BVB-Fanabteilung sieht DFL-Pläne kritisch „Ein Investor ist erstmal kein Geldgeber, sondern ein Geldnehmer“
Eine der wichtigsten Aufgaben der Fan- und Förderabteilung ist es, die Interessen ihrer rund 17.000 Mitglieder beim BVB zu vertreten – und da hat sie im Moment alle Hände voll zu tun. Denn viele Anhänger*innen sehen den geplanten Investoren-Einstieg bei der DFL kritisch. Auf der jüngsten Abteilungsversammlung erhielt der FA-Vorstand von seinen Mitgliedern deshalb ausdrücklich das Mandat, sich weiterhin gegen die Pläne des Ligaverbands auszusprechen. Da trifft es sich, dass der fünfköpfige Vorstand mit unserem ehemaligen Redaktionsmitglied Lionard Tampier einen neuen hauptamtlichen Koordinator hat, der als wichtige Schnittstelle fungiert.
In unserem Interview mit ihm und Tobias Westerfellhaus, stellvertretender Vorsitzender der Abteilung, haben wir über Lionards neues Aufgabengebiet, die Zusammenarbeit mit Dr. Reinhold Lunow, die manchmal schwierige Rolle der FA innerhalb des Vereins, den Grundwertekodex und natürlich die Bedenken zu den DFL-Plänen gesprochen.
schwatzgelb.de: Lionard, Du bist seit dem 1. Februar hauptberuflich Koordinator der Fanabteilung. Wie fällt dein Resümee der ersten Wochen aus?
Lionard: Ich glaube, wild beschreibt es ganz gut. Es ist sehr abwechslungsreich und ich musste mich in den vielfältigen Arbeitsbereichen erst mal etwas zurechtfinden. So ein bisschen bin ich ins kalte Wasser geschmissen worden. Ein Thema wie den DFL-Investoren-Deal hatte ich vorher ja gar nicht auf dem Schirm. Ich finde das aber auch nicht schlecht. Unter anderem dadurch hatte ich direkt sehr viel Kontakt hier im Haus mit verschiedenen Personen. Eigene Projekte konnte ich auch schon umsetzen. Deswegen kurz zusammengefasst: wild und ereignisreich. Ist ja kein alltägliches Berufsbild.
schwatzgelb.de: Die meisten werden sich wohl auch nicht allzu viel unter dem Job vorstellen können. Was sind deine Aufgaben?
Lionard: Ich glaube, man kann es auf ein paar Bereiche eingrenzen. Erst einmal bin ich die Schnittstelle zu allen Abteilungen des Vereins, zum Präsidium und zu den KGaA-Entscheider*innen. Darüber hinaus bin ich verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Fanabteilung. Das alles natürlich immer in Absprache mit dem Vorstand. Ich plane auch Events, wie zum Beispiel den Málaga-Abend im Borusseum oder das Kneipen-Quiz zusammen mit den Fanbeauftragten. Mit denen sitze ich auch in einem Büro. Und schließlich beschäftigen mich alle Orga-Themen, die rund um die FA anfallen.
schwatzgelb.de: Wie ist die Abgrenzung zum Arbeitsgebiet des gewählten FA-Vorstandes?
Lionard: Ich habe überall irgendwie einen Hut auf, aber die Weisungsbefugnis geht klar vom Vorstand aus. Ich habe jeden Morgen ein Telefonat, meistens mit Jakob (Anm. d. Redaktion: Jakob Scholz, 1. Vorsitzender der Fanabteilung), in dem wir gemeinsam die Aufgaben des Tages abstecken. Die finalen Entscheidungen liegen beim Vorstand, die Ausführung liegt bei mir.
Tobias: Als gewählte Vorstände tragen wir die Verantwortung. Trotzdem sehen wir den hauptamtlichen Koordinator als erweitertes Vorstandsmitglied. Die Aufgaben geben wir also nicht von oben herab vor, sondern wir fungieren als Sechser-Team. Jeder bringt seine Meinung, seine Eindrücke mit ein. Das funktioniert auch ganz wunderbar.
schwatzgelb.de: Und wo verläuft die Grenze zur Arbeit der Fanbeauftragten?
