BVB gegen den FC Augsburg Eins noch!
Borussia Dortmund wird Meister und Schalke steigt ab - so wird es geschehen, denn wann, wenn nicht jetzt und wer, wenn nicht wir? Unser Schwall an Emotionen zum gestrigen Vorspiel von dem, was uns Samstag erwartet:
Getreu dem Motto„Die scheiß Welle einfach mal reiten. Nicht nur Angst davor haben, dass man verlieren kann, sondern Freude daran empfinden, dass man gewinnen kann“ stehen wir heute hier, kurz vor der Explosion und dennoch mit Sicherheitsgurten angeschnallt. Diese Mannschaft kann alles und nichts und wir bleiben jetzt erstmal ruhig. Denn wer sich keine Hoffnungen macht, kann auch nicht enttäuscht werden oder wie war das? ABER: wann, wenn nicht jetzt und wer, wenn nicht wir?
Es ist spät, als ich endlich auf einem der 3km entfernten Messeparkplätze ankomme. Doch den Gästeblock höre ich auch hier schon, er ist energischer und durchdringender als sonst. Um 17:45 wühlt dann auch „schon“ der übermotivierte rote Lockenkopf in meinen Schuhen herum, während ich barfuß Labello schmierend mein Getränk vernichte. Meine Unterhose durfte ich zum Glück an behalten. Danke dafür. Die Choreo mit schwarzen und gelben Fahnen habe ich knapp verpasst, stolpere über deren Reste hinein in die wilde Meute.
Die erste Halbzeit ist schnell erzählt - torlos, beängstigend und noch scheinen nicht alle Schwarzgelben verstanden zu haben, dass von diesem Spiel nichts Geringeres als die Meisterschaft abhängt. Der Gästeblock ist heiß, ist laut, jeder Einzelne aber zum Zerreißen angespannt. Denn die Augsburger Puppenkiste gibt nicht auf, kämpft für eine bayrische Meisterfeier. Sorry not sorry, dieses Mal nicht!
Fast 15 Minuten vergehen in Halbzeit zwei, bis Haller endlich den erlösenden Treffer erzielt. Und endlich lässt auch der Gästeblock seine gesamte Anspannung frei, Menschen wechseln frenetisch kreischend von Reihe 20 bis 5 und wieder zurück, gute Besserung an alle Verletzten. Meine Fresse, ich hatte kurz vergessen, welche Emotionen der Fußball auslösen kann. Ich steige in das kunterbunte Chaos aus Lachen und Weinen meiner Mitmenschen ein und umarme meinen bierbäuchigen Nebenmann so fest, dass er zu schnaufen beginnt. Kommt schon, wäre da nicht das erste optimistische Meisterschaftslied angebra… ah, da ist es ja schon! „Scheiße“, denke ich mir, als ein Schwall Gänsehaut mich überkommt. Ein Push BH wäre an dieser Stelle sicher sinnvoll gewesen. Die Liederauswahl sitzt, noch nie waren so wenige Lieder mit so wenig Text über so lange Zeit so laut.
Am 2:0 beteiligt ist knappe 10 Minuten vor Schluss wieder einmal kein Geringerer als Vorlagenkönig Donyell Malen. Dieser schiebt den Ball auf Reus, dem ich es wirklich gegönnt hätte, der aber leider am Gegenspieler scheitert. Und so ist es Sebastien Haller, der langsam aber sicher zu seiner eigentlichen Form zurück findet und seinen nächsten Doppelpack in der 84. Minute eintütet. Dortmund: 2 Bayern: 0.
Es ist Zeit für das neueste Lied aller Lieder und so wird es laut, lauter, am lautesten als die gelbe Meute zur Melodie von Life of Brian „Borussia Dortmund wird Meister und Schalke steigt ab - dödöp dödöpdödöpdödöp!“ ekstasiert. Und wie wir gerade on the bright side of life looken!
Die drei Punkte gehen heute mit nach Hause, daran besteht kein Zweifel mehr, auch wenn Augsburg noch nicht kampflos aufgibt. Aber Jule Brandt setzt der wunderschönen Torte drei Minuten nach Ende der offiziellen Spielzeit noch die Kirsche auf. Der Block beruhigt sich heute sowieso nicht mehr - nie mehr - und so bricht der Vulkan endgültig aus. Grob geschätzt 300 Grad heiß ist’s hier mittlerweile, meine SmartWatch fragt wieder und wieder:“ du scheinst Sport zu machen?“ und ein jeder von uns wird heute Abend eher einen Dampfstrahler als eine Dusche benötigen.
Die Partyfraktion hat längst das Megaphon übernommen, eine Gasse bilden ist der Plan. Ich schiebe die Lädierten aus dem ersten Torjubel sanft zur Seite, ziehe meine nicht vorhandene Airbackweste an und versinke haltlos im halbnackten, verschwitzten, glücklichen Menschenhaufen. Wie geil kann Fußball eigentlich sein?
Edin Terzic, 40, Borusse und Meistertrainer, gibt gerade ein Interview, als Block W lautstark seinen Namen ruft. Doch noch will er es nicht wagen, auf der Euphoriewelle mit zu reiten und zeigt an:“Eins noch!“ Ruhe bewahren. Ja, genau. Geht gerade nicht.
"In sieben Tagen ist die Saison vorbei, dann können sich die Jungs wieder alles kaufen, was sie wollen - das nächste Auto, das nächste Haus, den nächsten Urlaub. Aber diesen Moment kann man nicht kaufen. Den haben wir uns hart erarbeitet, dafür haben wir gelitten und sehr viel Schweiß liegenlassen. Jetzt geht es darum, den letzten Schritt zu gehen, mit unseren Fans in unserem Stadion in unserer Stadt, um endlich die Meisterschale zurück nach Dortmund zu bringen."
Eins noch!