Revierderby BVB vs. VfL Bochum: Lücken
Im Revierderby gegen den VfL Bochum galt es gestern, nicht nur die Ehre zu retten, sondern auch besonderen Menschen zu gedenken. Ein emotionaler 3-Punkte Abend im Westfalenstadion:
Ich weiß gar nicht, wie ich sachlich an die Sache ran gehen soll. Der Fußball, bzw. sein Drumherum ist so emotional im Moment, dass ich auch dieses Mal schon vor Spielbeginn ein ums andere Mal verschwommen sah.Bis sie ein ums andere Mal überlaufen, um ihre nächsten wässrigen Freunde erneut auf die Reise zu schicken. Ich wische mir verstohlen mit dem Ärmel über die Augen. Auch wenn es heute gar nicht so auffällt, jeder um mich herum
Wie beeindruckend durchdringend das Schweigen von 80.000 Menschen sein kann, bewies das Stadion gestern eindrucksvoll. Dass Nobby dabei neben Franz Beckenbauer auch Kay Bernstein und Marcel - dem zeitgleich eine riesige Choreo auf der Süd gewidmet wurde - erwähnte, ließ die Stimmung im Westfalenstadion erst recht einfrieren. Der Tod Beckenbauers war traurig, aber absehbar. Der, der beiden anderen beeindruckenden Persönlichkeiten war es nicht, bzw. mindestens 50 Jahre zu früh. Mich bewegt das Ganze sehr, zu tief die eigenen Wunden. Und damit war ich nicht allein, denn auch die Südtribüne fand kaum die richtigen Worte. Und so mussten sie erstmal durchschnaufen, die sonst so wortgewandten und treibenden Kräfte auf dem Vorsängerpodest.
Auf dem Rasen hingegen schien die südländische Power Nuris und der Kampfgeist „Manni“ Benders erste Spuren zu hinterlassen. Dortmund war wach und stiefelte in Richtung Nordtribüne. Und das gleich mit Erfolg! Riemann räumte Malen in der zweiten Minute unglücklich ab. Dass es bis zum Ausführen des daraus folgenden Elfmeters ganze vier Minuten dauerte, war der schwerwiegenden Verletzung des Bochumer Torwarts geschuldet. Ein Stollen Malens traf ihn am Oberschenkel und ein kleiner blutiger Cut schien ihn so schwer verletzt zu haben, dass es zu Boden ging. Was ein Schauspiel - und Fußball soll wirklich Männersport sein? Wie Phönix aus der Asche konnte er nach kurzer Behandlung wieder aufstehen und stellte sich Füllkrug, der schon mit den Hufen scharrte. Er stoppte kurz, täuschte die falsche Ecke an und lenkte den Ball in aller Ruhe in die linke Ecke, während Riemann chancenlos in der rechten saß.
In für beide Seiten gewohnter Manier folgten die kommenden 30 Minuten: Bochum stets unangenehm und lästig, Dortmund mit „aber wieso, wir führen doch schon 1:0“ - Einstellung. Bis Nico Schlotterbeck plötzlich die Tore miteinander verwechselte. Spaß beiseite. Durch ein Missverständnis kam er Meyer, der den herannahenden Ball schon fast in den Händen hielt, zuvor und konnte den Ball nicht mehr rechtzeitig am Tor vorbei, sondern nur noch mitten hinein schieben. Bitter und für Bochum ein nicht einmal unverdienter Ausgleich.
Während der Halbzeitpause zog der Gästeblock sich fix um, um danach ein ausgiebiges Feuerwerk zu zelebrieren und den „BVB“ Wechselgesang mit ihrer eigenen Version zu stören. Wer sagt, dieses Spiel sei kein richtiges Derby, dem sei gesagt, dass diese Unsympathen nicht mehr weit von Schalke weg sind und sonst auch leider niemand anderes zum Verabscheuen zur Verfügung steht. Geschichten, die das Leben schreibt.
Im weiteren Verlauf trabte Dortmund wieder einmal dem dringend notwendigem Führungstreffer hinterher. Man hatte ja schließlich noch 45 Minuten Zeit. Die Passgenauigkeit in dieser verschwendeten Lebenszeit lag bei etwa 5%. Grob geschätzt. Vielleicht auch etwas weniger. Als ich schon fast die Hoffnung aufgab, tat „Lücke“ Füllkrug es nicht und netzte in der 72. Minute nach Vorlage von Sabitzer vor der Südtribüne ein. Yes! Wichtig und richtig! Und endlich erwachten sie, von Bochum kam er nicht mehr allzu viel.
Kurz vor Spielende leistete Bochum durch Gamboa erneut Schützenhilfe und holte Bynoe-Gittens von den Füßen. Elfmeter und auch nach wiederholter Kontrolle durch den allseits geliebten VAR blieb‘s dabei - come on, Lücke. Drei Punkte und drei Tore für dich! Er hatte mich erhört und versenkte den Ball nun in gleicher Manier in der anderen Ecke, während Riemann wieder in der falschen landete.
Mit diesen wichtigen drei Punkten ziehen wir an Leipzig vorbei und sind nur noch einen Punkt vom Tabellendritten aus dem Schwabenländle entfernt. Die Rückrunde startet nicht immer schön, aber erfolgreich.
Die einen haben eine große Lücke hinterlassen, andere haben in diesem Spiel eine Lücke gefunden.