Lionard: Die Fanbeauftragten sind die unmittelbare Schnittstelle zwischen dem BVB und seinen Fans. Dafür haben sie zwei Teams. Eins kümmert sich um den Spielbetrieb, das andere um die Fanclubs.
Beim Spielbetrieb geht es um die Begleitung sowie die Vor- und Nachbereitung von Spielen die Arbeit mit Fans mit Behinderungen, die Auswärtsdauerkarte, Beratung bei Stadionverboten und die Härtegruppen- und Netzwerkarbeit. Die Fanclubbetreuung bearbeitet die Anfragen der mittlerweile über 1000 Fanclubs, unter anderem zu Tickets, Verwaltung und Jubiläen. Außerdem organisieren sie Fan-Veranstaltungen wie die Fantage.
Unsere Arbeit hat natürlich auch ganz viel mit Menschen zu tun, rahmt das Fan-Sein aber auch außerhalb des Spieltags themenbezogen und inhaltlich ein. Vor allem über unsere AGs, die viele Bereiche unserer Gesellschaft bespielen und sehr viel soziales Engagement einbringen.
Nachhaltig hat uns die Pandemie nicht geschadet, im Gegenteil
schwatzgelb.de: Und das Fanprojekt?
Lionard: Das wiederum macht vorrangig Streetwork-Arbeit und schafft, zum Beispiel durch das BVB-Lernzentrum, freizeitpädagogische und bildungspolitische Angebote, die u.a. zu Themen wie Diskriminierung sensibilisieren sollen. Das Fanprojekt begleitet zum Spiel, ist ansprechbar oder berät Fans in allen Problemlagen. Die Fanbetreuung und das Fanprojekt sind ganz wichtige Kolleg*innen für uns – wir tauschen uns regelmäßig über aktuelle Themen aus und arbeiten eng zusammen.
Tobias: Unsere Aufgabe ist ganz klar, die Interessen unserer Mitglieder im Verein zu repräsentieren und durchzusetzen. Das ist der Hauptunterschied zu Fanprojekt und Fanbeauftragten, die oft ein klassisches Tagesgeschäft haben, während bei uns viel Gremienarbeit anfällt.
schwatzgelb.de: Viele Vereine klagen nach Corona, dass ihnen während der Pandemie merklich Leute weggebrochen sind. Euch auch?
Tobias: Wir haben wahnsinnig viele ehrenamtliche Helfer*innen in unseren Reihen. Corona hat uns insofern getroffen, dass unsere Arbeit von Begegnungen geprägt ist. Das war zur Corona-Zeit schlichtweg unmöglich. Es gab keinen Austausch, keine Treffen oder persönliche Kontakte. Wir haben dann unsere Treffen komplett online abgehalten. Dadurch waren wir ein Stück weit handlungsunfähig.
Trotzdem: Nachhaltig hat uns das nicht geschadet, im Gegenteil. Wir merken einen Rebound-Effekt. Die Leute sind teilweise noch motivierter als vorher. Vielleicht tat diese Pause, in der Fußball mal nicht so im Fokus stand, allen ganz gut. Wir haben ganz viele neue Menschen an Bord, die Energie mitbringen und vieles vorantreiben.
Tobias: Ja, wir haben auch einen unfassbaren Einbruch gehabt. Die ersten Spiele, zu denen wir wieder Fahrten angeboten haben, sind teilweise kläglich gescheitert und wir haben den Bus nicht mal zu 20 Prozent voll bekommen. Zum Auswärtsspiel in München machen wir in der Regel zwei Busse. Im April 2022 war es nur einer, und selbst der war leider nur zu zwei Dritteln ausgebucht. Davon sind am Spieltag weitere zehn Leute nicht gekommen. Vor dem Stadion mussten wir all die Tickets loswerden, um zumindest bei den Karten kein Minus zu machen. Vom gemieteten Bus ganz zu schweigen.
schwatzgelb.de: Und nun?
