Im Gespräch mit...

Der BVB und 100 Jahre Handball ...Rupert Thiele und Henk Groener über den schwarzgelben Handball

16.11.2024, 14:09 Uhr von:  DocKay
In der Körnig Halle am Spielfeldrand sitzen Rupert Thiele, Henk Groener und Andreas Kuno. Davor eine Faszienrolle, Handbälle und Getränkeflaschen.
Rupert Thiele, Henk Groener und Andreas Kuno bilden das Rückgrat des aktuellen Tabellenführers der Handball Bundesliga der Frauen.
© schwatzgelb.de

Der BVB ist nicht nur viel Fußball, sondern auch viel Handball. Die Abteilung feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Auch wir wollen uns in Zukunft mehr dem kleineren Ball widmen und beginnen mit einem Interview mit Rupert Thiele und Henk Groener.

schwatzgelb.de: Kennen Sie das Fanzine schwatzgelb.de und schauen Sie ab und zu auf der Website vorbei?

Henk Groener: Also, die Farbe ist mir bekannt, aber das Fanzine kenne ich nicht. Ich bin auch nicht großartig in sozialen Medien unterwegs.

Rupert Thiele: Ich kenne das, weil wir hier mit der Fanabteilung im Büro sind, ja.

Woran haben Sie das letzte Mal gedacht, als Sie sich mit dem BVB Handball beschäftigt haben?                                                                                 

Rupert Thiele: Ich habe an die Vorbereitung für unsere Auswärtsreise nach Most gedacht.

Henk Groener: Auch für mich steht das Rückspiel um die Qualifikation für die Gruppenphase der European League gegen Banik Most gedanklich im Vordergrund.

Sie haben 208 Länderspiele für die niederländische Nationalmannschaft bestritten und waren Trainer der niederländischen und der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Was hat Sie dazu bewogen, Trainer der Handballerinnen des BVB zu werden? 

Henk Groener: Also, ich sah darin eine schöne Herausforderung. Natürlich kannte ich den Verein und auch viele Spielerinnen der Mannschaft aus meiner Tätigkeit beim Verband. Ich denke, es war eine interessante Aufgabe. Erstens ist Borussia Dortmund ein Verein mit viel Potenzial. Zweitens habe ich gesehen, dass die Mannschaft noch entwicklungsfähig ist und ich war zu dem Zeitpunkt frei. Dann ging alles relativ schnell. Ich habe mit Andreas Kuno und Andreas Heiermann gesprochen. Wir waren uns dann relativ schnell einig, ja.

Rupert Thiele steht an einem Stehtisch im Anzug mit Akkreditierung.
Rupert Thiele ist seit März 2023 Abteilungsleiter und Macher der BVB Handballabteilung.
© BVB/Stummbillig

Sie wurden von den Ruhr Nachrichten einmal als der neue starke Mann der Handballabteilung bezeichnet und sind seit März 2023 Abteilungsleiter. Hatten Sie vorher schon eine Verbindung zum Handball?                                                                                                                              

Rupert Thiele: Ganz früh in der Schule, im Abitur, war Handball ein Abiturfach. Danach habe ich noch kurz gespielt, aber dann nicht mehr, das war eher eine Verbindung zum BVB. Mit dem BVB bin ich beruflich durch Getränke Weidlich verbunden. Wir liefern auch die Getränke ins Stadion, so dass ich auch fast bei jedem Heimspiel im Stadion war. Irgendwann kam dann die Frage, ob ich mir vorstellen könnte, Handball zu sponsern. Ich habe dann gesagt, ich kann mir alles vorstellen. Ich habe mir das dann angeschaut und fand es sehr interessant. Dann kam der Kontakt zu Andreas Bartels und Maria Pfefferkuch zustande. Nach dem plötzlichen Tod von Andreas Bartels wurde ich vom Vorstand gefragt, ob ich einsteigen könnte. Von da an nahm alles seinen Lauf.

Welche Rolle spielt ihr Stellvertreter Andreas Kuno als sportlicher Leiter?

