Die „Pillen 04“ zu Gast beim BVB…
…mit 10.000 Unverträglichkeiten. Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Marco Rose oder seinen Gegenüber Gerardo Seoane.
Am 1. Juli 1904 wird der „Turn -und Sportverein der Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer & Co in Leverkusen“, kurz TuS 04, ins Leben gerufen. So beginnt der historische Rückblick auf der Homepage des Vereins. Farben haben schon immer im Konzern eine Rolle gespielt. Während des zweiten Weltkriegs in den 40er Jahren wird man zur „Betriebssportgemeinschaft der IG Farbenindustrie AG“. Die historische Beteiligung und das Wachstum der neu gegründeten IG Farben in der Zeit des Nationalsozialismus mit Errichtung des KZ Auschwitz III Monowitz mit Hilfe von Zwangsarbeitern wird bis heute totgeschwiegen und bei der Berechnung von Jubiläen ausgelassen.
Bayer ist ein Life-Science-Unternehmen mit einer über 150-jährigen Geschichte und Kernkompetenzen auf dem Gebiet Gesundheit und Agrarwirtschaft.
Jetzt wird manch einer die Frage stellen: „Was hat das mit Fußball zu tun“? Mit Fußball vielleicht nicht, aber mit dem als Sponsor auftretenden Konzern und seiner „Werkself“. Ein Grund mehr für uns, sie nicht zu mögen. Und auch das Gründungsdatum „04“ ist ja durchaus problematisch und unsympathisch! Dann noch lieber Ingolstadt.
Aber jetzt zur Aktualität und zum Sportlichen. In der Vergangenheit waren die Begegnungen der beiden Kontrahenten oft von einer Torflut geprägt. In Erinnerung ist das dramatische Hinrundenspiel, das der BVB am 11.09.2021 in Vizekusen mit 4:3 für sich entscheiden konnte. Für Julian Brandt, den teilweise Überzeuger, ist dies ein besonderes Spiel, geht es doch gegen seinen alten Verein. Mit seinem 2:2 in der BayArena leitete er damals die Wende ein.
10.000 Zuschauer waren im Westfalenstadion zugelassen. Einmal mehr eine vollkommen willkürliche Variante ohne Rücksicht auf die bestehenden Stadionkapazitäten! Auf jeden Fall besser, als vor 750 Schwarzgelben zu „kicken“. Ich war froh wieder im Tempel zu sein und Freunde zu treffen. Rückblickend sollte sich herausstellen, dass dies das einzig Positive an einem regnerischen Nachmittag in der „Fußballhauptstadt“ war. Ich fühlte mich als Besucher eines schwarzgelben Katastrophenfilms, im Tempelkino an der Strobelallee.
Die erste Halbzeit
Der BVB begann ohne Mats Hummels und Erling Haaland und wirkte zunächst etwas frischer als sein Gegner aus Leverkusen. Allerdings dauerte dies nur bis zur 10. Minute. Dan Axel Zagadou unterlief am linken Strafraumeck ein haarsträubender Fehler, den die Leverkusener eiskalt ausnutzten. Gregor Kobel konnte zwar noch parieren, aber der mitgelaufene Manuel Akanji war unglücklicher Vollstrecker. Wieder einmal ein früher Rückstand durch ein Eigentor, der die Schwächen in der Abwehr des BVB aufdeckte. Sechs Minuten später profitierten die Borussen ihrerseits von einem Eigentor des Gegners. Der Niederländer Jeremie Frimpong lenkte einen Eckball von Julian Brandt mit dem Kopf unhaltbar für seinen Torhüter Grill ins eigene Tor. Beim Spielstand von 1:1 keimte beim Zuschauer kurzzeitig Hoffnung auf. Der Spielverlauf war neutralisiert, aber das Abwehrverhalten wirkte weiterhin wie von einem anderen Stern. Irgendwie kam auch keine richtige Stimmung auf. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass hier 750 Zuschauer mehr Stimmung in den Laden gebracht hatten als die anwesenden 10.000. Der Spielverlauf sollte sich dieser Situation anpassen. Er wirkte einer euphorischen Stimmung mit nackten Tatsachen entgegen. Erneut führte ein Fehlpass der Schwarzgelben in der 20. Minute zu einem vorbildlichen Konter der Leverkusener, den Wirtz mit dem 2:1 abschloss. Aber es sollte noch schlimmer kommen. In der 38. Minute führte ein direkt verwandelter Freistoß, den Mo Dahoud verursacht hatte, von Robert Andrich zum Pausenstand von 3:1. Wenn man ehrlich war, hätte dieser auch höher ausfallen können. Unzählige Fehler des BVB führten immer wieder zu gefährlichen Umschaltsituationen der Werkself. Nein, dieser Auftritt unserer Elf war einer „Spitzenmannschaft“ nicht würdig. Man musste schon jetzt befürchten, dass dies kein gutes Ende haben sollte.
Die zweite Halbzeit
Es kam, wie es kommen musste. Folge einer erneuten „Stümperei“ im Strafraum, nach einem Eckball der Leverkusener, war dann das 4:1 durch den Innenverteidiger Jonathan Tha in der 53. Minute. Sollte es noch ein Wunder von Malaga geben? Beim Blick auf das Spielfeld konnte und wollte man dies nicht glauben. Mehr als 10.000 Zuschauer hatte dieses Aufeinandertreffen nicht verdient. Man mühte sich ein bisschen, ohne Zählbares auf den Weg zu bringen. Der eingewechselte Gio Reyna und Jude Bellingham hatten noch die besten Chancen. Dann kam der endgültige Knockout durch Diaby in der 87. Minute. Das 5:2 durch Steffen Tigges in der Nachspielzeit hatte dann nur noch kosmetischen Charakter. Die Demontage des BVB hatte ein Ende und Schiedsrichter Siebert pfiff schließlich diesen Katastrophenfilm ab. Marco Rose hatte ein Spitzenspiel erwartet und musste sich enttäuscht sehen. Das Prädikat erfüllte lediglich der Gegner Bayer Leverkusen. Enttäuscht waren auch die 10.000 im Westfalenstadion von dem Auftritt ihrer Mannschaft. Ich machte mich auf den Heimweg und in meinem Schädel kreisten neben der Enttäuschung viele unbeantwortete Fragen.
Fazit
Irgendwie hat das aktuelle Feiertagsmagazin mit Dan-Axel Zagadou symbolischen Charakter, allerdings gab es heute für die Mannschaft keinen Anlass etwas zu feiern. Fazit ist, dass der BVB aktuell weit von einer Spitzenmannschaft entfernt ist. Welche Aufgaben haben eigentlich die ganzen hochdekorierten Berater im Team, wenn die Mannschaft nicht in der Lage ist, die Vorgaben umzusetzen? Das frühe Aus in der Champions League, die Selbstaufgabe im Pokal und das wechselhafte Gesicht in der Liga. Was kommt als nächste Enttäuschung für eine Elf von Millionären und gleichermaßen besoldeten Funktionären: Das Aus in der UEFA Europa League gegen die Rangers? Nein, wir wollen nicht Deutscher Meister werden, aber wir wollen ordentliche Fußballspiele sehen, geprägt von alten Tugenden: „Wir wollen euch kämpfen sehen“. Es könnte doch alles so einfach sein…