544 Tage. Never before. Never again.
Seit 544 Tagen war unser Autor nicht mehr im Westfalenstadion. Heute Abend geht eine lange Wartezeit zu Ende. Im Vorbericht nimmt er euch mit in seine Gedankenwelt.
544 Tage. In Worten: fünfhundertvierundvierzig Tage. 544 Tage hat es gedauert, bis ich am heutigen Abend endlich wieder auf der Südtribüne im Westfalenstadion sein werde. Es wird immer noch nicht das Gleiche sein, aber das wird es vermutlich nicht weniger emotional machen. Heute Abend ist es mir ganz egal, dass der Gegner nicht sonderlich attraktiv ist, um es mal nett und höflich auszudrücken. Selbst das Spiel an sich wird heute Abend für mich nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Rückkehr an den Ort, der über so viele Jahre hinweg alle zwei Wochen meine Heimat, mein Wohnzimmer, mein Zufluchtsort, mein Ausstieg aus der Realität war, diese Rückkehr wird heute Abend über allen stehen. Und ja, vermutlich wird es genug Leute geben, die diese Formulierung und diese Gedankenwelt nicht verstehen und nicht nachvollziehen können. Doch das ist mir egal. Ebenso wird es sicherlich genug Leute geben, die ähnlich empfinden wie ich.
Als dieser ganze Corona-Mist anfing, Lockdowns verhängt wurden und Fußballstadien schlossen, waren wir uns ja schnell relativ sicher, dass es lange dauern wird, bis man wieder ein Fußballspiel besuchen können wird. Mir war gleichermaßen aber genauso bewusst, dass ich diesen Tag, an dem es wieder möglich sein wird, genießen werde. Und das Heimspiel vor zwei Wochen zum Saisonauftakt hat mich in diesem Glauben bestätigt. Schon auf dem heimischen Sofa vor dem Fernseher hatte ich Gänsehaut und feuchte Augen, als ich das Treiben auf den Rängen beobachtete, „You’ll never walk alone“ begleitet von 25.000 Fans und deren Gesängen und Schalwedeln vernahm. War ich mir bis dahin nicht ganz so sicher, ob ich überhaupt schnell zurück ins Westfalenstadion wollte – noch immer gibt es ja viele, die sagen, dass sie erst wieder ins Stadion gehen, wenn alle 80.000 Fans kommen dürfen, was ebenso eine verständliche Denkweise ist – bestand am 14.08.2021 um 18.30 Uhr kein Zweifel mehr daran.
Und nun werde ich heute Abend vermutlich Freudentränen verdrücken. In einem der Lockdowns im Jahre 2020 habe ich einen Text verfasst, in dem ich davon schrieb, dass ich die Rückkehr ins Westfalenstadion auch deswegen so genießen werde, weil es ein Zeichen für steigende Normalität sein dürfte. Nun bin ich diesbezüglich bei der Sorge vor anderen Varianten und steigenden Infektionszahlen ein wenig verhaltener, nichtsdestotrotz bleibt wohl etwas Wahres an dieser Aussage. Es ist ein Stück weit Normalität, sich ein Bier am und im Stadion zu gönnen, bekannte Gesichter zu sehen, eine Bratwurst zu essen, Fußball zu schauen und nach Möglichkeit auch den BVB zu unterstützen. Nein, es ist noch kein volles Stadion und es wird auch nicht komplett normal sein. Aber es wird wundervoll sein. Und deswegen freue ich mich einfach auf den heutigen Abend.
Wenn es dann irgendwann wieder mit voller Kapelle und richtigen Stehplätzen auf der Süd weiter geht, kann ich ja einfach nochmal flennen. Das ist das Ziel, was wir erreichen wollen und was wir irgendwann auch wieder erreichen werden. Und dann wird es sich auch noch einmal eine Ecke besser anfühlen. Aber auch kleine Zwischenstopps auf einem langen Weg können ja gefeiert werden. Und als diesen nehme ich es persönlich für mich wahr.
Achja, das Sportliche: wir spielen gegen Hoffenheim, die immer noch keiner mag und mittlerweile eher langweiliger als bedrohlicher geworden sind. Nach der Niederlage in der letzten Woche muss der BVB zu Hause gewinnen, was mit der Qualität des Kaders aber auch möglich sein muss. Auch wenn Mats Hummels ausfällt, bessert sich die Situation in der Abwehr langsam wieder und Thomas Meunier scheint eine Option für den zuletzt doch eher desolaten Felix Passlack zu sein. Vorne sind wir ja immer für ein paar Buden gut, hinten sollte die Abwehr aber doch bitte besser stehen.
Und dennoch muss eine ganze Menge passieren, damit ich diesen 27.08.2021 für das Treiben auf dem grünen Rasen in Erinnerung behalten werde. Heute Abend gehen 544 Tage Warten zu Ende. Und das steht für mich im Vordergrund. 544 Tage sind vorbei. Never before. Never again. Endlich wieder Borussia.