Tobias: Mittlerweile ist die Nachfrage wieder so wie vorher. Unsere Busse sind voll und wir haben in der Regel auch mehr Nachfragen als Plätze.
Wir haben in der Grundwertekommission gemerkt, dass wir in unserer Rolle immer zwischen den Stühlen saßen
schwatzgelb.de: Seit fünf Monaten ist ein neuer Vorstand am Ruder. Dr. Rauball ist nach vielen Jahren zurückgetreten, seitdem sind Dr. Lunow, Silke Seidel und Bernd Möllmann im Amt. Wie nehmt ihr den neuen Vorstand wahr?
Tobias: Nach Amtsantritt haben sich zum ersten Mal alle Abteilungen des e. V. zu einem gemeinsamen Workshop getroffen. Dort haben wir erarbeitet, wofür wir stehen, was wir erreichen möchten und wo es in unserer Zusammenarbeit hakt. Moderiert wurde das von externen Moderator*innen, die sich wirklich dahintergeklemmt haben, damit am Ende ein gutes Konzept entsteht.
schwatzgelb.de: Wie war die Resonanz?
Tobias: Man hat wirklich gemerkt, dass alle Abteilungen – egal ob Integrationssport, Handball, Tischtennis oder die Mitgliederbetreuung – sich sehr nach so etwas gesehnt haben. Wir saßen alle mal, im wahrsten Sinne des Wortes, an einem großen Tisch, haben uns kennengelernt, miteinander geredet und nachher ein Bierchen zusammen getrunken.
schwatzgelb.de: Wie ist euer Austausch mit der neuen Spitze des e. V.?
Tobias: Wir hatten auch schon vorher ein gutes Verhältnis mit Dr. Lunow, während seiner Zeit als Schatzmeister und zweiter Vorsitzender. Diese Zusammenarbeit hat sich nun intensiviert. Damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet. Ich bin davon ausgegangen, dass man als Präsident von Borussia Dortmund an manchen Stellen etwas zurücktreten muss, weil man diesen Berg an Arbeit sonst nicht schafft.
schwatzgelb.de: Bereits vor der Wahl von Dr. Lunow gab es eine Art Nagelprobe, und zwar mit der Erarbeitung des Grundwertekodexes. Damals war er noch Stellvertreter von Dr. Rauball. Wie hat das funktioniert?
Tobias: Die Sitzungen zum Grundwertekodex waren durchaus geprägt von unterschiedlichen Meinungen, aber auch den Themen, an die man gemeinsam sehr schnell einen Haken machen konnte.
schwatzgelb.de: Wo sind die Grenzen verlaufen?
Tobias: Auf der Mitgliederversammlung 2021 ist die Fanabteilung von der Mitgliedschaft beauftragt worden, die Grundwertekommission zu leiten. Diese Rolle haben wir so interpretiert, dass wir zwar berechtigt sind, unsere Meinung kundzutun, aber eher als Moderatoren fungieren. Wir haben aber relativ schnell gemerkt, dass wir im Kreise der Teilnehmenden schnell anders wahrgenommen wurden, dass wir den ursprünglichen Antrag, der von drei einzelnen Mitgliedern gestellt worden war, aktiv mittragen und sogar weiter formen möchten.
schwatzgelb.de: Was würdet Ihr mit dem Wissen von heute anders machen?
Tobias: Wahrscheinlich würden wir insistieren, dass das Konstrukt ein bisschen anders aussieht. Denn wir haben gemerkt, dass wir in unserer Rolle immer zwischen den Stühlen saßen und häufig in inhaltliche Konflikte gekommen sind, die manchmal nur schwer lösbar waren. Deshalb waren es zwölf sehr intensive Monate.
schwatzgelb.de: Kannst du ein Beispiel für einen typischen Konflikt nennen?
Tobias: Sehr häufig ging es einfach um die Frage der Formulierung. Die drei Antragsteller haben mehr oder weniger einen fast finalen Entwurf eines Grundwertekodex vorgelegt. Das Präsidium hat daraufhin gemeinsam mit den Antragstellenden entschieden, alle mit einzubeziehen und den Kodex gemeinsam zu entwickeln.
