...Antonios Papadopoulos: "Borussia Dortmund ist für mich der größte Verein Deutschlands"
Unser Gast ist Stammspieler bei der U23 und unterschrieb in diesem Sommer beim BVB einen Profivertrag. Wir sprachen mit "Toni" über die Hintergründe des neuen Vertrags, die Startschwierigkeiten der Amas und die Vorzüge seiner Lieblingspositionen.
schwatzgelb.de: Hallo Toni, schön, dass du dir Zeit genommen hast. Wir beginnen mal mit einer ganz grundlegenden Frage: Warum bist du Verteidiger?
Toni: Gute Frage. Eigentlich schieße ich gerne Tore, aber ich glaube, dass meine Stärken in der Defensive liegen. Im Verein, das war bei mir damals der SC Weinstadt, habe ich angefangen, als Verteidiger zu spielen. Da kommen meine Stärken raus, deswegen mag ich es, zu verteidigen.
Was macht dein Spiel aus?
Meine Zweikampfstärke, meine gesunde Aggressivität. Ich glaube, dass ich einer bin, der nie aufgibt, also auch meine Mentalität. Und ich bin auch ein ganz guter Zocker, auch ganz gut mit dem Fuß.
Was ist dir lieber? Innenverteidigung oder defensives Mittelfeld?
Beides sind wirklich die Top-Positionen, in denen ich mich wohlfühle, aber ich habe jetzt keine wirkliche Lieblingsposition. Beides sind Schlüsselpositionen, beides sind Positionen mit Verantwortung und dieser Verantwortung bin ich mir bewusst. Mein Spiel ist auch so geprägt, dass ich verantwortungsvoll Fußball spielen möchte, deswegen finde ich beide Positionen sehr interessant und mag sie sehr.
Kannst du konkretisieren, was du unter einer verantwortungsvollen Position verstehst?
Ja, im Grunde ist vor allem in der Defensive jede zentrale Position verantwortungsvoll. Wenn du da einen Fehler machst, wird es immer gefährlich. Als Innenverteidiger kann es dann hinten schnell scheppern, das ist etwas anderes, wenn du linkes oder rechtes Mittelfeld oder im Sturm spielst. Das Gleiche auf der Sechs, wenn du da mal einen Ball verlierst, geht es oft ganz schnell in die andere Richtung, deswegen hat man auf beiden Positionen sehr viel Verantwortung.
Deine Stärken hast du ja gerade schon genannt. Wo siehst du bei dir noch Verbesserungsbedarf?
Auch eine sehr gute Frage. Mein Vater sagt immer zu mir, dass ich zu viel machen will. Ich möchte hinten den Ball gewinnen und gleichzeitig vorne das Tor machen. Das sieht man sehr oft, wenn wir hinten liegen, da möchte ich auf Teufel komm raus der Mannschaft helfen. Da sollte ich noch ein bisschen ruhiger und cooler werden.
2019 bist du vom VfR Aalen nach zum Hallescher FC gewechselt. Da warst du das erste Mal wirklich weit weg von deinem Zuhause in Stuttgart. Wie war das damals für dich?
Das war natürlich eine komplett neue Situation. Allerdings muss ich da ein großes Kompliment an meine Eltern aussprechen, da sie mir schon von vornherein klar gemacht haben, dass es im Fußball einfach so ist. Mit 18, als ich Profi beim VfR Aalen war, haben sie mir auch geraten, von zu Hause auszuziehen. Das war etwa eine Stunde von meinem Heimatort entfernt. Im ersten Jahr als Profi habe ich noch zu Hause gewohnt, im zweiten Jahr hatte ich dann aber meine eigene Wohnung, auch wenn es ja theoretisch möglich gewesen wäre, weiter in Stuttgart zu leben. Aber meine Eltern wollten, dass ich den nächsten Schritt mache und in meine eigenen vier Wände ziehen. Dementsprechend war es dann auch in Halle etwas einfacher, Fuß zu fassen, auch wenn die Entfernung natürlich deutlich größer war.
Also waren deine Eltern schon dahinter, dass du selbstständig wirst…
Ja, genau. Und ich bin jetzt auch kein Typ, der ein Problem damit hat. Ich kann auch mal alleine sein.
Ist das vielleicht bei manchen jungen Spielern heutzutage ein Problem, wenn sie nur in diesem behüteten Fußballumfeld aufwachsen? Dass sie dann auch wenig selbstständig werden, wenn die Eltern nicht so dahinter sind wie bei dir?
Ich kann von Glück reden, dass ich Eltern habe, die so weit gedacht haben, das ist sicher nicht bei allen so. Das ist eine interessante Frage, ich kann da aber nur über mich sprechen.
Um nochmal auf deine Zeit in Halle zurückzukommen: Dort hast du zwei Jahre lang bereits Dritte Liga gespielt. Was hat dich zum Wechsel nach Dortmund bewogen?
