Spielbericht Profis

Willkommen im Westfalenstadion

05.10.2023, 21:22 Uhr von:  Nicolai
Willkommen im Westfalenstadion

Nach einer Babypause ging es wieder zurück ins Stadion. Dafür gibt es schlechtere Spiele als gegen den AC Mailand bei Flutlicht im ehrwürdigen Westfalenstadion.

Am 08.05. verließ ich erschöpft das Westfalenstadion. Die Podiumsdiskussion war ein Erfolg im Sinne des kritischen Diskurses zwischen Fans und Offiziellen, aber es hat auch emotional geschlaucht. Doch der kommende Tag stellte mit der Geburt des Nachwuchses alles in Schatten.

Seitdem hat sich das Leben verändert und der wöchentliche Stadionbesuch war erst einmal beendet. Das Fiasko gegen Mainz wurde im Garten geschaut (und gehört) und auch der eher sparsame Saisonauftakt war "Borussia vor dem Fernseher". Ein ganz und gar ungewohntes Gefühl. Dafür war Zeit sich über Auswüchse aufzuregen und der Profifußball liefert hier zuverlässig. Der VAR ist und bleibt scheisse umgesetzt, Investor-Light wird jetzt auch dank des BVB Geschäftsführers neudiskutiert und das die FIFA sowieso hoffnungslos verloren ist, damit hat man sich bereits abgefunden.

Jetzt war es aber wieder so weit: Westfalenstadion, Borussia und das bei Flutlicht mit einem wirklich illustren Gegner. Es gibt schlechtere Konstellationen.

Die Südtribüne von vorne abgebildet. In einer Reihe sind mehrere brennende Bengalos zu sehen.
Zu Spielbeginn und auch während des gesamten Spiels leuchtete die Südtribüne immer wieder

Dank der verlängerten UEFA Pilotphase fühlte sich auch alles wie gewohnt an. Die Stehplätze waren Stehplätze und es wurde entsprechend voll. Auf dem Fußweg zum Stadion lies sich auch das übliche Verkehrschaos bei Abendspielen beobachten, eventuell noch verschärft dadurch, dass der BVB nicht im Vorfeld informierte, dass die Parkplätze E2 & E3 nicht zur Verfügung stehen.

Allen Gedanken im Vorfeld zum Trotz ist man irre schnell wieder im Stadiontrott. Es sind immer die gleichen Wege unter die Süd und schlussendlich auf die Tribüne. Auf dem Weg trifft man die bekannten Gesichter – so viel hat sich in 5 Monaten nicht verändert. Dazu gehört auch der prüfende Blick in Richtung Gästeblock. Der Stehplatzblock und Sitzer darüber sind gut gefühlt, bis zum Anpfiff halten die Italiener allerlei Doppelhalter hoch, die teilweise richtigen Old School Charme versprühen.

Sportlich war mir die Ausgangslage mir egal. Ich hatte Bock auf Live-Fußball im Westfalenstadion mit Freunden. In der Champions League ist die Erwartungshaltung nach dem Angsthasenfussball in Paris sowieso extrem niedrig. Die Zeiten, in denen man der unbequeme Underdog war, sind vorbei. Wir wissen um unseren finanziellen Rückstand und das ist bis ganz oben immer das erste Argument, warum man wieder uninspiriert die Segel streichen musste. Beim aktuellen Kader fehlt einfach auch das geniale Element, dass ein Bellingham, Haaland oder Sancho einbringen konnten.

Marco Raus ist in einem Zweikampf mit einem Spieler von AC Mailand. Reus kommt von hinten und der Mailänder versucht den Ball abzuschirmen.
Marco Reus im Zweikampf gegen Davide Calabria

Mit Anpfiff hieß es aber die schwarzgelben Farben zu repräsentieren. Die Südtribüne erstrahlte frühweihnachtlich und auch der Gästeblock legte einen 90-minütigen, geschlossenen Auftritt hin. Etwas, dass man viel zu wenig sieht heutzutage. In der zweiten Halbzeit entdeckten auch die italienischen Anhänger das Feuer für sich und zeigte eine sehr schöne Pyroeinlage, kombiniert mit den drei Schwenkern, sah das schön archaisch aus. In der zweiten Halbzeit war der Gästeblock dann auch kurzzeitig akustisch im Süden zu vernehmen. Ansonsten war zumindest im Süden vor allem das gut aufgelegte Westfalenstadion zu hören. Konnte man nach der Einführung der Stehplätze befürchten, dass das auf die Stimmung bei den Sitzplätzen drückt, scheint das nicht so zu sein. Insbesondere wenn die Schwarzgelben drückten nahmen die Tribünen dies dankbar auf und Lärmpegel stieg deutlich an.

Frontalbild von der Südtribüne aus dem Norden fotografiert. Es sind viele schwarzgelbe Spruchbänder zu sehen, die gegen den UCL Reform protestieren.
Protest der Südtribüne Dortmund gegen die Champions League Reform

Insgesamt hatte der BVB das Spiel gegen den zweiten der Seria A gut im Griff. Defensiv war das, bis auf kleine Ausnahmen, eine sehr konzentrierte Leistung. Offensiv hingegen fehlte die angesprochene Genialität oder manchmal auch die Zielstrebigkeit. Hacke-Spitze-1-2-3 durch die Mitte und außen stehen Spieler völlig blank. Dennoch gab es immer wieder Szenen, die aus einem besseren 0:0 auch ein höheres Ergebnis hätten machen können. Zum Ende beider Halbzeiten eröffneten sich reihenweise hochkarätige Chancen in der 1. Halbzeit mit einem Übergewicht für den BVB, in der zweiten Halbzeit für den Mailand – wobei der BVB von der Körpersprache das Stadion komplett abgeholt hatte.

Am Ende blieb es beim torlosen Unentschieden. Mit dem Ergebnis aus Newcastle ist das, rein auf dem Papier, zu wenig. Vermutlich werden die beiden aus Golfregion alimentierten Vereine das Rennen machen. Für den italienischen US Investorenclub und deutsche GmbH & Co. KGaA bleibt wohl vor allem der Kampf um Platz drei. Da hat Mailand durch das Unentschieden leider den Heimvorteil für sich gesichert.

Schlussendlich bleibt zu sagen, es hat richtig Spaß gemacht. Fußball und insbesondere Borussia Dortmund hat eine eigene Faszination - Westfalenstadion, Flutlicht und Freunde geht immer. Da kann man auch vergessen, dass die WM 2030 auf drei Kontinenten gespielt wird, damit es 2034 nach Saudi Arabien gehen kann - mitgetragen durch deutsche Vertreter des Profifußball. Genauso wie die Wiederzulassung russicher Jugendmannschaften in der UEFA - mitgetragen durch Hans-Joachim Watzke.

Trotz allem haben die fünf Monate zu keiner totalen Entfremdung geführt. Es wird natürlich ab jetzt anders sein aber der Weg ist noch nicht zu Ende. Insofern ich habe richtig Bock die internationale Reise zu genießen so lange sie noch geht und vielleicht geht es in die Euroleague weiter - da fehlt auch noch ein Pokal.

Gregor Kobel und Julian Ryerson stehen auf dem Rasen zur Südtribüne gewandt und applaudieren den Fans zu. Kobel trägt orangenes Trikot und Hose, Ryerson gelbes Trikot und schwarze Hose.
Gestern noch die null festgehalten - heute den Vertrag verlängert: Torwart Gregor Kobel

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