Er sollte nicht von oben herab diktiert werden, sondern jeder sollte mitsprechen dürfen.
Also wurden alle spezifischen Gruppen befragt, um möglichst alle Interessen einfließen zu lassen. Nachdem dieser zweite Entwurf dann fertig war, hatten vor allem die Antragsteller die Sorge, dass einzelne der ursprünglichen Passagen aufgeweicht werden könnten. Beispielsweise sollte der Punkt zum Sportstandort Dortmund, der besagt, dass alle Spiele in Dortmund auszutragen sind, ergänzt werden um den Einschub, dass wirtschaftliche Gründe dem entgegensprechen könnten.
schwatzgelb.de: Wie hat sich das auf die Kommission ausgewirkt?
Tobias: Die letzten Sitzungen wurden zum großen Teil genutzt, um einzelne Wörter oder Formulierungen zu verändern und zu diskutieren. Man hat gemerkt, wie wichtig es dem Team der Antragsteller war, auch wirklich eine verbindliche Lösung zu finden.
schwatzgelb.de: Unter anderem, um grundsätzlich die Verbindlichkeit des Kodex auch für die KGaA zu klären, wurde eine juristische Prüfung angekündigt. Wie ist der aktuelle Stand der Prüfung?
Tobias: Der BVB hat mit Unterstützung der Fanseite einen Fragenkatalog ausgearbeitet, der an einen externen Gutachter geht. Die Umsetzung erfolgt hoffentlich zeitnah.
Tobias: Dieses Gutachten lässt aber noch zu viele Fragen offen.
schwatzgelb.de: Habt ihr das Gefühl, dass Konflikte erstmal beiseitegelegt sind, bis das Gutachten fertiggestellt ist, oder gärt das im Hintergrund weiter?
Tobias: Wir haben auf unserer Abteilungsversammlung noch mit dem Präsidenten darüber gesprochen. Er hat uns informiert, dass es demnächst einen Termin zwischen dem Präsidium und dem Gutachter geben wird, um nochmal offene Fragen zu klären. Es soll einen eindeutigen Arbeitsauftrag geben, der bestimmt, welche Fragen beantwortet werden müssen und was das Ziel des Gutachtens ist. Wir müssen vermeiden, dass das passiert, was beim ersten Gutachten passiert ist. Es sind viele Fragen offengeblieben und wir möchten nicht noch einmal fünf Monate auf ein Gutachten warten, das uns dann nicht weiterbringt.
schwatzgelb.de: Auf eurer Abteilungsversammlung wurde in diesem Zug über die sogenannte Erheblichkeitsschwelle gesprochen: Im Gutachten soll auch geklärt werden, ab welcher Schwelle das Präsidium, aber auch die KGaA, verpflichtet sind, einen Vorgang der Mitgliedschaft transparent zu machen. Ist dieser Punkt durch eine Intervention der Fanabteilung in den Fokus gerückt?
Tobias: In erster Linie ging es uns darum, dass wir uns in der Grundwertekodex-Kommission gefragt haben, welche Berichtspflicht der Vorstand gegenüber den Mitgliedern hat. Das war auch von Beginn an der Wunsch der Antragsteller.
Und wenn du sagst, dass wir während Corona mit uns selbst beschäftigt waren, ist das absolut richtig, ja
schwatzgelb.de: Worum genau geht es?
Tobias: Wann und wie ist das Präsidium zum Beispiel im Falle einer etwaigen Teilnahme an einer Super League verpflichtet, Informationen an die Mitglieder zu geben bzw. sie aktiv zu befragen? Diese Frage steht ein bisschen wie ein Elefant im Raum und führt zu weiteren Fragen. Wie müsste dieser Berichtspflicht nachgekommen werden? Braucht es dafür eine außerordentliche Mitgliederversammlung? Reicht ein Newsletter oder müsste es ein Brief sein? Auch das ist leider alles nicht final geklärt. Dabei sind das wichtige Fragen.
schwatzgelb.de: Rund um den Grundwertekodex war die FA sehr präsent. In der Zeit vor und während Corona hat es jedoch ein bisschen den Eindruck gemacht, dass die Fanabteilung mehr mit sich selbst beschäftigt ist, als stark nach außen aufzutreten. Welche großen fanpolitischen Themen habt ihr euch für die nächste Zeit auf die Agenda gesetzt?