Wenn Borussia Dortmund - das ist für mich der größte Verein Deutschlands - an die Tür klopft, dann musst du das einfach machen. Ich finde, Dortmund ist nicht nur eine geile Stadt und ein geiler Verein, die haben auch eine gewisse Wucht. Wenn du an Dortmund denkst, dann denkst du auch an die Fans, an das Gemeinsame. Dementsprechend gab es keine zwei Meinungen. Ich wollte das auf jeden Fall machen und bislang ist es ja ganz gut gelungen.
Gibt es für dich prägende fußballerische Erlebnisse?
Mein Bundesliga-Debüt gegen Frankfurt, das ist etwas, was hängen bleibt, worauf ich gerne zurückblicke. Ansonsten war auch mein Startelfdebüt in der Woche zuvor im Pokal, 90 Minuten gegen Wiesbaden, eine coole Sache für mich. Insgesamt waren die Spiele für die erste Mannschaft tolle Erlebnisse .
Wie schafft man es, jeden Tag 100% zu geben?
Da gibt es eine ganz einfache Antwort: Ich bin Fußballer und ich liebe den Sport. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, ohne Fußball zu leben, nach meiner Fußballkarriere möchte ich auch zu 100% dabei bleiben. Ich glaube, wenn du den Spaß am Fußball verlierst, dann funktioniert das nicht. Ich finde es einfach cool, jeden Tag mit meinen Jungs, mit meinen Trainern auf dem Platz zu stehen und freue mich Tag für Tag, wenn es am Wochenende losgeht und wir die drei Punkte einfahren können.
Wann hast du gemerkt, dass Fußball mehr als nur ein Hobby sein könnte?
So in der A- oder auch schon in der B-Jugend, als ich beim VfR Aalen war, da durfte ich immer wieder bei der ersten Mannschaft reinschnuppern. Da war ich nah dran, spielte auch mal ein Freundschaftsspiel von Anfang an bei den Profis. Das waren so die ersten Schritte. Dann kommt man aus der A-Jugend und wird fester Bestandteil bei den Profis. Jeder kleine Junge, der mit Fußball aufgewachsen ist, träumt, eines Tages Bundesliga zu spielen und wenn du so nah dran bist, dann möchtest du das auch schaffen. Ich glaube, so in der B-Jugend hat es bei mir Klick gemacht.
Wie geht man damit um, wenn es immer bergauf geht?
Gott sei Dank war es bei mir bislang bei jedem Trainer so, dass ich mich durchsetzen konnte, ob das jetzt beim VfR Aalen war, beim Hallescher FC oder auch hier in Dortmund. Man muss mit beidem rechnen - so wie es bergauf geht, kann es auch bergab gehen. Dafür braucht man eine gewisse mentale Stärke. Bei mir ist es zum Glück bislang nur bergauf gegangen, ich denke aber, dass ich von vielen Spielern lernen kann, die zum Beispiel mit Verletzungen zu kämpfen hatten und Rückschläge hinnehmen mussten. Das ist mir - toi, toi, toi - noch nicht passiert. Und das wünscht man natürlich auch niemandem.
Welcher Trainer war für dich am prägendsten?
Da möchte ich eigentlich keinen rausnehmen. Ich versuche immer, von den Trainern das Beste mitzunehmen, ich höre mir auch viele Meinungen an, wo ich mich verbessern muss, wo ich meine Stärken und auch Schwächen habe.
Angenommen, du müsstest etwas ganz anderes machen, als Fußball - was wäre das?
Poah. Schwierige Frage. Ganz schwierige Frage. Ich weiß es nicht. Ich würde vielleicht in die Selbstständigkeit gehen, mit ein, zwei Kollegen irgendetwas auf die Beine stellen wollen. Ein bisschen anders sein, als die anderen, würde ich sagen. Aber konkret - das weiß ich wirklich nicht.
Kommen wir mal zur aktuellen Zeit. Es war lange nicht klar, ob du bleiben würdest. Ende August hast du dann einen Profivertrag unterschrieben. Wie offen war das Ganze während der Transferperiode?
Sehr offen. Es hat eigentlich schon letztes Jahr im Winter angefangen, dass sich ein, zwei Vereine gemeldet haben, das Ganze hat sich jetzt im Sommer fortgesetzt. Für mich war aber immer klar, dass ich mich in Dortmund beweisen möchte. Ich finde, dass mein Weg hier noch nicht zu Ende ist. Umso schöner ist es, dass ich dann beim BVB einen Profivertrag unterzeichnen konnte.
Was hat schlussendlich den Ausschlag zum Verbleib gegeben?
