Saisoneröffnung in Krisenzeiten
Pünktlich zur Saisoneröffnung des BVB gegen Bayer Leverkusen fand eine Veranstaltung des Projektes „Meine Stadt, mein Verein“ im Fanprojekt Atelier in der Dudenstraße statt. Eine Fotoausstellung widmete sich dem Krieg in der Ukraine.
Organisiert wurde die Veranstaltung vom BVB-Lernzentrum mit Unterstützung des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Inzwischen leben ungefähr 250 geflüchtete Frauen und Kinder aus der Ukraine in Dortmund. Seit 23 Jahren lebt Nataliya Puchkarova in Dortmund und sie machte es sich zur Aufgabe, sich um ihre geflüchteten Landsleute zu kümmern. Dies waren Frauen und Kinder, die ihr Land in Kriegszeiten verließen, während ihre Männer um ihr Heimatland kämpften. Nataliya kümmerte sich um Übersetzungen, Amtsgänge und half bei der Wohnungssuche und Unterbringung. Sie rief eine Plattform bei Telegram ins Leben, um die Informationen weiter zu geben. Irgendwann im Mai entstand der Kontakt zum BVB-Lernzentrum und zu seinem Leiter Johannes Böing. Man organisierte eine Stadiontour für die Geflüchteten und half bei der Durchführung von Freizeitangeboten für die Kinder.
Im Rahmen der gemeinsamen Projekte entstand bei den Frauen die Idee, eine Fotoausstellung zu organisieren. Sie sollte die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine aus der Perspektive von Ukrainer*innen zeigen, die inzwischen in Dortmund leben. Einige Frauen waren zunächst skeptisch und wussten nicht, ob sie ihre Handyfotos zur Verfügung stellen sollten. Mit der Zeit willigten sie aber ein und wirkten befreit. Es tat ihnen gut, die Dinge öffentlich zu machen.
Wir wollen keine Wahrheit verstecken. Wir wollen sie weiter zeigen, um zu verhindern, dass sie irgendwann zur Normalität wird. Es hilft uns, wenn wir es der ganzen Welt zeigen.
Nataliya wies daraufhin, dass es sich bei den Fotos um private Fotos handelte, die einfach und ohne jegliche Bildbearbeitung gemacht wurden. Es ging den Beteiligten darum, den Krieg in seiner Wirklichkeit zu zeigen. Die Handyfotos waren von Menschen, Straßen und Gebäuden aus den jeweiligen Heimatstädten der Geflüchteten. Aber auch bestimmte Situationen und Tiere wurden abgebildet. Die Bilder sollten die fatalen Auswirkungen des Krieges zeigen, das Ziel haben, den Schmerz anderen mitzuteilen und damit das Erlebte auch besser verarbeiten zu können.
Eine Gruppe von 25 Frauen stellte die eigenen Bilder zur Verfügung. Johannes Böing und Michael Mönig standen beratend zur Seite. Schließlich traf man eine Auswahl von ca. 100 Bildern. Die Fotoausstellung zeigte diese Bilder und sie waren beeindruckend. Die Hobbyfotografinnen im Alter von 23 bis 35 Jahren hatten Bilder von ihren Heimatstädten in Kriegszeiten gemacht und die Ausstellung orientierte sich auch an diesen Städten. Mariupol, Charkiv, Kiew und Borodyanka waren darunter, um nur einige zu nennen.
Ich hatte die Gelegenheit, mit einigen Frauen aus diesen Städten ein persönliches Gespräch zu führen, und musste dabei den ein oder anderen Wodka trinken. Man erlebte eine extreme Dankbarkeit unserem Land gegenüber und die gemeinsame Hoffnung, dass dieser Alptraum bald ein Ende hat. Nataliya hat mir erklärt, dass inzwischen viele Frauen schon wieder zurückkehren, um beim Aufbau ihrer Städte zu helfen. Die Zahl der Flüchtlinge würde langsam abnehmen. Hoffen wir gemeinsam, dass es so bleibt. Die ukrainische Küche, die uns mit reichlich gedecktem Tisch näher gebracht wurde, war bemerkenswert und den Wodka habe ich gut vertragen. In Erinnerung bleiben die Bilder und die Gastfreundschaft der Ukrainerinnen. Es waren bemerkenswerte Frauen, gerade wenn man sich den aktuellen Hintergrund ins Bewusstsein ruft. Johannes Böing teilte mir gegen Ende der Veranstaltung mit, dass man plane, die Foto-ausstellung noch an anderen Orten zu zeigen, um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Inzwischen spielte der Saisonstart gegen Bayer Leverkusen für mich keine große Rolle mehr. Es ging im Wesentlichen nur noch darum, auf der Südtribüne im Tempel alte Freunde zu treffen.