durfte Edin Terzic sein Ende als Trainer bei Borussia Dortmund wenigstens noch selbst verkünden und einen Rest an Würde bewahren.
Rein fachlich gibt es einige Gründe für diese Entscheidung. Aus sportlicher Sicht war die Zeit unter Edin ein erstaunliches Paradoxon. Es fehlten jeweils nur ein bisschen und er hätte in drei Jahren den DFB-Pokal, die Meisterschaft und die Champions League gewonnen. So wurden es nur der Pokal und zwei Vizemeisterschaften. Das war verdammt nah am Optimum. Gleichzeitig gab es in allen drei Spielzeiten deutliche Kritik am Fußball, den Terzic spielen ließ. Bereits nachdem er die Nachfolge von Lucien Favre angetreten und zuerst mit einem Sieg über Leipzig ein erstes Ausrufezeichen gesetzt hatte, folgte eine Serie von Spielen, die wenig Grund zur Begeisterung boten. Nach der Heimspielniederlage gegen Eintracht Frankfurt schien eine erneute Teilnahme an der CL schon verspielt. In den beiden folgenden Saisons erregten vor allem die Hinrunden den Unmut der Tribünen. Borussia hatte selbst gegen die sogenannten „kleinen Gegner“ große Probleme, dominant aufzutreten. Passspiel, Laufwege und die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen – alles wirkte deutlich ausbaufähig. Vielleicht war es eigentlich sogar gut, sich jetzt zu trennen. Vom Output her hätte es eigentlich nur noch bergab gehen können nach Wembley.
Mats Hummels als "Königsmörder"
Wenn man sich denn anständig und freundschaftlich getrennt hätte.
Stattdessen durfte Mats Hummels vor dem Champions-League Finale per Interview die Arbeit des Trainers in der Hinrunde in den Spielen gegen Stuttgart und Augsburg in zuvor selten vernommener Schärfe demontieren. Er habe sich geschämt, wie demütig und destruktiv man in diesen Spielen aufgetreten sei. In der Sache waren Hummels’ Worte sogar nachvollziehbar. Kein Spieler ist zum BVB in der Erwartungshaltung gekommen, in einem Ligaspiel mit einer taktischen Ausrichtung wie ein Viertligist im Pokal gegen die Bayern anzutreten und sich am eigenen Strafraum einzuigeln. Das ist auch mental schwierig umzusetzen und alles andere als befriedigend. Wenn man das Spieler nicht gut findet, ist es sein gutes Recht, das auch zu äußern. Man geht zum Trainer und sagt seine Meinung. Dem Vernehmen nach soll das auch geschehen sein – und es wurde wohl laut.
Was aber gar nicht geht ist, das ein halbes Jahr später im Vorfeld eines solchen Spiels in die Öffentlichkeit zu tragen. Mehr noch: wer schon mal erlebt hat, wie rigide die Pressestellen von Bundesligavereinen alle Passagen streichen, die nicht nach Li-La-Laune-Land klingen, der kann kaum glauben, dass dieses Interview so die Autorisierung überstanden hat, ohne dass es zumindest einige maßgebliche Personen bewusst durchgewunken haben. Es gab auch seitens des Vereins keinerlei Versuche, dieses Thema wieder einzukochen.
Keine Rückendeckung durch den Verein
Hummels Worte blieben ebenso unwidersprochen wie die Darstellung, dass er sich einen Verbleib beim BVB nur vorstellen könne, wenn Edin Terzic geht. Kein Widerspruch, keine direkte Entscheidung in dieser Angelegenheit. Der Eindruck wurde bewusst in der Öffentlichkeit stehen gelassen, dass es sich hierbei wirklich noch um eine Entscheidung mit offenem Ausgang handelt. Zwischen den Zeilen wird Terzic mehr als deutlich gelesen haben, dass er nicht bei allen sportlichen Entscheidungsträgern Rückendeckung genießt und seine Zeit beim BVB endet.
Gekrönt dann noch durch einen Ablauf, bei dem erst per social media von Medien vermeldet wurde, dass Terzic vor der als „Elefantenrunde“ bekannten Saisonanalyse bereits seinen Rücktritt angeboten habe und der Anwesenheit von BVB-Justiziar Steden in dieser Runde, die ebenfalls durch die Medien ging. Warum man diese Analyse noch unter den Argusaugen der Presse am Rheinlanddamm durchzog, bleibt dabei ein Geheimnis. Direkt nach der Verkündung, dass Terzic und Borussia getrennte Wege gehen, gab es ein Abschiedsvideo des Trainers. Es wirkte alles so, als hätte diese Entscheidung tatsächlich bereits vor der Analysesitzung festgestanden.
Der ganze Ablauf wirkt geplant, orchestriert und auch sehr unfein Edin Terzic gegenüber. Bei allen sportlichen Differenzen hätte gerade er eine offene und ehrliche Behandlung von seinem BVB verdient gehabt. Mal ganz davon abgesehen, dass es jeder Trainer bei seiner Demission verdient hat, anständig behandelt zu werden.
Beim BVB hatte man zumindest den Anstand, Hummels nicht mit einem neuen Vertrag ausstatten zu wollen. Bei ihm konnte man sportlich die Kritik nachvollziehen – der Ablauf war jedoch schäbig und kein Verein der Welt kann und soll Spieler weiterbeschäftigen, die öffentlich gegen den Trainer schießen. Man bekommt so eine Ahnung, warum Nagelsmann auf ihn für die EM verzichtet hat.
Und so senkt sich dankenswerterweise der Vorhang und das Dortmunder Tragödienstadl verabschiedet sich in die Sommerpause. Am Ende bleibt nur noch eins zu sagen: Alles Gute für die Zukunft, Edin.