Tobias: Was uns natürlich aktuell beschäftigt, ist der mögliche Investoreneinstieg in der DFL. Wir nehmen aus der Fanszene wahr, dass es da viele Bedenken gibt. Wenn das Sorgen und Ängste unserer Mitglieder sind, verstehen wir unsere Rolle selbstverständlich so, diesen Prozess kritisch zu begleiten. Allerdings ist das ein sehr, sagen wir mal, überraschendes Thema. Es ist jetzt nicht so, dass wir uns, als wir vor gut anderthalb Jahren gewählt worden sind, gedacht haben: Das Thema Investoreneinstieg bei der DFL, das nehmen wir doch mal auf unsere langfristige Agenda. Grundsätzlich ist uns fanpolitische Arbeit wichtig.
Unser Schwerpunkt ist stets, Entwicklungen im Verein zu begleiten. Kritisch aber vor allen Dingen konstruktiv. Da gibt es viele Ansatzpunkte, wie beispielsweise Ticketpreise. Die künftige Preisgestaltung der Dauerkarte ist natürlich aktuell ein Thema.
Außerdem gibt es noch die Gremienarbeit über die Grenzen Dortmunds hinaus. Die Fans waren immer stark, wenn die Fanszenen sich zusammengetan haben. Auch beim Investoreneinstieg sieht man sehr gut, dass die Fanszenen mit einer Sprache sprechen können.
Und wenn du sagst, dass wir während Corona mit uns selbst beschäftigt waren, ist das absolut richtig, ja. Die inhaltliche Arbeit hat unter der Pandemie gelitten. Das ist keine Frage.
schwatzgelb.de: In welchen vereinsübergreifenden Netzwerken bewegt ihr euch?
Lionard: Die Fanszenen sind untereinander relativ gut vernetzt. Es gibt diverse Foren, in denen miteinander kommuniziert wird. Die Strukturen und Netzwerke von ehemals Pro Fans, wo sich die Ultragruppierungen und aktiven Fanszenen zusammengetan haben und die sich Anfang dieses Jahres aufgelöst haben, bestehen grundsätzlich weiter.
Tobias: Darüber hinaus waren wir über viele Jahre steuerndes Mitglied bei Unsere Kurve. Dass die Fans es über diese Netzwerke schaffen, sich zu formieren, hat man an den gemeinsamen Protesten gegen den Investoreneinstieg in die DFL bei den Spielen in München und gegen Union Berlin gesehen.
Ein Investor ist erstmal kein Geldgeber, sondern ein Geldnehmer. Er gibt Geld, um nachher eine Rendite herauszubekommen
schwatzgelb.de: Einerseits seid ihr als Abteilung des e. V. innerhalb Borussia Dortmunds gut vernetzt und hab mit rund 17.000 Mitgliedern durchaus Gewicht. Andererseits ist die FA fest in die Hierarchie des BVB-Konstrukts eingebunden. Bremst euch das manchmal, wenn ihr öffentlich eine andere Auffassung vertreten möchtet als zum Beispiel die Geschäftsführung der KGaA oder das Präsidium?
Tobias: Die Strukturen, die uns vorgegeben sind, sind natürlich manchmal ein Hindernis oder zumindest eine Herausforderung, wenn es darum geht, unterschiedliche Meinungen zu vertreten.
schwatzgelb.de: Am Beispiel des potenziellen Investoreneinstiegs bei der DFL kann man das aktuell gut beobachten.