Weil ich mich hier sehr wohl fühle. Und weil ich in beiden Mannschaften, sowohl mit Christian Preußer bei der U23 als auch mit Edin Terzic bei den Profis, Trainer habe, die mir sehr weiterhelfen. Das waren dann auch die Beiden, die mich überzeugt haben.
Was ändert sich mit dem Profivertrag für dich?
Eigentlich nicht viel. Ich bin immer noch der Gleiche, immer derjenige, der 100% gibt, egal ob in der U23 oder bei der Ersten, das ist immer noch mein Spielstil.
Die U23 hat aktuell noch ziemliche Schwierigkeiten. Wie kommt das?
Wir müssen uns erst noch finden. Wir hatten letztes Jahr einen großen Umbruch. Trotzdem haben wir jetzt zwei sehr gute Spiele gemacht, zu Hause gegen Oldenburg haben wir ganz bitter verloren, waren klar die bessere Mannschaft. Aber letzte Woche gegen Zwickau haben wir die Leistung dann auch bestätigt und wenn wir genau so spielen, wie in den letzten beiden Spielen, dann bin ich mir sicher, dass wir das Ruder rumreißen. Ich glaube, dass wir langsam zueinander finden.
Wie bewahrt man in so einer Situation die Ruhe?
Interessante Frage. Ich glaube, man muss einfach in jedem Training 100% geben, aufsaugen, was geht, von Spiel zu Spiel lernen. Und dann ist es einfach ein Entwicklungsprozess. Wir haben viele junge Spieler, die sehr talentiert sind, aber die diese Zeit brauchen. Die werden wir ihnen natürlich auch geben. Dementsprechend heißt es wirklich: Aus den Fehlern lernen und im nächsten Spiel besser machen. Und wenn wir so spielen wie zuletzt, dann steht dem nichts im Wege, dann bin ich mir sicher, dass wir unsere Punkte holen und noch eine ordentliche Saison spielen werden.
Gegen Zwickau gab es erstmals wieder einen Sieg, du konntest aufgrund deiner Gelbsperre jedoch nur zusehen. Was ist das für ein Gefühl, gerade in so einer schwierigen Phase nicht eingreifen zu können?
Das ist ein ganz blödes Gefühl. Ich habe das Spiel natürlich zu Hause angeschaut, stand eigentlich die ganze Zeit und habe versucht, die Jungs anzufeuern, obwohl sie mich durch den Fernseher natürlich nicht hören können (lacht). Da wurde ich auch ein paar mal laut. Aber sie haben es gut gemacht, großes Kompliment.
Wem traust du den größten Entwicklungsschritt in der U23 zu?
Da möchte ich niemanden hervorheben. Wir haben sehr, sehr talentierte Jungs. Wir sind auch neben dem Platz eine super Mannschaft, haben sehr viele junge, hungrige Spieler, egal ob von der U19 oder von außen hinzugekommen. Die sind alle super und haben ein riesiges Potential.
Du warst nicht mit der U23 im Trainingslager, weil zeitgleich die Testspiele der Profis liefen. Ist es schwieriger, dann in die Mannschaft reinzukommen?
Da ich viele ja schon vom letzten Jahr kannte, war das eigentlich kein Problem.
Du darfst häufig bei den Profis reinschnuppern, spielst aber meistens doch bei der U23. Wie geht man damit um, wenn die Karriere gefühlt stagniert?
Egal ob bei den Profis oder der U23, ich will immer 100% geben.
Was ist dieses Jahr noch drin mit der U23?
Ziemlich viel. Wir kriegen hoffentlich so langsam die Kurve. Es waren schon harte Wochen mit sehr vielen Niederlagen, das muss man einfach sagen. Aber wie gesagt, das ist ein Lernprozess mit einer jungen Mannschaft. Jetzt müssen wir auf den beiden letzten Spielen aufbauen und viele Punkte holen. Das Ziel ist es natürlich, mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben.
Wie war, beziehungsweise ist die Stimmung bei euch in dieser schwierigen Phase?
Da muss ich wirklich sagen, dass wir eine super Stimmung in der Mannschaft haben, wir verstehen uns auch neben dem Platz top. Ich unternehme mit vielen Jungs auch sehr viel, wir gehen nach dem Training essen oder auch mal ins Kino. Die Stimmung ist gut und ich glaube, auf Dauer spricht das dann für sich.
Letzte Frage: Was sind deine persönlichen Ziele für deine weitere Karriere?
Als Erstes steht natürlich, dass ich fit bleibe . Das ist das Wichtigste. Dass ich gesund bleibe, dass ich jeden Tag den Sport ausüben kann, den ich liebe . Ich hatte noch nie eine schlimmere Verletzung und das soll auch so bleiben. Ich will einfach nur gesund sein und möchte mich immer weiterentwickeln. Ich bin nie zufrieden und möchte mich immer weiter entwickeln.
Vielen Dank für das Interview!