Mitten im Ruhrpott - oder: warum Mainz dem BVB gefährlich werden kann.
Nach dem Sieg bei RB Leipzig begegnet der BVB nun am Samstag dem Tabellenletzten Mainz 05. Doch ein Selbstläufer wird das für die Borussia nicht.
Es ist Donnerstag, der 14. Januar 2021, 8:23 Uhr morgens. Ich gehe durch diesen echt widerlichen Nieselregen zum Bäcker um Frühstück zu holen. Alles ist wie immer. Ich bin froh, dass ich es geschafft habe um diese Zeit halbwegs normal auszusehen und ich freue mich darüber, dass bald Wochenende ist. Nicht, weil ich von der Arbeit dieser Woche so erledigt bin – nein, ich habe ja Elternzeit – sondern, weil ich die Wochenenden grundsätzlich gerne mag. Woran das liegt? Nun, unter normalen Umständen wäre die Antwort ja nur logisch: weil Fußball ist. Aber was ist in diesen Zeiten schon „normal“?!
Ich gehe also zum Bäcker und sehe schon von Weitem meinen Nachbarn auf mich zukommen. Ein untersetzter, älterer Herr mit Schlägermütze und dunkelgrün-braun kariertem Schal – eben so, wie man sich so einen Ruhrpott-Rentner vorstellt. Kurz überlege ich die Straßenseite zu wechseln, nicht, weil ich den Herrn nicht leiden kann, sondern weil ich genau weiß, was jetzt kommt.
Kennt ihr das, wenn ihr Leute trefft, die ihr nur entfernt kennt? Flüchtige Bekannte? Nachbarn? Oder die Freundinnen der eigenen Oma? Und diese von euch eigentlich nichts wissen, außer dass ihr Borussen seid? Genau so ging es mir in diesem Moment. Ich wusste genau, dass, wenn ich jetzt weiter gehe, ich mich in ein paar Sekunden in einem Gespräch mit einem selbsternannten Fußball-Fachmann über das letzte und das kommende Wochenende wiederfinden würde. Aber einfach die Straßenseite wechseln? Das wäre dann doch zu auffällig. Also ging ich weiter und es kam, wie es kommen musste:
Nachbar: „Tach! Auch so früh schon auffe Beine?“
Ich: „Ja, die Familie braucht ja schließlich was zum Frühstück.“
Nachbar: „ So is datt richtig! Hömma, datt war ja wohl ein Spitzenspiel am Samstach von deine Schwattgelben, wa?“
Ich: „Ja ich kann nicht meckern. Vor allem die zweite Halbzeit hat mir gut gefallen. Das sah echt mal wieder nach Fußball aus. Wollen wir hoffen, dass es an diesem Wochenende auch so weiter geht.“
Nachbar: „Gegen wen spieln se denn?“
Ich: „Zu Hause gegen Mainz.“
Nachbar: „ Ach, wer die Dosen aus dem Osten mit 3:1 besiecht, der sollte sich doch vor Mainz nich inne Buxe machen.“
Und da war er, dieser Moment, an dem man abwägen muss, wie dieses Gespräch weiter laufen soll. Geht man auf den Gedankengang des Nachbarn ein und stimmt ihm zu, dass Mainz zwischen all den Hochkarätern diesen Monat (Wolfsburg, Leipzig, Leverkusen und Gladbach) sicherlich der „kleinste“ Gegner ist, und das Gespräch ist schnell beendet, oder gibt man zu bedenken, dass der BVB in den letzten Jahren in verstörender Regelmäßigkeit gegen die „Kellerkinder“ der Liga Federn gelassen hat?
Ich: „Naja, so einfach wird das nicht. Die Borussia war schon oft genug Aufbaugegner für den ein oder anderen Abstiegskandidaten. Dass man den vermeidlich Kleineren nicht unterschätzen sollte, haben die Bayern ja gestern im Pokal gegen Kiel zu spüren bekommen. “
Nachbar: „Datt war ja wohl klasse gestern, wa? Ich hab mich richtig mit den Kielern gefreut. Aber mal ehrlich getz, Mainz hat die rote Laterne und is sogar einen Punkt schlechter als die Schalker. Da wird ja wohl ein Siech drinne sein.“
Ich: „Abwarten. Mainz wird vermutlich sehr kompakt stehen und es den Dortmundern schwer machen da Lücken und Wege zum Tor zu finden.“
Nachbar: „ Nu sieh mal nich so schwatt, Mädchen. Datt wird schon. Wäre doch peinlich, wenn man gegen den Tabellenletzten verliert.“
Ich: „Sicher wäre das peinlich, aber leider für den BVB nicht ungewöhnlich. Schließlich hat man in den letzten Jahren auch gegen Düsseldorf, Augsburg und Union Berlin verloren, obwohl die damals Letzter waren. Das letzte Spiel gegen Mainz hat man auch mit 2:0 verloren, also ein Selbstläufer wird das nicht. Man muss jetzt daran arbeiten, dass der Aufwärtstrend stabil bleibt und sich nicht wieder nach ein, zwei Spielen in Luft auflöst."
Nachbar: „Ach, ihr schickt diesen Karnevalsclub mit mindestens 3:0 nach Hause, datt sach ich dir. Und da is et auch egal, ob der Witsel dabei is, oder nich. Kerr, watt war ich überrascht, als ich gelesen hab, datt der sich die Achillessehne gerissen hat. Im Fernsehn sah datt ja nur halb so schlimm aus.“
Ich: „Ja, das ist wirklich übel, zumal man mit so einer schweren Verletzung ja locker sechs Monate ausfällt. Kann man nur hoffen, dass er danach schnell wieder der Alte ist.“
Nachbar:“ Ach na klar, der soll ma watt tun für seine Millionen. So Kindchen, jetzt muss ich aber weiter, sonst steigt mich meine Trude gleich aufs Dach, wenn die Brötchen kalt sind. Ich wünsch dir watt!“
Ich: „Ja, danke gleichfalls. Man sieht sich!“
Und dann gehen wir wieder unserer Wege.
Beim Bäcker angekommen, kommt gleich der nächste Fußballfachmann von der Seite:
„Na, watt gibbet am Wochenende? Gewinn wa 3:0 oder 4:0?“
Und in diesem Moment wird mir klar, dass es nicht immer schön ist, mit einem schwarzgelben Schal durchs Dorf zu laufen.
Statistik
30 Begegnungen
17 Siege für den BVB
7 Unentschieden
6 Siege für Mainz 05
So könnten sie spielen
BVB
Bürki - Meunier, Akanji, Hummels, Guerreiro - Delaney, Can - Sancho, Reus, Reyna - Haaland
Mainz 05
Zentner - Brosinski, St.Juste, Hack, Niakhate - Latza, Berreiro - Störger, Quasion, Boetius - Burkardt
Schiedsrichter
Die Unparteiischen stehen zum Zeitpunkt der Berichterstellung noch nicht fest!