Tobias: Wir wissen nicht, in welche Richtung das am
Ende gehen wird. Doch es stehen Szenarien im Raum, die vielen Fans
Magenschmerzen bereiten. Wir als Fanabteilung haben nicht nur durch den
Grundwertekodex – Stichwort fairer und solidarischer Wettbewerb –,
sondern auch durch das Votum unserer Mitglieder den klaren Auftrag,
solche Themen kritisch und konstruktiv zu begleiten. Und das werden wir
auch tun. Da muss man auch nicht immer der gleichen Meinung sein – das
entspricht auch unserem Demokratieverständnis
schwatzgelb.de: Bleiben wir doch gleich beim Investorendeal. Warum steht ihr dem kritisch gegenüber?
Tobias: Ein Investor ist erstmal kein Geldgeber, sondern ein Geldnehmer. Er gibt Geld, um nachher eine Rendite herauszubekommen. Also muss ja etwas passieren, um das Produkt erfolgreicher, besser, attraktiver zu machen.
schwatzgelb.de: Welche Gefahren seht ihr?
Tobias: Es gibt viele Szenarien, die man an die Wand malen kann. Ob das am Ende so passieren wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber in der Mitgliedschaft gibt es Bedenken, und wir sind damit beauftragt worden, für Kommunikation und Transparenz zu sorgen.
Was die Fans mitunter kritisch beäugen ist die Frage, was das für Investoren sind, die sich in Stellung bringen. Der BVB hat in den letzten Jahren im Bereich CSR in den letzten Jahren eine wunderbare Arbeit geleistet. Deshalb muss die Frage erlaubt sein, ob ein Investor dieselben Werte vertritt.
schwatzgelb.de: Im Rahmen der jüngsten Abteilungsversammlung gab es aus der Mitgliedschaft einen Antrag, dass ihr euch als FA-Vorstand deutlich gegen ein Investoren-Einstieg bei der DFL aussprechen sollt, und der hat auch eine klare Mehrheit gefunden. Was bedeutet das nun konkret für euch?
Tobias: Wir haben aus der Mitgliedschaft eine klare Marschrichtung für unsere Arbeit bekommen. Als Vorstand gehört es zu unserer Aufgabe, fanpolitisch aktiv zu sein. Wenn wir, wie jetzt der Fall, zusätzlich von unseren Mitgliedern explizit legitimiert werden, in dieser Sache aktiv zu werden, zeigt uns das umso mehr, wie wichtig das Thema der Mitgliedschaft ist.
Zum Vergleich: Es gab in der Vergangenheit einen ähnlichen Antrag. Da wurden wir kritisiert, dass wir zu viel Antirassismus-Arbeit machen würden. Von wenigen zwar, aber wir haben das ernst genommen. Wir haben die Mitgliedschaft hierzu deshalb formell befragt und einen einstimmigen Auftrag bekommen, uns weiterhin für Vielfalt und Toleranz und gegen Rassismus einzusetzen.
schwatzgelb.de: Das ist eigentlich eine ziemlich schöne Brücke zu unserer letzten Frage. Borussia Dortmund ist in der Stadt das verbindende Element. Damit geht eine gesellschaftspolitische Verantwortung des BVB einher. Welchen Beitrag kann die Fanabteilung leisten, um dieser Verantwortung gerecht zu werden?
Tobias: Die Fanabteilung hat sich schon weit vor beispielsweise der Gründung der "leuchte auf"-Stiftung sehr intensiv für gesellschaftliche Verantwortung eingesetzt. Aktuell haben wir neun Arbeitsgruppen, deren ehrenamtliche Mitglieder ein unglaubliches Spektrum an Aufgaben abdecken. Soziales Engagement macht mindestens 50 Prozent unserer Arbeit aus.
Lionard: Seit 12 Jahren kümmert sich die AG "Uns verbindet Borussia” um Besuche auf der Kinderstation im Klinikum Dortmund, Vorleseabende dort im Krankenhaus oder die Begleitung von Heimatlosen im Gasthaus. Außerdem sammelt sie Sachspenden und hilft bei der Essensausgabe.
Wir haben also schon immer einen riesigen Beitrag geleistet und waren für Borussia Dortmund damals Stein des Anstoßes, mehr zu tun, als es bis dato der Fall war.
schwatzgelb.de: Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch!