Spielbericht Profis

BVB vs. FCB Auf Augenhöhe

01.12.2024, 19:56 Uhr von:  Michi
Nahaufnahme von Gittens, er streckt die Hände jubelnd zur Seite
Jamie Gittens feiert seinen nächsten Treffer

Für viele ist es immer noch das Topspiel der Bundesliga, auch wenn die Konkurrenz um die vorderen Plätze größer wird. Der FC Bayern München gastierte gestern Abend im Westfalenstadion. Eine Punkteteilung mit Beigeschmack:

Die Süd platzte schon aus allen Nähten, als ich um 17 Uhr mit leicht romantischem Sonnenuntergang im Rücken die Stufen hinab ging. Tayfun, mein Lieblingsordner, verdrehte achselzuckend die Augen. Herrlich, wie sie hin und wieder doch mal wieder alle aus ihren Löchern gekrochen kommen. Für das Spiel der Spiele. Keiner schillert so wie Dortmund und Bayern, wer das nicht erkennt, solle sich mal die Augen untersuchen lassen, prahlte Watzke noch kurz vor dem Spiel. Der gleiche Watzke übrigens, der einerseits Paragraph 11:“ die MV ist das beschließende Organ des Vereins“ (gezwungenermaßen? zugestimmt hat und gleichzeitig behauptet, der kleine Teil der anwesenden Mitglieder sei kein aussagekräftiges Bild. Wo ist er hin, der Bezug zur Basis? War er überhaupt jemals da?

Deutliche Kritik am Umgang der Mitgliederanträge auf der Mitgliederversammlung

Aber darum soll es heute nicht gehen. Und so schätze ich die Worte Rickens kurz vor dem Spiel schon etwas realistischer ein:“ Wir wollen die Bayern auf unsere Augenhöhe herunter ziehen.“ Da kommen wir der Sache mit der Realität doch gleich schon etwas näher.

Zugegeben: ich bin wie jedes Mal vor diesem Spiel nicht sonderlich optimistisch. Heimspiel hin oder her, im Moment können wir nur international. Die Frage, ob drei oder einen Punkt mitnehmen, stellt sich mir weniger, als die Frage, ob es 0:3 oder 0:5 ausgehen wird.

Eberl und Ricken stehen sich lachend gegenüber
Eberl und Ricken „auf Augenhöhe“

Die Münchner starteten das Spiel farbenfroh mit Feuer und Flamme. Die Süd tat es ihnen etwas weniger motiviert gleich. „Oh FCB - Scheiß BVB!“ schepperte es lautstark von der Gegengerade. Fast bekam ich selbst einen Ohrwurm, bin ich unseren Singsang doch mal wieder etwas Leid. Die anfängliche Euphorie schien zum Ende hin von der Angst zu verlieren abgelöst worden sein.
 

Auf dem Rasen bot sich dabei gar nicht so ein furchtbares Bild wie ich zunächst befürchtet hatte. Scheinbar hatte man die Bayern wirklich erfolgreich auf Augenhöhe heruntergezogen. Beeindruckend war er nicht, der Auftritt des Rekordmeisters und so wurde das schwatzgelbe Selbstbewusstsein von Minute zu Minute. Lediglich die Verletzung Antons dämpfte die Stimmung, Süle übernahm nach 15 Minuten. In der 27. Minute erfolgte dann endlich die verdiente  Erlösung durch Gittens the Gottens. Genauso abgezimmert wie am Mittwoch in Zagreb hatte er und ließ den zuvor noch angeteaserten „besten Torwart aller Zeiten“ ziemlich alt aussehen. Großartig! Manchmal sind es nicht die für mehrere Millionen gekauften großen Namen, die Spiele entscheiden. Apropos Millionen - Harry Kane verletzte sich kurz nach dem Tor ohne ersichtliche Fremdeinwirkung und musste verletzt ausgewechselt werden. Wir führten zur Halbzeit gegen München, das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Euphorisch hakte sich die Südtribüne ein und feierte diesen Moment; wohl wissend, dass das Blatt sich bei diesem Gegner mehr als schnell wenden kann.

Pyrofackeln auf der Südtribüne verteilt
Auch die Süd war in Stimmung

Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit folgte der erwartete Gegenangriff durch den Kane ersetzenden Müller. Aber es müllerte nicht, denn Kobel wehrte seinen Schuss aus knapp 10 Metern gekonnt ab. Sane eröffnete nach knapp einer Stunde die erste nennenswerte Möglichkeit nach Müllers gescheitertem Versuch. Doch da war niemand und der Ball kullerte ungefährlich am Tor vorbei. Dortmund-Symptome im Baziland, wer hätte das gedacht?
 

Der Ton wurde rauer, Malen testete drei Mal ungewollt die Beschaffenheit des Rasens, doch Schiedsrichter Jablonski schien auf beiden Augen blind. Wütend sprangen die unteren Reihen auf. Nuri tat es ihnen gleich und sah kurz darauf Gelb. Das Stadion bemerkte den Stimmungswandel und kämpfte mit allem was es hatte um diese drei Punkte. Jede erfolgreiche Abwehraktion wurde als große Sensation gefeiert und Lieder, die im Leben nicht laut sein konnten, wurden laut wie nie zuvor.

Müller im Zweikampf mit Schlotterbeck

In der 85. Minute kam es dann wie es kommen musste: Freistoß für München vor der Nordtribüne. Ich schaute in maximal angespannte Gesichter, verschränkte Arme und vorm Gesicht zusammengeschlagene Hände um mich herum. Da ist er wieder, dieser Kackmoment des Bayerndusels kurz vor Schluss. Und so war es. Sane schoss, traf Süle am Kopf, der umfiel wie eine Bahnschranke. Er blieb liegen, der Ball wurde für viele Dortmunder kurzzeitig zur Nebensache und so nutzte Musiala die Chance, den Ball tatsächlich noch ins Tor zu bringen. Ich schüttelte den Kopf, das konnte unmöglich zählen! Im Kölner Keller jedoch dachte man nicht eine Sekunde darüber nach, diese Aktion in Frage zu stellen. Süle stand zwischenzeitlich wieder und dennoch konnte ich es nicht fassen. Zum ersten Mal seit langem erkannte man Struktur und Lösungsansätze im Dortmunder Spiel und drei Punkte waren das Mindeste, was ich ihnen dafür gegönnt hätte.

 

Ein fader Beigeschmack blieb nach dieser Fehlentscheidung, dennoch war das Stadion wohlwollend und gänzlich zufrieden mit dieser vielversprechenden Leistung. Die Bayern erfolgreich auf Augenhöhe herunter geholt und um zwei Punkte beraubt - ein Samstagabend im Westfalenstadion konnte.

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