Protest gegen Queerfeindlichkeit "Zu 100 Prozent solidarisch mit Betroffenen"
Anlässlich der Verpflichtung Felix Nmechas hat die Initiative ballspiel.vereint! am Samstag ein Zeichen gegen Queerfeindlichkeit gesetzt. Andere Fans versuchten, die Banner- und Spruchband-Aktion zu stören, und wurden teilweise auch handgreiflich. Im Folgenden veröffentlichen wir eine Stellungnahme der Initiative.
Die problematischen Aspekte des Transfers von Felix Nmecha wurden in diversen Stellungnahmen und Berichten bereits ausführlich diskutiert. Und auch, dass Queerfeindlichkeit sich natürlich nicht nur an seiner Person festmachen lässt, sondern ein grundsätzliches Problem in unserer Gesellschaft und insbesondere im Stadion ist. An dieser Stelle soll es deshalb primär um die Vorkommnisse am und um den letzten Spieltag gehen, die aber natürlich im entsprechenden Kontext zu sehen sind.
Da sich im Zuge der ganzen Debatte über Queerfeindlichkeit Betroffene völlig im Stich gelassen fühlen (auch vom BVB), möchten wir einerseits unsere Solidarität bekunden und uns andererseits auch beim Verein Gehör verschaffen. Die Angelegenheit wird und wurde vernachlässigt, und sie ist längst nicht abgeschlossen. Wenn in einem sozialen Gefüge wie Borussia Dortmund auch nur eine Minderheit menschenfeindliches Gedankengut in unser Stadion trägt, ist vom einfachen Fan bis zur Geschäftsführung jede*r einzelne gefragt, dieses Gedankengut zurückzudrängen. So hoffen wir nach der mehr als unglücklich verlaufenen und katastrophal kommunizierten Verpflichtung von Felix Nmecha weiter auf ein zukünftig stärkeres Eintreten des Vereins gegen Queerfeindlichkeit und darauf, dass symbolischen Aktionen Taten folgen.
Rund um unser Spiel gegen den 1. FC Köln wurde mit verschiedenen Bannern auf das Thema aufmerksam gemacht. Diese Aktion wurde nicht nur von uns, sondern auch von anderen solidarischen Gruppen und insbesondere von Betroffenen selbst mitgetragen und unterstützt. An dieser Stelle ein großes "Danke!" dafür.
Dass die Aktion(en) nicht bei allen gut ankommen würden, haben schon die Social-Media Kommentare in der Sommerpause gezeigt und ist für Betroffene leider schon immer allzu klar. Aber gerade deshalb sind solche Aktionen so wichtig. Wie tief diese Gräben aber liegen, hat dann der letzte Spieltag auf erschütternde Art und Weise gezeigt.
Aktion 1: Wir hatten die Möglichkeit, auf der West zwischen Ober- und Unterrang das (bereits bekannte und vom BVB für Social-Media-Aktionen gerne genutzte) große Banner mit der Aufschrift "Gemeinsam gegen Homophobie" zu zeigen. Dieses durften wir dort bis zum Anpfiff hängen lassen. Nachdem das Banner nach Öffnung der Stadiontore eine Weile hing, wurde es durch einige Personen teilweise heruntergerissen und beschädigt. Der Ordnungsdienst verhinderte dabei Schlimmeres – ob es weitere Konsequenzen für die Täter geben wird, erwarten wir mit Spannung. Wir konnten den Schaden beheben und das Banner erneut aufhängen, sodass es bis Anpfiff ein gutes Bild ergab und ein deutliches Zeichen gesetzt wurde.
Aktion 2: Zur zweiten Halbzeit wollten wir, gemeinsam mit anderen solidarischen Gruppen sowie Betroffenen selbst, an verschiedenen Stellen auf der Südtribüne mit mehreren Bannern auf die Missstände aufmerksam machen und ein weiteres Zeichen gegen Queerfeindlichkeit setzen. Dabei sollte unter anderem auf den Grundwertekodex des BVB aufmerksam gemacht werden. Was sich dabei dann abspielte, ist noch immer kaum in Worte zu fassen: Der Hass bei einigen sitzt offensichtlich so tief, dass diese sich dazu berufen fühlten, Banner zu zerstören und sogar handgreiflich zu werden. Auch wenn homo-, trans*- und queerfeindliche Kommentare und Gesänge traurigerweise fast schon an der Tagesordnung sind, ist das aktive Eingreifen in unsere Aktionen eine krasse Eskalation. Uns liegen Berichte vor, dass Menschen, die sich solidarisch mit der Aktion zeigen wollten, massiv angegangen wurden. Verbal und körperlich.
Wir fordern den Verein auf, Betroffenen zuzuhören, deren Sorgen und Ängste ernst zu nehmen und sich zu 100 Prozent hinter solche Aktionen zu stellen. Wir fordern, dass Menschen, die sich nicht an den Grundwertekodex halten, keinen Fuß mehr ins Westfalenstadion setzen werden. Wir fordern andere auf, sich solidarisch zu zeigen und klare Kante gegen menschenverachtendes Verhalten zu zeigen.
Unsere Strukturen stehen allen offen, die sich in diesem Sinn einbringen möchten, und wir laden jederzeit zum Mitmachen ein. Über unsere Social-Media-Kanäle gibt es immer die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen. Auch bei unseren regelmäßigen, offenen Treffen freuen wir uns über einen Austausch.
An dieser Stelle sei aber auch erwähnt, dass uns viele positive Rückmeldungen erreicht haben. Betroffene haben sich für die Solidarität bedankt. Andere haben berichtet, dass sie sich durch solche Aktionen nicht mehr ganz so alleine fühlen und uns solidarische Grüße geschickt. Darüber freuen wir uns sehr. Außerdem möchten wir uns bei den Fanbeauftragten und dem Fanprojekt für ihren Support bedanken, auf den wir uns stets verlassen können.
Abschließend sei gesagt: Einer Sache könnt ihr euch sicher sein: Wir als ballspiel.vereint! werden weiterhin gemeinsam mit vielen solidarischen Boruss*innen gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einstehen und zu 100 Prozent solidarisch mit Betroffenen sein.
Für ein lautes, diskriminierungsfreies Westfalenstadion.
ballspiel.vereint! am 22.08.2023