Rupert Thiele: Ohne Andreas Kuno hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft. In der Zeit, als ich hier allein kommissarischer Abteilungsleiter war, hatte ich keinen zweiten. Andreas Kuno war damals schon mein Ansprechpartner in allen Belangen. Ich habe ihn dann irgendwann gefragt, ob er sich nicht vorstellen könnte, zweiter Vorsitzender zu werden. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er das gemacht hat, auch in seiner Doppelfunktion als zweiter Vorsitzender und sportlicher Leiter. Wir ergänzen uns sehr gut. Er deckt den sportlichen Bereich mit den Spielerinnen und dem ganzen Drumherum ab. Ich kann mich dann um die Themen Organisation, Sponsorenakquise, Kontakt zum e.V. und Präsidium kümmern. Es ist eine gute Win-Win-Situation und ich habe es schon oft gesagt, wir telefonieren am Tag mehr miteinander als mit unseren Frauen. Das ist einfach so.

Der aktuelle Kader umfasst 16 Spielerinnen. In der Saisonvorbereitung zogen sich Dana Beckmann und Lena Degenhardt Kreuzbandrisse zu. Jetzt hat es Lena Hausherr erwischt. Wie sehen Sie den weiteren Saisonverlauf?                                                                                                                   

Henk Groener: Für Lena Hausherr ist die Saison gelaufen. Mit so einer Verletzung ist meistens eine Saison weg. Ansonsten denke ich, dass wir gut aufgestellt sind. Wir haben eine Mannschaft, die größtenteils schon letztes Jahr zusammen gespielt hat. Natürlich haben Dana Beckmann und Lena Degenhardt wenig bis gar nicht gespielt. Die beiden werden wir langsam heranführen. Die Saison ist ein bisschen anders, weil wir zum ersten Mal seit Jahren wieder Playoffs spielen. Wir wollen vor den Playoffs auf Platz eins oder zwei stehen, denn dann sind wir direkt für die European League qualifiziert. In den Playoffs kommt es dann darauf an, wer da ist und wer verletzungsfrei bleibt. Das kann am Ende eine Lotterie werden, das ist der Nachteil der Playoffs. Der Vorteil ist, dass man am Ende wieder spannende Spiele hat. Ich bin kein großer Befürworter dieses Systems, aber es ist nun mal so. Wir haben einen guten Start hingelegt. Wir haben Ludwigsburg geschlagen, sind Tabellenführer und haben gute Chancen, uns am Wochenende für die Gruppenphase der European League zu qualifizieren.

Die Mannschaft hat im Pokal das Final4 am 1. und 2. März in Stuttgart erreicht. Wie schätzen Sie die Chancen der Mannschaft ein und wie zufrieden sind Sie mit der Auslosung?                             

Henk Groener: Gut, an diesem Wochenende geht es darum, wer den Pokal gewinnt. Das heißt, wenn wir den Pokal gewinnen wollen, müssen wir Ludwigsburg auf jeden Fall noch einmal schlagen. Dann vielleicht lieber frisch am ersten Tag als müde am zweiten. Das ist eine große Herausforderung für uns, die wir aber gerne annehmen.

Wird es einen Fanbus nach Stuttgart geben und welche Kosten kommen auf einen mitreisenden Fan zu?

Rupert Thiele: Es wird auf jeden Fall eine Fanreise geben. Als wir im Finale der European League waren, haben wir eine Flugreise für die Fans organisiert. Jetzt werden wir gemeinsam mit der Fan- und Förderabteilung eine Busreise organisieren. Wir haben auch Kartenkontingente reserviert, die wir zur Verfügung stellen können. Zu den Kosten kann ich leider noch nichts sagen, weil das alles noch zu frisch ist. Wir sind hier noch in der Planung, aber es wird auch eine Anreise mit Hotel und Tickets und Betreuungspaket geben.

Die Fan- und Förderabteilung organisiert regelmäßig Auswärtsfahrten zu Spielen des BVB. Gibt es das auch bei Auswärtsspielen der Handballerinnen?                                                                                                                        

Rupert Thiele: Das gibt es bisher nicht. Das letzte Spiel in Leverkusen haben wir zum Beispiel selbst organisiert. 20 Fans konnten mit einem Bus fahren, den wir schnell und unkompliziert mit unserem Busfahrer vom BVB zur Verfügung gestellt haben. Bis jetzt also noch nicht.

Ihr Team steht nach dem 7. Spieltag mit 13:1 Punkten an der Tabellenspitze der HBL. Was ist Ihr Saisonziel und denken Sie auch mal daran, den Titel nach 2020/2021 wieder nach Dortmund zu holen?     

Henk Groener: Ja, da bin ich relativ einfach. Ich sage, wenn ich an einem Wettbewerb teilnehme, dann will ich auch Erster werden, egal ob im Pokal, im Europacup oder in der Liga. Der Ausgangspunkt eines Wettbewerbs ist zumindest das Bestreben, Erster zu werden. Das war letztes Jahr so und das ist dieses Jahr so. Ich glaube, dass es uns gelungen ist, und das hat auch das Spiel hier gezeigt, näher an Ludwigsburg heranzukommen, auch wenn sie im Moment noch Champions League Erfahrung haben. Deswegen ist die Saison noch lange nicht entschieden, aber wir haben das Ziel, den Titel zu holen. Wir sind auf einem guten Weg, müssen aber noch an unserer Stabilität arbeiten. Zum Glück haben wir noch die Vorrunde und am Ende die Playoffs.

Henk Groener steht am Spielfeldrand mit ausgestrecktem Arm. Daneben die Spielerinnenbank.
Henk zeigt sich mit der Entscheidung der Schiedsrichter nicht zufrieden.
© BVB/Stummbillig

Am 28.11.2024 beginnt die Handball-Europameisterschaft in Ungarn, Österreich und der Schweiz. Wie viele Spielerinnen müssen Sie dafür abstellen und wie gestalten Sie die Vorbereitungszeit bis zum nächsten Heimspiel am 22.12. gegen Metzingen?                                                                      

Henk Groener: Wir werden voraussichtlich sechs Spielerinnen haben, die international vertreten sind. Die Spielerinnen haben nach dem Spiel in Most erst einmal eine Woche frei, das heißt, sie bekommen vom Athletiktrainer ein individuelles Programm, wie sie sich fit halten können, aber erst einmal ohne Handball. Die Nationalspielerinnen natürlich nicht, die gehen zu ihren Nationalmannschaften, um sich auf die Europameisterschaft vorzubereiten. Die geht dann bis zum 15.12.2024. Dann haben wir eine Woche zusammen. Das hängt auch davon ab, wie lange die Spielerinnen mit ihren Mannschaften bei der EM sind. In dieser Zeit werden wir, wie sonst auch, verstärkt mit jungen Spielerinnen aus der zweiten Mannschaft arbeiten, es werden zwar insgesamt weniger sein, aber am Ende wird es reichen, um z.B. 6 gegen 6 spielen zu können.

In einer Fußballstadt wie Dortmund haben es andere Sportarten oft schwer. Die Eisadler glänzen derzeit mit Zuschauerzahlen weit über 1000. Wie schätzen Sie die Chancen und die Entwicklung des Handballs in Dortmund ein?                                                                                                           

Rupert Thiele: Im Moment hast du im Frauenhandball nur die Chance, durch attraktiven Sport und durch Erfolge auf dich aufmerksam zu machen. Dazu gehört aber auch, und das ist mein Lieblingsthema, eine vernünftige Halle. Die ersten beiden Punkte erfüllen wir, wir bieten attraktiven Sport. Eigentlich bist du auch dazu verdammt, einmal Titel zu gewinnen. In einer Fußballstadt wie Dortmund fällst du mit so einer Randsportart schnell durch das Raster. Attraktivität und Titel sind absolut notwendig. Zum Thema Halle kommen wir gleich.

Wo stehen die Handballerinnen des BVB in der Zuschauergunst ?            

Rupert Thiele: Nicht zuletzt aufgrund der katastrophalen Rahmenbedingungen liegen wir bei den Zuschauerzahlen im hinteren Drittel der Liga. Der Zuschauerschnitt in Wellinghofen liegt derzeit bei ca. 900 Zuschauern.

Wir alle wissen, dass die Halle in Wellinghofen nicht bundesligatauglich ist. Wie ist der aktuelle Stand der Planungen für die Leichtbauhalle und die Halle am Dortmunder U und was bedeuten die Auflagen der HBF?                                           

Rupert Thiele: Wir spielen in einer Sporthalle, in einer Schulsporthalle. Das ist die größte Halle in Dortmund mit der größten Tribüne. Im Moment entspricht sie noch den Standards der Handball-Bundesliga. Aber damit ist es nach den Regeln der HBF im nächsten Jahr vorbei. Dann muss man in Dortmund eine Halle mit zwei gegenüberliegenden Tribünen vorweisen. So eine Halle gibt es in Dortmund nicht. Das wird ein großes Problem für uns, deshalb trommeln wir schon lange, dass wir eine neue Halle brauchen. Die ist geplant, sollte aber schon 2025 fertig sein, wir sprechen von der Halle am Dortmunder U. Inzwischen ist von 2029/2030 die Rede. Es sind verschiedene Projekte angestoßen worden. Diese sind jedoch nicht zielführend, da sie alle mit einem erheblichen organisatorischen Mehraufwand verbunden sind. Deswegen bleibt eigentlich nur die Idee einer Leichtbauhalle auf dem Gelände hinter der Körnig Halle. Derzeit wird noch über die Kostenfrage gestritten, wer welche Kosten zu tragen hat. Aktuell sind neben dem BVB noch Metzingen und Bensheim in der Liga betroffen und den Vereinen wurde eine Fristverlängerung von einer Saison gewährt.

In der Nachwuchsarbeit gibt es eine enge Verbindung zum Goethe-Gymnasium und zu Zuzana Porvaznikova. Gibt es hier einen ständigen Austausch?                                                                                                                          

Henk Groener: Ja, wir sprechen mehrmals pro Woche miteinander. Wir sind auch schon dabei, gemeinsam die Planungen für die nächste Saison im Nachwuchsbereich zu erarbeiten. Momentan spielen sechs Spielerinnen aus diesem Bereich in der zweiten Mannschaft und trainieren zweimal pro Woche mit uns. Insgesamt kommen sie schon auf 6-7 Trainingseinheiten pro Woche. Fünf unserer Spielerinnen sind zum Beispiel gerade zu einem Lehrgang des DHB für die U19 eingeladen. Sie gehören schon zu den Besten ihres Jahrgangs und das spricht für die gute Zusammenarbeit. 

Wir sehen ein Mannschaftsfoto nach Spielende. Kniende und stehende Spielerinnen in drei Reihen. Mit dabei die Maskottchen
Gute Stimmung nach dem Hinspielsieg gegen Banik Most.
© BVB/Stummbillig

Wenn wir nach vorne schauen. Was sind Ihre Ziele und Wünsche für die Zukunft?                                                                                  

Henk Groener: Ich sag zu Leuten immer, Meister zu werden oder Meister zu wollen ist nicht mein Ziel, es ist mein Ausgangspunkt. Das Ziel ist, dass wir in oder nach der Saison rückblickend sagen können, besser ging es nicht. Dann haben wir alles richtig gemacht. Meister zu werden, wir haben in der Liga 12 Mannschaften und mit Ludwigsburg eine Mannschaft, die uns aktuell wirtschaftlich und vom Kader her noch überlegen ist. Auch wenn wir sie schon geschlagen haben, müssen wir immer wieder den Wettkampf annehmen. Das wird immer so bleiben. Das ist der Ausgangspunkt von Leistungssport. Für die Spielerinnen wünsche ich mir, dass sie verletzungsfrei bleiben. Ich glaube, dass wir die Chance haben in Dortmund etwas aufzubauen, was auch nachhaltig ist und langfristig auch für Kontinuität erfolgsmäßig führt. Natürlich teile ich auch die Meinung von Rupert, dass wir eine neue Halle brauchen , um auch den Zuschauern gerecht zu werden und die Sportart so vermitteln, wie sie es verdient.

Rupert Thiele: Ziel ist es, den Zuschauern attraktiven Handball zu bieten und Titel zu gewinnen. Ich bin nicht hier, nur um Handball zu spielen. In jedem Wettbewerb, und da schließe ich mich dem an, was Henk gesagt hat, ist es das Ziel, Erster zu sein. Dafür sind wir da und dafür sind wir auch Borussia Dortmund mit dem Anspruch, Erster zu sein. Mein größter Wunsch ist es, in einer attraktiven Halle Handball zu spielen und den Zuschauern die Atmosphäre zu bieten, die der Handballsport verdient.

schwatzgelb.de: Dann drücken wir Euch und den Handballerinnen die Daumen, dass Eure Wünsche in Erfüllung gehen. Wir bedanken uns ganz herzlich für das schnelle Feedback und freuen uns auf einen guten Start in die gemeinsame Zusammenarbeit.

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